Er träumt von einer Karriere bei Bayern oder Manchester City
YB-Rieder ist der neue Wunderknabe im Schweizer Fussball

Er ist die Entdeckung dieser Vorrunde: Fabian Rieder, YB-Frechdachs. 18-jährig. Stifti noch nicht beendet. Voller Träume und mit einem erfrischenden Wortschatz ausgestattet.
Publiziert: 19.12.2020 um 14:54 Uhr
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Aktualisiert: 19.12.2020 um 17:19 Uhr
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YB-Spieler Fabian Rieder (l.) im Kampf um den Ball mit Luzern-Spieler Louis Schaub
Foto: BENJAMIN SOLAND
Alain Kunz

Die ersten beiden Interviews des Youngsters haben Kultstatus. Im ersten nach seinem ersten Einsatz bei den Profis beim 0:0 in Genf gegen Servette verhaspelt er sich, will sagen, dass die Profis physisch und athletisch schon besser seien als die Jungs von der U21. Stattdessen rutscht ihm das Wort «Physigkeit» raus. «Da wurde ich von einigen Kollegen hochgenommen.», sagt Rieder lachend.

Nach dem Spiel gegen die AS Roma (1:2) holt er stinkfrech den Penalty raus, den Nsame zur 1:0-Führung nutzt. Indem er über den ausgestreckten Po von Rom-Captain Cristante fällt. Gelegenheit erkannt. Gelegenheit genutzt. «Also ich denke, das war sehr clever», sagt Fäbu. Und weiter: «Ich habe gesehen, dass ich den Ball antizipieren kann. Dann bin ich voll rein, habe den Kontakt gesucht, gefunden – und es hat Penalty gegeben. Da haben mir einige gesagt, ich sei ein Schlitzohr…»

Wie ihm der Schnabel gewachsen ist

Typisch Rieder. Unverkrampft, ungezwungen, unverblümt. Reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Hoffentlich verbietet ihm sein Arbeitgeber das nicht, wie auch immer der heissen mag.

Im Moment ist es YB. Und dies gleich doppelt. Einerseits als Fussballer. Andrerseits als KV-Lehrling. Der Jungspund arbeitet halbtags auf der YB-Geschäftsstelle. Nsame und Lustenberger und Co. seien aber noch nie aufgekreuzt und hätten ihm nach etwas Administrativem gefragt. «Ich arbeite ja auch auf der Buchhaltung», sagt Rieder. Buchhaltung? Also müsste er die Löhne aller YB-Spieler kennen... «Nein. Ich bin nicht für die Sportabteilung tätig, sondern im Sales, Sponsoring, Marketing, Ticketing und Betrieb. Mein Job ist es, mich um die eingehenden Rechnungen zu kümmern.»

Notendurchschnitt 5,5

Fussballprofi. KV. Doch eigentlich war alles etwas anders geplant. «Ich war ein guter Schüler und konnte deshalb ans Gymnasium, habe dort die Quarta und Tertia gemacht. Also das neunte und zehnte Schuljahr. Doch ich hatte zu viele Absenzen, bis zu zehn Wochen, auch wegen Nati-Spielen. Irgendwann wurde es zu viel und es reichte einfach nicht mehr.» Und so wurde Fabian KV-Lehrling. Als solcher ist er nun wieder erste Sahne. Notendurchschnitt: 5,5! Kein Wunder haben sich Vincent Sierro, der Hochintelligente, und Rieder gefunden. «Mit ihm rede ich oft», sagt der Wunderknabe. Sierro/Rieder – das Intellektuellenduo.

Erste Sahne, das waren auch die Leistungen in den ersten Spielen bei YB. Seit ein paar Wochen stagniert Fabian ein bisschen. Die Leichtigkeit des Seins ist nicht mehr so ausgeprägt. Das spürt auch das Kronjuwel. «Mit meinen Leistungen zu Beginn habe ich die Messlatte hoch gesetzt, weil sie ziemlich gut waren», sagt der junge Mann, der von Kindsbeinen an Bayern-Fan ist, ohne genau zu wissen, warum. Sein Traum ist es natürlich dereinst dort zu landen wie sieben Jahre lang sein Idol Nummer eins, Thiago Alcantara. Oder bei Manchester City wie Idol zwei, Kevin De Bruyne.

Fahrerprüfung bestanden

Arbeit, Super und Europa League, U20-Nati – die Tage von Fabian Rieder sind vollgestopft. Und dann kommt noch ein langer Anreiseweg hinzu. Rieder wird zwar in Bern geboren, doch die Familie zügelt nach Koppigen BE, als er sechsjährig ist. Seit vier Jahren wohnt er mit seiner Mutter in Bellach SO. «Das sind fast anderthalb Stunden mit dem ÖV ins Wankdorf. Also drei Stunden am Tag. Das ist nicht immer einfach.» Doch bald könnten diese Zeiten vorbei sein. Letzte Woche hat er die Fahrprüfung bestanden. Hat er schon ein YB-Geschäftsauto erhalten? «Noch nicht. Ich denke, das kommt schon noch.» Wie so vieles im Leben des Fabian Rieder.


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