Diego Benaglio spielte drei Jahre im Land des Europameisters
«Ich sollte zu Thun und landete in Portugal»

Ex-Nati-Goalie Diego Benaglio (32) spricht über die Menschen und den Fussball in Portugal. Seine Jahre auf Madeira helfen ihm noch heute als Wolfsburg-Captain.
Publiziert: 01.09.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 03:47 Uhr
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Diego Benaglio: Seit 2008 im Wolfsburg-Dress.
Foto: Imago
Andreas Böni

BLICK: Bereuen Sie, gegen Portugal am Dienstag nicht mehr im Tor der Schweizer Nati zu stehen?
Diego Benaglio: Nein, das Thema ist für mich abgeschlossen. Aber es wird für die ganze Schweiz eine grossartige Sache, wenn der Europameister kommt.

Sie wollten 2005 ins Berner Oberland wechseln – und landeten auf einer portugiesischen Insel.
Das ist richtig. Ich sollte eigentlich zum FC Thun gehen. Aber bei einigen Details konnte man sich mit dem VfB Stuttgart damals nicht einigen. Dann wechselte ich zu Nacional Funchal. Ich bin im Nachhinein heilfroh, dass es so gekommen ist. Auch wenn ich mich in der Super League sicher auch gut hätte entwickeln können.

Wie war Ihr Start?
Schwierig. Die ersten Tage wird in der Kabine gelacht, und du weisst nicht, worüber. Das ist unangenehm. Ich musste mich im täglichen Leben durchkämpfen. Ich versuchte, mir so schnell wie möglich im Selbststudium die Sprache beizubringen.

Wie macht man das?
Portugiesisches TV schauen, Zeitungen lesen. Wenn ich dann wusste, worum es ging, konnte ich sehr schnell sehr viel ableiten. Und ich bin seither ­angetan von der Freundlichkeit der Menschen in Portugal.

Warum?
Weil sie mich und meine Freundin – heute meine Frau – auch mal abends in Restaurants mitgenommen haben, obwohl wir nichts verstanden. Sie versuchten, uns mit Händen und Füssen alles zu erklären. Sie sind sehr offen und hilfsbereit. Darum gehe ich heute als Captain des VfL Wolfsburg mit unseren Ausländern ganz anders um.

Inwiefern?
Ich kann mich in die neuen Spieler reinversetzen. Wie es ist, in ein fremdes Land zu kommen und nichts zu verstehen. Gerade bei den Brasilianern und anderen Südamerikanern kann ich helfen und ihnen das Gefühl geben, willkommen zu sein.

Was waren Ihre ersten Worte auf Portugiesisch?
Sachen aus dem Alltag, «danke», «bitte» und wie man bestellt. Sonst verhungerst du im Restaurant (lacht).

Wie sind die Portugiesen?
Lockerer als wir. Es ist eine Umstellung. Sagt dir ein Fernsehtechniker, er komme am Montag, dann ist er meist erst am Mittwoch da. Das ist normal.

Wann waren Sie zuletzt dort?
Länger nicht mehr. Ich hoffe aber, dass ich die Insel irgendwann meinen Kindern zeigen kann.

Ihre Frau war schon vor elf Jahren dabei. Eine lange Zeit!
Sie war sogar schon in Stuttgart dabei. Nadin und ich sind 16 Jahre zusammen.

Cristiano Ronaldo ist auf der Insel aufgewachsen. Haben Sie ihn mal gesehen?
Nein, da war er schon weg. Aber du spürst immer auf der Insel, wie stolz man ist, dass er ein Weltstar geworden ist. Er spielte wie ich bei Nacional. Überall hängen dort Bilder von ihm.

Weiss er, dass Sie bei seinem Heimatklub spielten?
Ich denke, ja. Wir haben uns zwar nach unserem Champions-League-Spiel unterhalten, aber nicht darüber.

Auf Portugiesisch?
Klar.

Was hat er gesagt?
Wir haben allgemein über das Spiel gesprochen.

Wie ist das Spiel der Portugiesen gegen die Schweiz ohne ihn?
Wenn du einen Spieler hast, der den Unterschied ausmachen kann, dann ist das schon anders, als wenn der Star nicht aufläuft. Für die Schweiz wird sich in diesem Fall insofern etwas ändern, als dass man sich weniger auf einen Spieler fokussiert. Nur hat man im EM-Final auch gesehen, dass die Portugiesen es auch als Mannschaft auffangen können.

Welche Spieler gefallen Ihnen?
João Mario hat ein grosses Turnier gespielt. Quaresma, wenn er gut drauf ist. Und Goalie Rui Patricio. Und mein Mannschaftskollege Vieirinha.

Haben Sie mitgefiebert mit Portugal im Final?
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte Portugal nicht die Daumen gedrückt.

Hat die Nati eine Chance?
Ja. Die Schweiz hat bei der EM ihr Potenzial auch angedeutet. Aber wie bei der WM 2014 verpasste man am Schluss eine ganz grosse Chance, um Geschichte zu schreiben. Unsere Nati wäre bei der EM in einem Viertelfinal bereit gewesen zum grossen Exploit.

Ihr Tipp?
2:1 für die Schweiz.

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