Es passiert gestern um 21.44 Uhr im türkischen Konya: Die Nationalmannschaften der Türkei und Islands versammeln sich auf dem Mittelkreis. Vor dem EM-Qualispiel soll der Terroropfer gedacht werden, die beim Anschlag im 200 Kilometer entfernten Ankara gestorben sind.
Und dann das: Von den Rängen schallt es Pfiffe und Buhrufe.
Zudem sollen hunderte Zuschauer «Allahu-akbar» (auf Deutsch: «Gott ist gross») gerufen haben. Eine Formel, die von Millionen Muslimen weltweit friedlich als Gebet verwendet wird. Leider aber islamistischen Terroristen auch als Schlachtruf dient.
Wie kann so etwas an einem Fussballspiel passieren?
Hintergrund: Die Stadt Konya, wo der Kick stattfindet, ist eine traditionelle Hochburg der islamistischen «Millî Görüş»-Bewegung. Eine Bewegung, die wegen islamistischer Tendenzen äusserst umstritten ist. Aus ihr stammt die AKP-Partei von Staatspräsident Recep Erdogan.
Wie «Welt.de» berichtet, erzielte bei der Parlamentswahl im Juni die AKP in der Provinz Konya mit 65 Prozent ihr landesweit zweitbestes Ergebnis, gefolgt von der ultranationalistischen MHP, die auf 16 Prozent kam.
Für einige AKP-Anhänger und Nationalisten sind die Menschen, die in Ankara an der Friedensdemonstration teilgenommen haben und dadurch dem Terroranschlag zum Opfer fielen, ein Feindbild. So sind die Pfiffe im «Konya Büyükşehir»-Stadion zu «erklären».
Übrigens: Fussball wird an diesem Abend auch gespielt. Die Türkei gewinnt durch einen Last-Minute-Treffer 1:0 und qualifiziert sich direkt für die EM 2016.
Der türkische Nationaltrainer Fatih Terim sagt nach dem Spiel: «Ich wünschte, wir hätten die Qualifikation verpasst und keines unserer Kinder wäre gestorben.»