Es ist der 13. November 2015. Paris. Länderspiel Frankreich vs. Deutschland. Stade de France. Selbstmordattentäter jagen sich vor dem Stadion in die Luft. Cafés in der Innenstadt werden angegriffen. Menschen getötet. Am schlimmsten ist es in der Konzerthalle Bataclan, wo an diesem Abend die Eagles of Death Metal spielen. Auch im Saal: Maud, Antoines Schwester.
Der EM-Torschützenleader weiss das. Als das Spiel im Stade de France zu Ende ist, durchlebt er die schlimmsten Minuten seines Lebens. Es ist die nackte Angst um das Leben seiner Schwester! Denn irgendwann sickert auch in den Stadion-Katakomben durch, was im Bataclan passiert ist.
Maud schildert es eindrücklich. «Als es plötzlich knallte, dachten wir zuerst an einen Scherz. Dann hörten wir, mein Freund und ich, die Schreie. Wir sahen das Blut. Und begriffen.» Wie die meisten Menschen legen sich die beiden auf den Boden, um den Maschinengewehr-Salven zu entgehen. «Wer aufstand oder sich bewegte, wurde erschossen. Neben mir lag eine Frau. Ich nahm ihre Hand. Und sie die meines Freundes. Wir drückten uns immer wieder, um das Zeichen auszusenden: Ich lebe noch! 90 Minuten lang.»
Als die Polizei das Lokal stürmt, zieht Maud ihre schweren Schuhe aus. Um schneller rennen zu können. Auf einem Innenhof 200 Meter vom Bataclan weg, wartet sie mit ihrem Freund. Sie ruft ihre Mutter an, schreit immer wieder: «Ich bin draussen! Ich bin draussen!» Weil sie nicht wusste, was sie sonst hätte sagen sollen. Das Paar läuft planlos in die Nacht hinein, 10, 15 Minuten lang. Maud barfuss. An der Place de la République finden sie ein Taxi. Der Fahrer macht sich Sorgen um seine Sitze wegen ihren blutverschmierten Kleidern.
Heute sitzt sie mit ihrer Familie im Vélodrome in Marseille. Findet es unglaublich, was Antoine gerade erlebt. «Es ist ein Fussballspiel, nur ein Spiel», sagt sie. Und sie wird auch im Final im Stade de France sein, «sofern sich Frankreich qualifiziert.» Als Schwester des Superstars. Aber auch beruflich.
Denn zwei Monate nach den Anschlägen wird Maud Antoines PR-Beraterin. Sie hat einen Abschluss darin gemacht und wollte ihrem Bruder helfen, richtig vermarktet zu werden, als er plötzlich zum Weltstar aufstieg. «Kein Problem», sagt sie, «wir stehen uns sehr nahe.» Auf ihrem Arm hat sie sein Geburtsdatum tätowiert. «Ich stand auch ins Tor, als er Torschüsse üben wollte.» Maud lacht. Sie tut das oft. Auch wenn sie nach wie vor bei einem lauten Geräusch, einem Knall aufschreckt. Bataclan ist nicht vergessen. «Ich weiss nicht, ob das jemals enden wird», sagt sie.