«Wenn wir Spanien schlagen, holen wir den Titel!» «Bild»-Schlagzeile vom 2. Juli. Sportchef Mathias Brügelmann ist überzeugt, dass der neue Titelhalter derjenige wird, der das Duell morgen gewinnt. Auch Ivan Rakitic (36), der vom FC Basel zu Schalke 04 wechselte, wo er zur grossen Nummer wurde, bevor er bei Sevilla und Barcelona zum Weltstar reifte und heute beim Al-Shabab FC in Saudi-Arabien spielt, sieht das ähnlich: «Dass die Deutschen so denken, ist das Selbstverständnis einer grossen Fussballnation. Aber es ist schon so: Dieses Duell ist ein vorweggenommener Final. Also ist es legitim zu sagen, dass derjenige Europameister wird, der hier obenaus schwingt.»
Das Verhältnis von Nagelsmann zu den Spielern stimmt
Nehmen wir die beiden Topteams mit Rakitic mal ein bisschen genauer unter die Lupe. Beginnend mit Deutschland. «Da habe ich gemischte Gefühle. Da gabs bisher alles, von supertop bis … uuh. Der Druck ist gewaltig, das spürt man. Das Potenzial ist da, fraglos. Die Mischung zwischen Jung und Alt stimmt auch. Aber die grossen Spiele beginnen erst jetzt. Und da muss sich Deutschland erst mal beweisen.»
Und unser nördlicher Nachbar hat einen Coach, für den diese Situation komplettes Neuland ist. «Klar. Aber wenn man Spieler mit über hundert Nationalmannschafts-Einsätzen zur Seite weiss, ist das nicht sehr entscheidend. Die hat Julian Nagelsmann mit, in erster Linie, Toni Kroos, aber auch Neuer, Müller, Kimmich. Das Verhältnis zwischen dem Coach und den Spielern ist ganz anders als noch vor fünfzehn Jahren. Jenes von Nagelsmann zu seinen Schützlingen, so sagen mir meine Kollegen in Deutschland, stimme.» Was mit ein Grund sei für die bisher positiven Resultate.
Champions-League-Finalisten von der Ersatzbank
Ohnehin seien die Führungsspieler wichtiger denn je. Die brauche es zwingend. Und alle, die bisher gut gespielt haben, verfügten über solche Spieler. «Im Schweizer Team ist es Granit Xhaka. Bei Kroatien, auch wenn das Team in den Gruppenspielen hängengeblieben ist, Luka Modric. Bei Deutschland eben Kroos.» Und bei Spanien? «Ganz klar Rodri.» Deshalb sei es auch ein Duell Rodri gegen Kroos. Dazu später.
Deutschland, so Rakitic, habe nicht nur grosse Offensivqualitäten, sondern verfüge auch über eine Topbank. «Da fehlt Tah – und dann kommt mit Schlotterbeck einer vom Champions-League-Finalisten. Da wechselt Nagelsmann im Sturm. Und es kommt mit Füllkrug ein anderer von Champions-League-Finalisten Dortmund. Und der macht als Joker zwei Tore …»
Spanien ist dynamischer, schneller geworden
Switch zu Spanien. Das Land ist Rakitic ganz nahe. Bis Ende 2023 spielte er noch dort, in Sevilla. In der andalusischen Metropole hat er auch sein Haus. Dort ist seine Heimat. «Spanien ist natürlich ganz spannend mit dieser neuen Generation. Da ist extreme Dynamik drin. Die Art und Weise, wie die Iberer spielen, hat sich gegenüber jener der Goldenen Generation mit den drei grossen Titeln komplett verändert. Lag der Fokus damals total auf Ballbesitz und Tiki-Taka, ist das Spiel vertikaler geworden.»
Das ist das Verdienst von Coach Luis de la Fuente. «Er hat in Sevilla gespielt, ich kenne ihn gut», so Rakitic. Allerdings sei seine aktive Zeit ein paar Jahre vor jener des Mannes aus Möhlin AG gewesen. «Er steht für diesen dynamischen Fussball à la Nico Williams und Lamine Yamal! Wichtig sind ihm gute Defensivarbeit – und danach der schnelle Weg zum gegnerischen Tor. Zudem ist er detailversessen. Aber auch das Verhältnis zu den Spielern ist für ihn enorm wichtig. So ist er im Team und folglich auch im Land sehr beliebt.»
Rodri ist die absolute Schlüsselfigur
Zweite Schlüsselfigur: Rodri (28)! Der Mann von Manchester City sei der Mittelpunkt des Teams. «Er ist der Chef. Vor Carvajal und Morata. Er hat die Zügel in der Hand. Auf und neben dem Platz.»
Und nun? Favorit? «Spanien hat einen Hauch mehr Qualität. Deutschland spielt zu Hause. Unmöglich vorauszusagen.» Einen Sieger gibts schon: den neutralen Fussballfan. Final im Viertelfinal. Wow!