Es ist eine rührende Szene, die sich im Stade Geoffroy Guichard in Saint-Étienne abspielt. Die Schweiz hat soeben den EM-Achtelfinal gegen Polen verloren. Im Penaltyschiessen, Granit Xhaka (23) hat als einziger Spieler verschossen.
Das EM-Aus der Schweiz ist seit wenigen Minuten Tatsache, da geht Xhaka auf die Schweizer Fankurve zu. Was will er da? Er sucht seine Verlobte Leonita, die ihn in den Arm nimmt und ihn tröstet.
Ihn, den tragischen Schweizer Helden dieser Europameisterschaft. Bitterer gehts nicht für Granit Xhaka: Über alle vier EM-Spiele ist der künftige Arsenal-Star der beste Nati-Spieler. Er ist der Kopf der Schweizer Nationalmannschaft, der Taktgeber einer Truppe, die im Gegensatz zu vielen Nati-Ausgaben vor ihr durch ihre Spielkultur überzeugt, die auf Ballbesitz setzt. Und jetzt ist er durch seinen Fehlschuss auch massgeblich am Ausscheiden dieses Teams beteiligt. Lotterie Elfmeterschiessen hin oder her.
Er schreibt nach dem Spiel auf Facebook: «Wir und vor allem auch ich sind nach diesem Spiel einfach nur enttäuscht. Wir waren insbesondere in der zweiten Halbzeit und in der Verlängerung das bessere Team, hätten es verdient gehabt, zu gewinnen.»
Xhaka weiter: «Umso mehr macht es mich traurig, dass ich den entscheidenden Elfmeter vergeben habe – das tut mir leid für meine Mitspieler, die mitgereisten Fans, für die Schweiz. Wer mich kennt, weiss, dass ich alles dafür geben werde, stärker zurück zu kommen!»
Trotz Xhakas Fehlschuss darf nicht vergessen werden, welch Riesen-Turnier der Basler gezeigt hat. Zweimal wird er zum «Man of the Match» gewählt, spielt hinter dem Deutschen Toni Kroos die zweitmeisten Pässe in der Gruppenphase.
Im EM-Achtelfinal gegen Polen macht ihm Polen-Coach Adam Nawalka eines der grössten Komplimente, das ein Spielmacher im defensiven Mittelfeld bekommen kann: Er setzt Stürmer Arkadiusz Milik auf ihn an. Der Mann von Ajax Amsterdam soll Xhaka aus dem Spiel nehmen, ihn bei Schweizer Ballbesitz stören.
Trost gibts für Xhaka nach dem EM-Aus darum nicht nur von Leonita. «Im Penaltyschiessen kann man immer verschiessen», sagt Traum-Torschütze Xherdan Shaqiri im SRF-Interview. «Die grössten Spieler haben schon in den wichtigsten Matches verschossen, das kann passieren.» Dass er auf dem Weg ist, zu einem der Grossen zu werden, hat er in den letzten Wochen in Frankreich bewiesen. Elfmeter-Fehlschuss hin oder her. (eg)