Das grosse Aufstiegs-Interview mit FCZ-Boss Cillo Canepa
«Wir sind wieder da!»

Ein Jahr nach dem Abstieg kehrt der FC Zürich wieder zurück. Präsident Ancillo Canepa sagt, was die Saison in der Challenge League seinem Klub gebracht hat. Und was nicht.
Publiziert: 20.05.2017 um 23:53 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 03:30 Uhr
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Ancillo und Heliane Canepa gestern vor ihrer FCZ-Loge: Ein Jahr lang musste das Präsidentenpaar im Letzigrund Challenge-League-Spiele erdulden.
Foto: THOMANN SVEN
Michael Wegmann (Interview) und Sven Thomann (Fotos)

Ancillo Canepa empfängt SonntagsBlick im Sitzungszimmer seines Büros. Er holt Mineralwasser, Gläser und einen Aschenbecher. Dann setzt er sich und stopft die Pfeife. «Bevor man eine Frage beantwortet, sollte man immer erst seine Pfeife anzünden», sagte Albert Einstein einst. Canepa scheint es wie der grosse Physiker und Pfeifenliebhaber zu halten. Er zündet die Pfeife an und ist gesprächsbereit.

SonntagsBlick: Ancillo Canepa, vor einem Jahr hatten Sie noch eine ähnliche Frisur wie Einstein. Weshalb tragen Sie Ihre Haare nun wieder anständig?
Ancillo Canepa: Das ist eine berechtigte Frage. Als ich mich nach dem Abstieg in der Tagesschau gesehen habe, bin ich über mein Erscheinungsbild erschrocken. Dann habe ich, entgegen den Wünschen meiner Ehefrau, beschlossen, meine Frisur meinem fortgeschrittenen Alter anzupassen.

Wie haben Heliane und Sie am Donnerstagabend eigentlich den Aufstieg nach der 1:2-Niederlage von Verfolger Xamax in Schaffhausen gefeiert?
Die erste Halbzeit habe ich zu Hause mit dem BLICK-Live-Ticker verbracht. Dann bin ich eingeschlafen. Bis Heliane mich in aller Euphorie geweckt hat und mir mitteilte, dass wir aufgestiegen sind. Ich war erst verwirrt. Wir haben uns natürlich sehr gefreut. Aber es war mehr eine innere Genugtuung denn ein euphorischer Ausbruch.

Wir waren die Reaktionen aus dem Umfeld?
Überwältigend. Weit über 100 SMS. Am Abend und den ganzen Freitag. Heliane wurde überall angesprochen. Leute haben Auto­fenster runtergelassen und gratuliert und «Hopp FCZ» gerufen.

Wissen Sie eigentlich, wie das Stadion von Le Mont heisst?
Es steht in Baulmes, den Namen weiss ich aber nicht mehr. Aber es war wunderschön da, eine tolle Umgebung mit Wiesen, Wäldern und Kühen.

Es heisst Sous-Ville. Einfachere Frage: Wie heisst der Goalie von Chiasso?
Mein lieber Freund Andrea Guatelli. Er hat übrigens am selben Tag Geburtstag wie ich und wir gratulieren uns immer gegenseitig.

Kann man das Jahr Challenge League mit einem Kur-Aufenthalt vergleichen?
Kur-Aufenthalt auf keinen Fall. Aber mit einem Fitness-Aufenthalt. Wir haben hart gearbeitet und vieles für unsere körperliche und mentale Fitness getan. Konkret meine ich personelle Anpassungen und strategische Ausrichtungen. Jetzt herrscht Aufbruch-Stimmung. Wir haben bereits einige Veränderungsprozesse umgesetzt. Weitere sind in Vorbereitung.

Mit dem FCZ sind auch Sie gefühlt in der Versenkung verschwunden, zumindest wenig öffentlich aufgetreten. Weshalb?
Ich sehe das ein wenig anders. Ich war nach wie vor sehr aktiv. Ich habe aber sicherlich die vielen Medienanfragen selektiv und zurückhaltend beantwortet. Wir hatten auch viel zu tun, ich musste Prioritäten setzen.

Vor einem Jahr beim Abstieg wurde es sogar persönlich: Sie wurden dafür verantwortlich gemacht. Haben Sie nie an den Rücktritt gedacht?
Nein. Das war nie ein Thema. So ein Abstieg ist keine schöne Sache, aber man kann es korrigieren. Es ist kein lebensbedrohender Schicksalsschlag. Aber das ist eine Frage der Lebenseinstellung.

Ihre Genugtuung muss heute trotzdem gross sein?
Keine im Sinne von «wir haben es allen gezeigt!». Dafür sind wir wohl zu erwachsen. Aber klar sind wir glücklich und zufrieden. Wir wussten alle von Anfang an, dass es kein Selbstläufer sein würde. Alle zusammen, Trainer, Spieler, die Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle, haben auf ein Ziel hingearbeitet. Das Wir-Gefühl ist zurückgekommen. Es hat uns zusammengeschweisst.

Wie schwierig war es, sich einzugestehen, dass Fehler passiert sind?
Die Kritik an meiner Person war sicherlich einseitig und sehr undifferenziert. Gewisse personelle Entscheide würde ich rückwirkend aber sicher anders treffen.

Meinen Sie die Anstellung von Sami Hyypiä?
Nein. Aber bevor Sie weiter fragen: Ich werde öffentlich keine Namen nennen.

Haben Sie in der Challenge League auch Freundschaften geschlossen?
Ganz bestimmt. Einige Vereinsführungen haben wir näher kennengelernt. Wir waren beeindruckt, wie gastfreundlich wir empfangen wurden.

Mit Serge Duperret, dem Präsidenten von Le Mont, sollen Sie sich bestens verstanden haben. Obwohl er Ihretwegen Ärger hatte, da er Ihre Hündin Kooki ins Stadion liess.
Das ist so. Heliane und ich haben Serge und sein Umfeld sehr schätzen gelernt. Natürlich war die Einladung für Kooki ein Höhepunkt. Dass Serge und wir dafür von der Disziplinarkommission gerügt wurden, hat uns natürlich sehr getroffen (Canepa schmunzelt).

Zur Super League: Um den FCB zu schlagen, müsste man den Titel zukünftig vielleicht auswürfeln?
Hätten zum Beispiel YB, GC und der FCZ in der Vergangenheit nicht schon sicher geglaubte Titelgewinne fahrlässig verspielt, wäre es nicht zu dieser beeindruckenden FCB-Serie gekommen.

Also keine Kampfansage?
Nein. Wir müssen auf uns schauen.

Haben Sie sich diese Zurückhaltung in der Challenge League zugelegt?
Nein, das ist nur eine realistische Einschätzung der gegenwärtigen Situation. Fragen Sie mich in einem Jahr nochmals.

Duperret ärgerte sich über das Gebaren des FC Wil, der in der Liga wilderte, dann die Löhne nicht bezahlte und jetzt die Lizenz erhielt. Er entschied sich mit Le Mont freiwillig abzusteigen. Verstehen Sie ihn?

Ich kann seinen Entscheid nachvollziehen, aber ich bedaure es. Denn rein sportlich gehört Le Mont in die Challenge League. Auch seinen Frust kann ich verstehen. Was die türkischen Investoren beim FC Wil angerichtet haben, war für den Schweizer Fussball alles andere als positiv. Dass Wil nun aber die Lizenz erhielt, hat damit nichts zu tun. Die Lizenzerteilung erfolgte zukunftsorientiert.

Mit Wil-Präsident Roger Bigger sind Sie seit Jahren im Liga-Komitee. Was sagen Sie zu seiner Rolle?
Bitte verstehen Sie, dass ich mich als Komitee-Mitglied dazu nicht äussere.

Welchen Rang würde Ihre Aufsteiger-Truppe in der Super League belegen?
Das ist eine hypothetische Frage. Da die Mannschaft in der nächsten Saison ein etwas anderes Gesicht haben wird, ist sie auch nicht relevant.

Relevant und augenscheinlich ist, dass der FCZ-Kader überaltert ist ...
... Das Durchschnittsalter ist zugegebenermassen höher als auch schon. Gehen Sie davon aus, dass es gewisse altersbedingte Anpassungen geben wird.

Vanins ist 37. Yapi und Nef 35. Kukeli 33. Voser und Winter sind auch schon 30. Cavusevic bald. Ist der FCZ die beste Seniorentruppe des Landes?
Qualität hat nichts mit Alter zu tun. Nehmen Sie als Beispiel Alain Nef. Er hat eine hervorragende Saison gespielt, national und auch international.

Verkaufen werden Sie keinen dieser Spieler mehr.
Das war auch nicht unser primäres Ziel. Wir wollten eine erfahrene Challenge-League-Truppe, die unter allen Umständen den Wiederaufstieg realisieren will.

Zuletzt haben aber einige grosse, junge Talente den FCZ verlassen. Grgic, Oberlin, Sow und Janijcic. Wie wollen Sie das künftig verhindern?
Mit Thomi Bickel und Uli Forte habe ich jetzt zwei Leute in der sportlichen Führung, die meine Philosophie teilen, junge und talentierte Fussballer rechtzeitig ins Kader aufzunehmen und ihnen auch Einsätze zu gewähren. Das war in den letzten Jahren nicht immer so. Deshalb ärgert es mich im Nachhinein, dass ich das zugelassen habe.

Haben Sie eigentlich noch Juwelen, die Sie später mal teuer verkaufen können? Einen Moussa Koné oder Raphael Dwamena?
Ein Verkauf von Dwamena oder Koné ist im Moment ausgeschlossen. Und ja, wir haben noch einige Juwelen beim FC Zürich.

Uli Forte wünscht sich für jede Reihe eine Verstärkung. Erfüllen Sie ihm diesen Wunsch?
Ja, das ist Teil der Kaderplanung. Wir sind im Moment in der konkreten Vorbereitung von Transfers, die uns sportlich weiterhelfen könnten.

Ihr sportlicher Leiter Thomas Bickel wirkt wie ein Fussball-Romantiker. Ist er genug abgezockt für die Super League?
In den Medien wurde er schon «der nette Herr Bickel» genannt. Es stimmt, er ist nett, aber nur was die Umgangsformen betrifft. Inhaltlich ist er ausgesprochen zielgerichtet und sehr direkt in der Kommunikation. Auf ihn ist hundert Prozent Verlass.

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