Plötzlich schwebte ein drittes Alternativmodell im Raum: Am EM-Fahrplan 2020 festhalten, aber in Russland spielen statt in 12 europäischen Städten. Doch dieser nur mittelmässig durchdachte Vorschlag war an der Videokonferenz aller 55 Uefa-Mitgliedstaaten ebenso kein Thema wie eine Verschiebung in den Dezember. Zumal die nationalen Meisterschaften schon im Jahr darauf wegen der WM in Katar im Winter lange pausieren müssen.
So also stimmten die Verbände der Verschiebung um ein Jahr einstimmig zu. «Fussball ist eine mächtige Kraft», wurde Uefa-Boss Aleksander Ceferin danach pathetisch, wie das in solchen Fällen üblich ist. «Der Gedanke, dass ein paneuropäisches Festival in leeren Stadien mit verwaisten Fanzonen zelebriert wird, derweil der Kontinent in der Isolation sitzt, ist ein freudloser Gedanke, den wir nicht akzeptieren konnten.»
Auch Nati-Coach Vladimir Petkovic hätte sich mit einer Geister-EM nicht anfreunden können. «Eine professionelle sportliche Vorbereitung wäre unter diesen Umständen nicht möglich gewesen. Jetzt hoffe ich, dass wir im Sommer 2021 in ganz Europa ein Fussballfest mit vielen begeisterten Zuschauern feiern können.»
Das sind nun die neuen Parameter des drittgrössten Sportanlasses der Welt:
- Dauer: 11. Juni bis 11. Juli 2021
- Spielorte: Dieselben 12, wie sie vorgesehen waren. Mit dem Eröffnungsspiel Italien vs. Türkei in Rom und dem Final in London.
- Tickets: Behalten ihre Gültigkeit. Wer zu diesem neuen Termin nicht anreisen kann, dessen Tickets und Packages werden vollumfänglich rückerstattet.
Zu dieser Zeit hätte die Klub-WM der Fifa stattfinden sollen. Erstmals über drei Wochen und mit 24 Teams. Das Baby von Fifa-Präsident Gianni Infantino. Die Klub-WM wird nun verschoben. «Wir werden später entscheiden, ob diese auf einen späteren Termin im Jahr 2021, auf 2022 oder gar 2023 verschoben wird», so Infantino. Ganz so selbstlos wird der Oberwalliser der Verschiebung der Klub-WM nicht entsprochen haben. Ursprünglich wollte er 12 europäische Teams an der Klub-WM. Die Uefa indes wollte bloss 8 entsenden. Gut möglich, dass der europäische Verband nun die Zusage von 12 Mannschaften abgegeben hat.
Ach, ja, und fast vergisst man es in Europa: Auch die Copa America war für 2020 vorgesehen. Auch sie wird nun um ein Jahr verschoben.
Die noch zu spielenden Playoffs sollen nun im internationalen Slot Anfang Juni ausgetragen werden. Ein Datum, an dem die nicht involvierten Nationen Tests vorgesehen haben. An diesen soll festgehalten werden. Die Schweiz hat dann die Spiele gegen Deutschland und Liechtenstein auf dem Programm. Alternativ könnten dann die für Ende März vorgesehenen Matches gegen Kroatien und Belgien ausgetragen werden.
Und was ist mit der Champions und der Europa League, in welcher der FC Basel das Rückspiel gegen Eintracht Frankfurt nach dem famosen 3:0-Sieg bei der SGE zu bestreiten hat? Die internationalen Bewerbe sind ja bis auf weiteres ausgesetzt. Die Uefa sagt nur, man werde kommunizieren, wenn es so weit sei. Sicher ist: Die nationalen Meisterschaften haben bei den Klubs Vorrang. Für die Europacup-Spiele wird es eng.
Ein Kommentar von Alain Kunz
Ist das nun wahr, was wir hier durchleben oder träumen wir das Ganze bloss? Sind wir im Kino und erwachen bald aus diesem Albtraum?
Dieser März 2020 ist eine Zeit des Träumens. Ob Alb- oder Wunschtraum. Beidem hängen wir nach.
Und so träumen wir bereits wieder von Fussball, kaum hat dieser den Betrieb eingestellt. Träumen von Ronaldo und Messi, wie sie zaubern, von Ramos und Chiellini, wie sie hinten aufräumen. Oder von Hoarau und Stevanovic, Cömert und Hefti.
Wir träumen bereits wieder davon, dass Liverpool nach 30 Jahren endlich den ersehnten Premier-League-Titel feiern kann und das St.-Gallen-Märchen weitergeht. Das ist alles legitim.
Nur: Erwachen wir mal kurz aus diesem Traum und stellen uns der Realität: Die Schweiz steht bis Ende April still. Und was wir jetzt erleben, ist erst der Anfang. In England wird der Corona-Peak erst für Mitte Mai erwartet. Und da sollen wir im Mai wieder mit Fussball beginnen? Bis dann gibts höchstens was anderes: nämlich eine Ausgangssperre.
Nein. Nüchtern betrachtet ist es unmöglich, eine Saison, in der bei uns noch 13 Meisterschafts- und drei Cuprunden zu spielen sind, in sechs Wochen durchzupeitschen. Mehr Zeit wird nicht bleiben. Ende Juni muss Schluss sein. Auch wegen auslaufender Spielerverträge. Das reicht nicht. Selbst wenn am 1. Mai wieder trainiert werden kann.
BLICK schrieb schon am 3. März, dass die Absage der EM alternativlos sei. Die Absage von Meisterschaften und Europacups ist eine weniger gewagte Prognose.
Ein Kommentar von Alain Kunz
Ist das nun wahr, was wir hier durchleben oder träumen wir das Ganze bloss? Sind wir im Kino und erwachen bald aus diesem Albtraum?
Dieser März 2020 ist eine Zeit des Träumens. Ob Alb- oder Wunschtraum. Beidem hängen wir nach.
Und so träumen wir bereits wieder von Fussball, kaum hat dieser den Betrieb eingestellt. Träumen von Ronaldo und Messi, wie sie zaubern, von Ramos und Chiellini, wie sie hinten aufräumen. Oder von Hoarau und Stevanovic, Cömert und Hefti.
Wir träumen bereits wieder davon, dass Liverpool nach 30 Jahren endlich den ersehnten Premier-League-Titel feiern kann und das St.-Gallen-Märchen weitergeht. Das ist alles legitim.
Nur: Erwachen wir mal kurz aus diesem Traum und stellen uns der Realität: Die Schweiz steht bis Ende April still. Und was wir jetzt erleben, ist erst der Anfang. In England wird der Corona-Peak erst für Mitte Mai erwartet. Und da sollen wir im Mai wieder mit Fussball beginnen? Bis dann gibts höchstens was anderes: nämlich eine Ausgangssperre.
Nein. Nüchtern betrachtet ist es unmöglich, eine Saison, in der bei uns noch 13 Meisterschafts- und drei Cuprunden zu spielen sind, in sechs Wochen durchzupeitschen. Mehr Zeit wird nicht bleiben. Ende Juni muss Schluss sein. Auch wegen auslaufender Spielerverträge. Das reicht nicht. Selbst wenn am 1. Mai wieder trainiert werden kann.
BLICK schrieb schon am 3. März, dass die Absage der EM alternativlos sei. Die Absage von Meisterschaften und Europacups ist eine weniger gewagte Prognose.