Der am 12. Oktober 1943 in Zürich-Wiedikon als Sohn eines Schreinermeisters geborene Jakob Kuhn hat sich schon zu seiner Zeit als Fussballer daran gewöhnen müssen, dass er von Jung und Alt einfach «Köbi» gerufen wird. Später, nach seiner eindrücklichen Karriere als FC-Zürich-Spieler (6x Meister, 5x Cupsieger), wird er als Nati-Coach von 2001 bis 2008 gar zu «Köbi National». 2007 wählt ihn das TV-Publikum zum «Schweizer des Jahres».
Als Spieler hält er seinem FC Zürich von 1960 an 17 lange Jahre die Treue. Wirklich? Nein, nicht ganz. Köbi wagt in Zürich im Sommer 1969 einen Gang über die Geleise zum verhassten Erzrivalen GC. Ein Transfer, der für mächtigen Wirbel sorgt.
Erich Vogel (79), graue Eminenz des Schweizer Fussballs, ist damals mittendrin. Vogel erzählt: «Ich stand GC-Präsident Albert Fader beratend zur Seite. Er fragte mich, was GC unternehmen müsse, um wieder an die Spitze zu kommen. Ich sagte: Holen Sie den Köbi Kuhn vom FCZ! Dann sind wir sofort eine Klasse besser.»
Ein Koffer mit Geld wechselte den Besitzer. Köbi Jahre später zu BLICK: «Es war viel Geld drin ...» Einen Pelzmantel für Kuhns damalige Gattin Alice gabs obendrauf.
Klammheimlich fliegt das FCZ-Urgestein mit GC ins Trainingslager nach Schweden. Und spielt dort in einem internen Testspiel. Vogel erinnert sich: «Köbi war in meiner Mannschaft. Er hat sofort das Heft in die Hand genommen. Er hat die Leute zusammengestaucht. Auf dem Feld war er ein Terrorist, er ging auch auf die Schiedsrichter los. Nach dem Match war er aber wieder der Liebste und sehr hilfsbereit.»
Beim Stammklub FCZ merkt lange keiner, dass Köbi zu GC abgesprungen ist. Doch als während der Sommerpause in der «Schweizer Illustrierten» das Mannschaftsposter von GC erscheint, fällt FCZ-Boss Edi Naegeli der Stumpen aus dem Mund. Sein Köbi im blau-weissen Dress von GC!
Stumpen-Naegeli drohte mit einer damals noch gängigen Sperre von zwei Jahren! Fader versteckte Kuhn in seiner Villa in Muralto TI. GC schreibt in einer Erklärung in der «NZZ»: «Kuhn hat sich mit GC für einen Uebertritt geeinigt und diesen Uebertritt schriftlich bestätigt. Den Ausschlag gaben dabei vor allem berufliche Erwägungen.»
Doch Naegeli sitzt am längeren Hebel. Kuhn gibt klein bei, kehrt im Letzigrund reuig durch das offene Garderobenfenster zurück. Sein Garderobenkasten ist noch frei. Jahre später sagt Köbi zu BLICK: «Das Handgeld, das ich von GC-Präsident Albert Fader erhalten hatte, musste ich zurückgeben. Wie gewonnen, so zerronnen.»
Vogels Geburtstagswunsch für Kuhn: «Ich wünsche Köbi, dass im neuen Zürcher Fussballstadion mindestens die FCZ-Fankurve nach ihm benannt wird.»
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Schweizer des Jahres
Am 13. Januar 2007 wird Köbi Kuhn vom Schweizer TV-Publikum zum «Schweizer des Jahres» gekürt. Sein Name steht seither auf einem Gedenkstein auf der Älggi-Alp im Kanton Obwalden. Bei der Ehrung im geografischen Zentrum der Schweiz strahlt der Nati-Coach mit dem damaligen SVP-Bundesrat Christoph Blocher um die Wette. Köbi: «Am Abend zuvor lernten wir an einem Nachtessen auch den Menschen Blocher kennen.»
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Cupfinal 1972
1972 stemmt Köbi Kuhn als FCZ-Captain nach einem 1:0 im Cupfinal stolz die Sandoz-Trophäe in die Höhe. Daneben steht FC-Basel-Captain Karli Odermatt. Die Basler Legende gestern zu BLICK: «Danach gewannen wir die Finalissima in der Meisterschaft 4:0, sonst hätte der FCZ das Double geholt, und das wäre nicht lustig gewesen. Köbi war ein grandioser Fussballer. Neben dem Platz waren wir immer gute Freunde. Ich wünsche ihm zum 75. alles, alles Gute.»
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Köbi mit Pelé und Rosa Martinelli
1968 spielt der FCZ ein Freundschaftsspiel gegen Santos mit Weltstar Pelé. Der FCZ gewinnt 5:4, Köbi schiesst das 1:0. Danach lässt er sich mit seinem FCZ-Kollegen Rosario Martinelli und Pelé ablichten. Köbi: «Damals gabs keinen anderen als Pelé. Ihn bewunderte ich bereits 1958 vor dem Schwarz-Weiss-Fernseher, als er mit 17 Weltmeister wurde.» Mit Martinelli verband Köbi bis zu dessen Tod vor fünf Jahren eine enge Freundschaft.
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Köbi mit EM-Pokal
Köbi und die Pokale. Vor der EM 2008 posiert der Nati-Coach mit dem EM-Kübel. «Man muss sich im Leben immer hohe Ziele setzen», sagt er. Torjäger Alex Frei verletzt sich aber schon im ersten Gruppenspiel schwer, die Schweiz scheidet aus. Als Fussballer holt Köbi mit dem FCZ 11 (!) Pokale. Er wird 6-mal Meister und 5-mal Cupsieger. Im Meistercup (Vorgängerin der Champions League) scheitert er zweimal erst im Halbfinal, 1964 gegen Real, 1977 gegen Liverpool.
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Merci Köbi
2008 an der EM im eigenen Land. Nach dem letzten Gruppenspiel wird Kuhn von seinen Spielern nach 7 Jahren als Nati-Coach mit einem Transparent verabschiedet: «Merci Köbi». Kuhn coacht die Nati an der EM 2004, der WM 2006 und an der EM 2008. Kuhn: «Ein sehr emotionaler Moment. Ein paar Spieler auf diesem Bild habe ich praktisch während ihrer ganzen Karriere begleitet: Ludovic Magnin, Ricci Cabanas, Valon Behrami. Sie hatte ich schon in der U18 bei mir.»