BLICK: Hakan Yakin, was halten Sie von unserer Nati?
Hakan Yakin: In dieser Mannschaft hätte ich sehr gerne gespielt. Es wäre ein grosses Vergnügen gewesen, die Jungs zu bedienen. Diese Mannschaft ist eindeutig besser als die unsrige vor zehn Jahren.
Was trauen Sie der Schweiz an der EM zu?
Wenn man da anknüpfen kann, wo man an der WM in Brasilien aufgehört hat, dann einiges. Doch aufgepasst, die Nati konnte vor zwei Jahren relativ unbeschwert aufspielen, die Erwartungshaltung ist diesmal viel höher. Halten die Spieler dem Druck stand, kann das Team, mit etwas Losglück, auch die Viertelfinals erreichen.
In der Schweiz hat es viele schweizerisch-albanische Doppelbürger. Wie schwierig ist es, gegen sein eigenes Land zu spielen?
Das war es bei mir auch, als wir gegen die Türkei spielten. Ein Teil von mir ist und bleibt türkisch, so wie ein Teil der Spieler von heute den Bezug zu Ihrer Kultur nicht verleugnen kann. Aber ich bin überzeugt, dass während den 90 Minuten alle Spieler für den gemeinsamen Erfolg kämpfen. Es ist ein Fussballspiel und nicht Politik. Und ein Spiel will man immer gewinnen!
Granit Xhaka trifft dabei sogar auf seinen eigenen Bruder Taulant. Sie haben auch schon gegen Murat gespielt...
... und auch das ist kein Problem. Er ist mein Bruder und er spielt jetzt eben gegen mich. Jeder gibt das Beste für sein Team. Dass ist eine Frage der Einstellung und der Mentalität.
Drei der nur fünf Schweizer EM-Tore der Geschichte gehen auf Ihr Konto. Bleibt Ihr Rekord bestehen?
Vielleicht für diese EM schon noch. Aber ich bin mir sicher, dass ich bald abgelöst werde. Von Shaqiri oder Embolo. Erstens wird die Schweizer Nati immer besser, zweitens qualifizieren sich immer mehr Teams für die Euro. Ich behaupte, dass deshalb automatisch auch das Niveau sinkt.
Welches der drei Tore ist Ihnen speziell in Erinnerung geblieben?
Am meisten hängen geblieben ist mir mein «Nicht-Tor» gegen die Türkei. Nach dem vielen Regen waren die Platzverhältnisse sehr schlecht. Ich stand völlig frei, aber der Ball sprang auf und flog am linken Torpfosten vorbei. Eigentlich ein sicheres Tor. Wir verloren dann kurz vor Ende unglücklich 1:2 und ich war für viele der Sündenbock. Die halbe Schweiz hat mir daraufhin vorgeworfen, dass ich das Tor absichtlich nicht getroffen habe. Dass war natürlich kompletter Blödsinn, denn mit diesem vierten Tor wäre ich damals zusammen mit dem Spanier David Villa Torschützenkönig an der Euro 2008 geworden.