«Die Nacht war kurz nach dem 0:0 in Lille. Um 5.15 Uhr musste ich aufstehen und Richtung Flughafen fahren. Aber nach einem solchen Erfolg geht man voller Freude und motiviert in den Tag. Ich möchte Vladimir Petkovic, seinen Spielern, dem Staff und Verbands-Präsident Peter Gilliéron herzlich gratulieren. Zum starken Spiel gegen Frankreich – und zur Achtelfinal-Qualifikation. Das ist nicht selbstverständlich. Auch wenn das Weiterkommen der Schweiz in dieser Gruppe von vielen erwartet worden war, musste man die Erwartungen erst mal erfüllen.
Die Partie gegen Frankreich war aus Schweizer Sicht die bisher beste des Turniers. Die Mannschaft trat geschlossen auf, hat sich auch spielerisch gesteigert. Man hat den Gegner weitgehend kontrolliert und hatte in wichtigen Momenten das Glück des Tüchtigen.
Bei der WM 2014 verloren wir ja 2:5 gegen Frankreich. Ich möchte keinen Vergleich ziehen, das waren komplett verschiedene Ausgangslagen. Aber klar ist: Einige Spieler haben seither riesige Fortschritte gemacht.
Vor allem Granit Xhaka. Er hat einen enormen Sprung hinter sich. Er ist das Gehirn dieser Mannschaft geworden. Er verteilt die Bälle, entschärft brenzlige Situationen dank Ruhe, Übersicht und herausragender Passqualität. Wie es mit Gökhan Inler gelaufen wäre, möchte ich nicht beurteilen. Aber es ist sicher, dass Xhaka und Valon Behrami im defensiven Mittelfeld sehr gut harmonieren.
Überhaupt hat die Mannschaft ein hohes Niveau. Und den Zenit noch nicht erreicht. Ich bin optimistisch – und überzeugt, dass wir im Achtelfinal gegen zwei von drei Mannschaften Favorit sind!
Nehmen wir erstmal die Polen. Klar haben sie mit Lewandowski von Bayern oder Piszczek von Dortmund hervorragende Spieler – aber die Spieler der Nati haben insgesamt mehr Erfahrung bei Topklubs und mehr internationale Klasse. Polen hat in der Offensive vielleicht etwas mehr Durchschlagskraft, aber die Abwehr und die defensive Organisation der Schweiz sind stärker.
Die Tagesform wird entscheiden. Aber die Chancen auf ein Weiterkommen gegen Polen sehe ich bei 55 Prozent.
Dann ist da Nordirland. Ein sehr unbequemer Gegner, der sehr robust spielt und defensiv unglaublich kompakt steht. Die Schweiz hätte viel mehr Spielanteile und die Nordiren würden vor allem kontern.
Unangenehm – aber zu knacken. Chancen der Nati: 70 Prozent.
Bleiben die Deutschen. Bekommt man sie, wird es ein spannender Prestige-Kampf. Unglaublich, welch hohe Qualität sie in der Breite haben. Jeder ist ersetzbar – ausser Goalie Manuel Neuer.
Aber der Vorteil wäre in jenem Spiel, dass man als Nati nichts zu verlieren hat, nur gewinnen und eine Sensation schaffen kann. Bei diesem Duell muss man keinen zusätzlich motivieren, da ist jeder absolut voll dabei.
Die Chancen sähe ich bei 40 Prozent. Denn wenn man gegen Frankreich 0:0 spielt, kann man auch Deutschland schlagen.»