Rumänien, Albanien, Schweiz in der Gruppe. Dann Irland und Island. Dass ein Favorit da durchmarschieren muss, ist nichts als logisch. Doch genau dieser Weg – und die durchwachsenen Leistungen – verhinderten, dass bis Sonntag eine echte EM-Euphorie um Les Bleus entbrannte.
Da kam ihnen der ganze Island-Hype gerade richtig. Der liess das Spiel überhöhen. Zu einem Match um Sein oder Nichtsein. «Man spürte schon vor dem Spiel, dass im Stadion was war», schildert Bernard Lions, Redaktor der Fachzeitung «L’Equipe». «Wie in der WM-Barrage 2013, als wir einen 0:2-Rückstand gegen die Ukraine aufholen mussten. Es war elektrisierend.»
Nach der 5:2-Gala gegen die Isländer waren die Fans nicht mehr zu halten. «Jetzt werden wir Europameister» schreit einer in den Nachthimmel von Saint-Denis. Ein anderer lobt Trainer Didier Deschamps für dessen Arbeit mit den Spielern. Ein Dritter: «Das war endlich der Fussball, den wir schon immer sehen wollten!» Und mit ein paar Bier intus posaunt ein Vierter: «Jetzt fressen wir die Deutschen, La Mannschaft – sie gehört uns!»
Es soll wie 1984 sein
Und doch bleibt eine gewisse Vorsicht. Weil der nächste Gegner Deutschland heisst. Die französische Bilanz in drei WM-K.o.-Spielen: dreimal out!
Auch deshalb fragt Equipe-TV eher vorsichtig: «Macht Frankreich nun Deutschland Angst?» Die User sind zurückhaltend. Nur 51% antworten mit Ja. Immer noch bleiben Fragezeichen um die Abwehr.
Aber es gibt auch positive Vorzeichen. Die ausserordentliche physische Verfassung der Mannschaft und der 4-3-3-Sturm: vier Tore Antoine Griezmann, je drei Dimitri Payet und Olivier Giroud. «Und da ist der Austragungsort Marseille», erinnert sich Lions an 1984 zurück.
An einen in Frankreich verklärten EM-Halbfinal gegen Portugal mit dem 3:2-Siegtreffer der Bleus durch Platini in der letzten Minute der Verlängerung. «Das Stadion war überfüllt, die Stimmung unbeschreiblich», so Lions. So solls auch am Donnerstag im Vélodrome sein. Auch wenn das Stadion nicht mehr überfüllt, sondern schlicht «voll» sein wird.