Eine Story will Cristian Ianu loswerden. Sie soll zeigen, warum er seinen Karrierehöhepunkt in Luzern hatte – und nicht vielleicht in Köln, Hamburg, Frankfurt oder zumindest in Basel oder Bern.
2008 wars. Ianu ist da Stürmer beim FC Aarau, instinkt- und treffsicher, ein Opportunist vor dem Tor. Da meldet sich Gigi Oeri, die Präsidentin des FC Basel. «Sie sagte: ‹Cristian, Trainer Christian Gross will dich unbedingt.›»
Sie treffen und einigen sich rasch. Für eine halbe Million Franken will der FCB den da 25-jährigen Ianu aus dem Vertrag kaufen. «Alles war klar. Ich sass Vizepräsident Bernhard Heusler und Chefscout Ruedi Zbinden gegenüber. Das Hotelzimmer war reserviert. Am anderen Tag sollte ich den Medizincheck absolvieren.»
Dann passierts. Sein Berater will sich mit den FCB-Chefs noch kurz alleine unterhalten. Er schickt Ianu ins Hotelzimmer. Dort erzählt der seiner Freundin Leyla am Telefon stolz: Ich bin Basler!
«Ich war jung und naiv»
Ist er nicht. Die Basler lassen den Deal platzen. Sein Agent, ein renommierter Mann, der einst Stars wie Hagi oder Popescu beriet, reklamiert eine halbe Million Provision für sich. Heusler und Zbinden weisen ihm die Tür.
Ianu: «Ich war jung, naiv, ich war stolz, dass der Berater überhaupt mit mir arbeiten wollte. Dabei hätte ich sofort zu Heusler und Zbinden gehen und mich für den Berater entschuldigen müssen.»
Noch heute erinnert ihn seine Leyla an seinen Fehler. «Sie tut es ständig.» Leyla ist die Schwester von Kubilay Türkyilmaz. Ein bisschen von seiner Gerissenheit hätte Ianu nicht geschadet. Er ist sicher: Den FCB hätte er als Sprungbrett in die grosse Fussballwelt genutzt.
Inzwischen kickt Ianu zum Plausch für den FC Muri AG aus der 2. Liga interregional. Heute will er gegen den FC St. Gallen knipsen. Er sagt: «Wir haben wirklich eine gute Mannschaft. Aber St. Gallen ist Zweiter der Super League – das sagt alles.»
34-jährig ist Ianu inzwischen, die Haare sind angegraut – nach Profi-Jahren in Bellinzona, Aarau, Luzern, Sion, Lausanne, Schaffhausen und Wohlen. Nun kümmert er sich um seinen vierjährigen Sohn Liam Cristian, macht das Trainer-B-Diplom, belegt einen Sportchef-Fernkurs einer rumänischen Sporthochschule und will nächstes Jahr ein Fitnessgerät importieren. «Ich bin stolz auf alles, was ich erreicht habe. Ich kam als 19-Jähriger in die Schweiz, alleine, sprach kein Deutsch, kannte keinen und habe mich durchgesetzt.»
In Bellinzona und kurz in Sion ist Vladimir Petkovic sein Trainer. «Er und Rolf Fringer in Luzern waren meine besten Trainer. Offene Typen.» Dass Petkovic ein anderes Image habe, sei dem Druck geschuldet, den er als Nati-Trainer habe. «Privat ist er lockerer.»
Zuletzt hatten sie vor dem Schweizer WM-Auftakt gegen Brasilien Kontakt. «Ich habe ihm am Tag vor dem Spiel viel Glück gewünscht. Er schrieb 20 Minuten vor Spielbeginn zurück.»
Petkovic und Gross wollen ihn auch zu YB holen. Beide allerdings sind entlassen, ehe sich die Deals konkretisieren. Lucien Favre denkt als FCZ-Trainer über ihn nach – zieht dann aber Raffael vor. Und auch aus der Bundesliga gibts zwei Angebote, eines von St. Pauli. Doch der FCL verlangt fünf Millionen. Zu viel!
Auf Yakin nicht mehr böse
So gut wie da ist Ianu später nicht mehr – er bricht sich bei einem Zusammenprall mit FCB-Goalie Franco Costanzo das Schienbein, fällt Monate aus. Fringer-Nachfolger Murat Yakin hat im Angriff andere Pläne – Ianu, ein Strafraumstürmer, eine klassische Neun, hat keinen Platz darin. «Als ich mal spielen durfte, schoss ich gegen Lausanne zwei Tore. Eine Woche später war ich wieder 90 Minuten Ersatz.»
Böse auf Yakin sei er aber nicht – richtig ist wohl: nicht mehr. Auch nicht auf Markus Babbel. Er wünschte bei seinem zweiten Engagement in Luzern, dass Ianu mehr mitspiele, sich mehr aus der Spitze fallen lasse. «Aber das bin nicht ich», sagt Ianu. Dass er sich darum um einen Platz brachte, kümmerte ihn nicht. «Ich bin, wie ich bin: direkt, ehrlich.» Und auch den schönen Seiten des Lebens gewogen. Ianu schmunzelt. «Ja. Aber ich war immer seriös genug.»
Als Aarau-Knipser zecht er eine verschneite Nacht durch, weil er glaubt, das Spiel falle aus. Tut es nicht. Ianu trifft tags darauf beim 3:1 gegen St. Gallen trotzdem.
147 Super-League-Spiele sinds geworden und 45 Tore, eine Liga tiefer 81 Treffer in 177 Partien. Wäre er jünger, wäre er noch heute einer der besten Super-League-Stürmer – da ist er sicher. «Wo sind die Top-Stürmer? Streller, Doumbia – das waren Stars. Auch heute sind einige gut. Aber echte Stürmer-Stars? Ich sehe keine.» Auch Auslandstransfers seien heute ein Leichtes. «Nehmen wir nur Dwamena. Er macht 8, 10 Tore – und nun ist er in einer grossen Liga.»
Hätte auch Ianu haben können. Nun ruft das Training mit Muri. Er steht auf und sagt: «Aber ich hatte Pech und war nicht clever genug.»
An Letzteres erinnert ihn zur Not seine Frau Leyla.