Das Notizbuch füllt sich. Joe Zinnbauer reicht die erste Halbzeit nicht, um alles aufzuschreiben. Der neue St. Galler Trainer sitzt nach dem Pausenpfiff noch lange mutterseelenalleine auf der Bank und kritzelt seinen Block voll.
Kein Wunder: Wenn das Spiel läuft, konzentriert sich Zinnbauer voll aufs Geschehen. Er steht im Anzug in der Coachingzone. Er lebt bei jeder Szene mit. Schreit Anweisungen aufs Feld wie: «Nachschieben!» Er feuert sein Team an. Sein Team, das er erst seit vier Tagen trainiert.
Bei der Aufstellung geht Zinnbauer bei seiner Premiere auf Nummer sicher. Von zweiter Garnitur ist im Cupspiel gegen Breitenrain keine Spur. Yannis Tafer spielt neu als Stürmer. Er dankt es mit zwei Toren vor der Pause. Dabei bleibts. St. Gallen siegt sicher 2:0.
Ein glanzloser Pflichterfolg gegen den Berner Quartierverein, der in der Promotion League sieglos Letzter ist. Nach dem Seitenwechsel machen die Espen wenig, um dem Debüt des neuen Trainers Glanz zu verleihen. Weil die Gäste kaum Gas geben, darf Breitenrain vor der tollen Kulisse von 3500 Zuschauern munter mitspielen. Ein Tor lässt Cup-Goalie Marcel Herzog aber nicht zu.
Zinnbauer sagt danach: «Ich bin zufrieden mit dem Auftritt. Der Gegner hat sehr gut und bissig gespielt. Unser Problem war, dass wir das dritte Tor nicht gemacht haben.» Vor einem Jahr gab er sein Bundesliga-Debüt – jetzt in der Schweiz kommt er im Berner Breitenrainquarter («Breitsch») auf dem Sportplatz Spitalacker, dem «Spitz», zur Premiere.
Ein Kulturschock? Zinnbauer schmunzelt und sagt: «Aus der dritten Liga in Deutschland bin ich mir schon anderes gewohnt. Hier war der Gegner bei diesem schwachen Flutlicht am Schluss im Vorteil.»
Breitenrain-Sportchef Christoph Schöbi trauert einem Ehrengoal nach. Er sagt sogar: «Wir haben den Gegner an die Wand gespielt. Aber mit Zinnbauer kam bei St. Gallen das Glück.»
Ob der Deutsche mehr Glück hat als Saibene, wird sich erstmals wirklich am Dienstag gegen Thun zeigen.