In Marseille gab es den dritten Tag in Folge schwere Fan-Krawalle. Vor der Partie England gegen Russland zogen Fangruppen nach stundenlangem Alkoholkonsum marodierend durch die Stadt, warfen mit Stühlen und Flaschen und verhöhnten sich gegenseitig.
Am Alten Hafen kam es dann zu schweren Krawallen, an denen englische, russische und französische Fans beteiligt waren. Die Polizei setzte Tränengas ein. Nach sieben Festnahmen am Freitag wurden am Samstag mindestens sechs Randalierer festgenommen.
Fans der Deutschen Elf scheinen die Schwerverletzen von Marseille nicht beeindruckt zu haben. Bereits im Vorfeld der Partie der detuschen Elf gegen die Ukrainer kam es gemäss verschiedenen Berichten in Lille zu Ausschreitungen. Deutsche Hools sollen Ukrainer angegriffen haben!
Fan in Lebensgefahr
Ein englischer Fan wurde in Marseille so schwer verletzt, dass er in Lebensgefahr schwebte. Dem Mann (51) wurden nach Polizeiangaben offenbar Schläge mit einer Metallstange am Kopf zugefügt. Helfer versuchten ihn wiederzubeleben, bevor er in ein Spital gebracht wurde. Polizeipräfekt Laurent Nunez bezeichnete seinen Zustand als lebensbedrohlich.
Ein anderer englischer Fan sagte, etwa hundert Russen hätten «aus dem Nichts heraus» angegriffen. Der 23-jährige Engländer Danny Hart sagte, es sei keine gute Idee gewesen, das Spiel auf 21 Uhr anzusetzen: «Bis dahin waren alle völlig besoffen.»
Weitere Zusammenstösse rund um das Stadion etwa eine Stunde vor dem Spiel wurden schnell unterbunden. Nach neuen Polizeiangaben gab es bei den Krawallen in Marseille insgesamt 35 Verletzte, darunter neben dem in Lebensgefahr schwebenden Engländer drei weitere Schwerverletzte. Etwa 1200 Polizeibeamte waren im Einsatz.
Im Stadion begann die Schlacht nach dem Schlusspfiff
Später im Stadion stürmten nach dem 1:1 zwischen England und Russland russische Fans in den englischen Fanblock. Bilder zeigten unter anderem einen Vater, der versuchte, seinen Sohn zu schützen, während um ihn herum russische maskierte Fans auf Zuschauer einprügelten und eintraten.
Ein englischer Journalist schrieb auf Twitter: «Ein Feuerwerk war das Signal für die russischen Ultras, die kleine Anzahl an Stewards zu überwältigen und auf die andere Seite einzudringen.» Mit andern Worten: Der Angriff war geplant gewesen!
Es droht gar der Turnierausschluss
Wie die Uefa am Sonntag mitteilt, hat ihr Exekutivkomitee die Fussballverbände Russlands und Englands nun offiziell verwarnt. Im Wiederholungsfall sei auch ein Turnierausschluss möglich.
Ihr offizielles Urteil will die Uefa am Dienstag bekanntgeben.
Strafe für das russische Team?
Die Europäische Fussball-Union Uefa hat nach den Ausschreitungen ein Disziplinarverfahren gegen den russischen Verband eingeleitet. Eine Urteil soll am Dienstag gefällt werden. Ermittelt wird wegen der Aggressionen der russischen Zuschauer, rassistischen Verhaltens und des Abbrennens von Feuerwerkskörpern.
Die UEFA verurteilte die Krawalle «scharf». Die Gewalt gehe von Leuten aus, die «nichts beim Fussball zu suchen» hätten, sagte ein Sprecher.
Bereits bei der EM 2012 war Russland wegen Ausschreitungen seiner Anhänger von der UEFA zu einer Geldstrafe und einem Punktentzug verdonnert worden.
Weitere Zusammenstösse gab es nach Mitternacht im Alten Hafen von Marseille. Der Chef der nationalen Abteilung zur Hooliganismus-Bekämpfung, Antoine Boutonnet, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die französische Polizei habe auf die Krawalle richtig reagiert. Eine «schnelle und wirksame Intervention der Ordnungskräfte hat es erlaubt, die Vorfälle einzudämmen», sagte er. Einen grossen Anteil an der Fan-Gewalt habe ein übertriebener Alkoholkonsum.
Man rechnete eher mit Islamisten
Auch im südfranzösischen Nizza gab es Zusammenstösse. Einheimische Jugendliche provozierten nordirische Fans in der Fussgängerzone Cours Saleya. Daraufhin sei eine Schlägerei ausgebrochen. Sieben Menschen wurden verletzt, einer trug ein Schädeltrauma davon.
Im Vorfeld der EM hatte die Gefahr durch Anschläge im Mittelpunkt gestanden und nicht die Gewalt von Hooligans. Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve versicherte nun in einer Erklärung, die Sicherheitskräfte hätten die Gefahr durch gewaltbereite Fans «voll berücksichtigt» - «genauso wie andere Bedrohungen, insbesondere terroristische». (SDA/gf)