Als Dani Levy im Januar 2013 den «Spiegel» liest, ist er sofort begeistert. Ab Seite 98 ist eine Geschichte mit dem Titel «Gestatten, Scheich Volker» abgedruckt. «Ich las den Artikel mit offenem Mund und dachte mir: Das kann doch nicht wahr sein! Das ist die durchgedrehteste Hochstapler-Geschichte, von der ich je gehört habe», erinnert sich der Schweizer Regisseur, der schon seit langem in Berlin wohnt.
Der 65-jährige gebürtige Basler zählt zu den renommiertesten Regisseuren des deutschsprachigen Raums. Seine bekanntesten Filme heissen «Meschugge» oder «Alles auf Zucker!».
Als Kind war Levy ein leidenschaftlicher Fussballer. Sein Herzensklub damals und heute? Natürlich der FC Basel. «Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich als Kind an einer Autogrammstunde von Karli Odermatt mal beinahe erdrückt worden wäre.»
Die Serie «Der Scheich» ist zurzeit nur auf Paramount+ zu sehen. Levy: «Es wäre toll, wenn sich SRF um die Rechte bemühen würde und so noch mehr Leute sich die Serie anschauen könnten.»
Der 65-jährige gebürtige Basler zählt zu den renommiertesten Regisseuren des deutschsprachigen Raums. Seine bekanntesten Filme heissen «Meschugge» oder «Alles auf Zucker!».
Als Kind war Levy ein leidenschaftlicher Fussballer. Sein Herzensklub damals und heute? Natürlich der FC Basel. «Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich als Kind an einer Autogrammstunde von Karli Odermatt mal beinahe erdrückt worden wäre.»
Die Serie «Der Scheich» ist zurzeit nur auf Paramount+ zu sehen. Levy: «Es wäre toll, wenn sich SRF um die Rechte bemühen würde und so noch mehr Leute sich die Serie anschauen könnten.»
Den Schweizer Fussballfans war der Name Volker Eckel schon seit 2009 ein Begriff. Rückblende. Am Montag, 27. April jenen Jahres lässt Blick die Bombe platzen: «Investor greift nach GC. Bis Donnerstag soll die erste Tranche von 150 Millionen Franken da sein.» Einen Tag später legt Blick mit einem Foto des vermeintlichen Investors nach: «Das ist er!» Doch wiederum nur einen Tag später ist der ganze Spuk schon wieder vorbei: «GC-Investor ist pleite!»
Eckel gab sich als Scheich Mohamed Al Faisal aus
Woher Blick das alles wusste? In der Woche zuvor hatten sich ein Mann und eine Frau auf der Sportredaktion gemeldet. Sie hätten eine unglaubliche Geschichte anzubieten. Ein Investor aus dem arabischen Raum sei bereit, die sagenhafte Summe von 300 Millionen Franken in GC zu investieren. Als Beweis dafür, dass die Geschichte stimmt, würden sie, im Auftrag des Investors, einen Blick-Reporter undercover zu den Vertragsverhandlungen ins Zürcher Baur au Lac einladen.
Der Deal kommt zustande. Und deshalb sitzt ein in der Sportszene unbekannter Blick-Journalist plötzlich im Hotel-Restaurant an einem Tisch mit GC-Vizepräsident Erich Vogel, Finanzchef Heinz Spross und dem vermeintlichen Investor Volker Eckel, der sich Scheich Mohamed Al Faisal nennt. An jenem 22. April 2009 wird dann tatsächlich auch der Vertrag unterschrieben.
Wenige Tage danach ist aber den GC-Bossen klar: Eckel ist pleite und ein Hochstapler. Er ist nicht ein König von Arabien, sondern ein Hilfsarbeiter aus dem Schwarzwald. Sein vorgegaukeltes Luxusleben? Eine einzig grosse Lüge.
«Er ist offenbar in eine Fantasiewelt geflüchtet»
Zurück zu Regisseur Dani Levy. Als er vier Jahre später den Artikel im «Spiegel» liest, ist für ihn sofort klar, dass das ein Stoff für ihn sein könnte. Doch wegen anderen Projekten gerät der Fall Volker Eckel bald einmal in den Hintergrund. Bis Corona kommt. Levy hat viel Zeit zum Nachdenken und erinnert sich an Eckel. «Da dachte ich: Lasst uns aus dieser Geschichte eine Serie machen.» Es ist der Startschuss zu einer achtteiligen Serie, die dann Ende 2022 unter dem Titel «Der Scheich» auf Paramount+ erschienen ist.
Doch was hat ihn so sehr an dieser Figur Volker Eckel fasziniert? «Er war kein klassischer Hochstapler, sondern ein einfacher Mann. Normalerweise haben Hochstapler das Ziel, sich finanziell zu bereichern. Er aber war wohl ein reiner Geschichtenerzähler, ein Märchenonkel, der Spass an der Täuschung und der Verwandlung hatte und der offenbar in eine Fantasiewelt geflüchtet ist.»
Ein Märchenonkel, der GC an der Nase rumführte. Nachdem herausgekommen ist, dass Eckel pleite ist, erklärt sich GC-Präsident Roger Berbig im Blick: «Als ich das erste Mal von diesem Angebot hörte, dachte ich, die Chance liegt bei einem Prozent. Als ich Volker Eckel sah, war die Quote bei einem Promille. Im Verwaltungsrat war uns allen eigentlich immer klar: So viel passt nicht zusammen. Das kann nicht aufgehen.» Aber: «GC ist nicht in der finanziellen Lage, ein 300-Millionen-Angebot einfach so auszuschlagen.»
Eckel hat die richtigen Knöpfe gedrückt
Dass GC auf den Hochstapler reinfiel, ist für Levy kein Zufall. «Man hört das, was man hören will, und kreiert seine eigenen Sehnsüchte und Wünsche. Wenn etwas sehr Schönes daherkommt, sind wir alle absolut dazu bereit, unseren Verstand auszuschalten. Und sobald man drinsteckt, ist es schon zu spät, denn man hat sich dann bereits in diesen Traum verliebt und verhält sich dementsprechend dumm. Allein der Gedanke, dass das alles doch nicht stimmen könnte, ist zu deprimierend, als dass wir ihn noch zulassen würden.»
Deshalb klammerte sich GC händeringend an diesen Strohhalm, obwohl offensichtlich war, dass vieles nicht stimmen konnte. Levy: «Eckel war eigentlich ein lausiger Hochstapler. Er ging dilettantisch vor und hat mehr oder weniger improvisiert. Doch er hat bei seinem Gegenüber genau die richtigen Knöpfe gedrückt und mit der Verheissung von endlos vielem Geld den Leuten den Kopf verdreht.»
GC findets nicht lustig
Als sich Levy an die Verfilmung des Stoffs macht, überlegt er sich lange, ob er mit Eckel reden soll. «Ich entschied mich dann dagegen. Ich wollte ihn nicht involvieren, sondern auf Grundlage seines Falls eine fiktionale Geschichte erfinden.»
Mit GC aber wollte der 66-Jährige Kontakt aufnehmen. «Wir klopften bei ihnen an, weil wir in der Serie GC gern GC nennen wollten. Doch sie verboten uns das. Das fand ich sehr schade und auch nicht sehr souverän, denn das Ganze war doch nicht nur peinlich, sondern irgendwie auch süss.»
Bei der Arbeit am Projekt beschäftigten sich Levy und sein Team dann ausführlich mit Eckel und dessen Charakter. Immer wieder fragten sie sich, wie ein Mann offenen Auges Leute betrügt und belügt und alle dann miteinander auf den Abgrund zurasen. «Unsere Erklärung: Das muss pathologische Gründe haben. Eckel leidet wohl unter einer psychischen Störung.»
Steckt in jedem von uns ein Hochstapler?
2012 wird Eckel in Deutschland wegen Betrugs in fünf Fällen zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. 2015 sagt er in einem SRF-Dok-Film: «Ich war nicht mehr in der Realität. Heute schäme ich mich teilweise.» Wie es ihm mittlerweile geht, ist unklar. Als Blick vor einigen Jahren mit ihm redete, erklärte er, dass er nicht mehr lange zu leben habe.
Bleibt noch eine Frage zu klären: Herr Levy, steckt in jedem von uns ein Hochstapler? «Eindeutig ja. Wir leben in einer Zeit, in der wir fast schon dazu gezwungen werden. Auf den sozialen Medien präsentieren wir uns idealisierend und machen unser Glück davon abhängig, ob der Daumen hochgeht oder nicht. Wir leben längst in einer Zeit, in der die veröffentlichte Selbstoptimierung in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.»