«Nach dem Schlusspfiff hüpfte der 41-Jährige freudetrunken über die Pressetribüne. Eine Stunde und zwei Bier später hatte er sich zumindest wieder ein wenig beruhigt.» «Die Welt» lässt Gudmundur Benediktsson am Montagabend in Nizza nicht aus den Augen.
Island, der Weltranglisten-34., schreibt weiter an seinem Fussball-Märchen, kegelt im EM-Achtelfinal sensationell England, das Mutterland des runden Leders, raus. Und nebst den Kickern erlangt spätestens auch zu diesem Zeitpunkt Benediktsson Kultstatus.
«Es ist getan! Es ist getan! Wir gehen nie mehr heim! Habt ihr das gesehen?! Wunderbar! Ich kann es nicht glauben! Es ist ein Traum. Weckt mich nie mehr von diesem wunderbaren Traum auf! Ihr könnt machen, was ihr wollt, England! Island wird am Sonntag gegen Frankreich spielen. Frankreich gegen Island! Ihr könnt heimgehen! Ihr könnt aus Europa austreten! Ihr könnt gehen, wohin zur Hölle ihr wollt! England eins, Island zwei ist das Endresultat hier in Nizza! Und das Märchen geht weiter!»
Diese Worte schreit Benediktsson, früher Profi in Belgien und mit ein paar Länderspielen in den Knochen, nach Spielschluss ins Mikrofon. Ekstase pur auf den Rängen. Jetzt verrät er im «Die Welt»-Interview: «Ich habe keine Ahnung, was ich gesagt oder gemacht habe. Ich kann mich wirklich nicht mehr an den Moment erinnern.»
Trotz Rekordeinschaltquoten (am Montagabend soll die Einschaltquote 99,8 Prozent betragen haben) verstellt sich der TV-Kommentator nicht. «Ich bin immer noch Gummi Ben, so wie mich jeder in Island nennt. Ich bin mir immer treu geblieben.»
Natürlich träumt Island jetzt von der nächsten grossen Sensation. Am Sonntag im Stade de France in Saint-Denis gehts gegen den Gastgeber.
Übrigens: Benediktsson arbeitet auch als Fussball-Assistenztrainer. Da ist ihm aber das Lachen vergangen. Er trat Berichten zufolge zuletzt beim Erstligisten KR Reykjavik wegen einer Pleiten-Serie zurück.
Ist vielleicht auch besser so. Dann kann er sich nun voll und ganz weiter auf Islands Fussball-Märchen konzentrieren.