Goalie-Legenden Engel und Grob
«Der Cupsieg ist das Schönste»

Cupheld trifft Cupheld! Karl Engel coachte Lugano 1992 zum Titel. Und Karl Grob holte mit dem FCZ gleich viermal die Trophäe. Die Goalie-Legenden vor dem heutigen Cupfinal über Duelle, Freundschaften und Niederlagen.
Publiziert: 28.05.2016 um 20:30 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 13:46 Uhr
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Karl Engel (l.) und Karl Grob im Gespräch.
Foto: BENJAMIN SOLAND
Michael Wegmann (Interview) und Benjamin Soland (Fotos)

Sind die Tore grösser geworden? Oder ich noch kleiner?», fragt Karl Grob (69) und schaut zur Latte hoch. Die Goalie-Legende des FC Zürich sitzt zusammen mit Karl Engel (63) fürs BLICK-Cupfinal-Extra auf der Torlinie. Grob ist bloss 1,73 Meter gross. Muss kein Nachteil für einen Goalie sein, ­findet Grob. «Ich war dafür viel schneller am Boden.»

Für Engel ist und bleibt Grob ­einer der Grössten aller Zeiten. «Karli war seiner Zeit 30 Jahre voraus», sagt Engel. Der gebürtige Innerschweizer, der mittlerweile im Tessin lebt, weiss, wovon er spricht. Der 26-fache Nati-Goalie gewann die Meisterschaft und zweimal den Cup mit Ser-vette, und 1992 wurde er auch als Trainer mit Lugano Cupsieger.

Es blieb der letzte Triumph der Tessiner bis heute. Engel schmunzelt. «Stell dir vor», sagt er zu seinem Namensvetter, «wir zwei zusammen im Tor! Du auf der Linie und ich im Strafraum ...»

Karli und Kari gehörten in den 70er- und 80er-Jahren zu den ­besten Goalies des Landes. Zusammen gespielt haben sie nie. Gegeneinander unzählige Male – einmal auch in einem Cupfinal!

Karl Engel: Karli, wegen dir bin ich übrigens nicht beim FCZ ­gelandet!
Karl Grob: Warum?

Engel: Ich war erst 17, als plötzlich Stumpen-Nägeli, der legendäre FCZ-Präsident, im Wohnzimmer meines Elternhauses in Ibach stand. Er wollte mich ­verpflichten. Ich habe schweren Herzens abgesagt, weil du da im Tor standest. Ich wusste, beim FCZ wäre ich über Jahre hinaus die Nummer zwei. Kurz darauf habe ich zu Luzern gewechselt und gespielt.

Gab es an Grob denn kein ­Vorbeikommen?
Engel:
Nein. Bei ihm sah alles so einfach aus. Ich machte viel mit meiner Kraft, Karli hingegen war ein Künstler. Er war mit den Füssen derart versiert, er hätte in jedem Verein der Schweiz auch als Feldspieler spielen ­können.
Grob: Ich spielte ja auch früher beim FC Küsnacht in der 1. Liga als linker Flügel.

Und warum wurden Sie ­Goalie?
Grob:
Als unsere Goalies verletzt waren, fragte der Trainer, wer ins Tor will. Und da es mir egal war, wo ich spiele, habe ich mich gemeldet. Wenige Spiele später hat mich der Stumpen-Nägeli von Küsnacht abgeworben, und dann stand ich 20 Jahre im ­FCZ-Tor.

Wie ist es, wenn Sie solche Komplimente von einem ­ehemaligen Konkurrenten ­hören, Herr Grob?
Engel:
Wir waren nicht direkte Konkurrenten. Ich bin sechs Jahre jünger.
Grob: Es ist trotzdem schön, Kari! Ich muss dir auch noch was ausrichten ...
Engel: Was denn?
Grob: Einen Gruss von meiner Frau. Das hat einen speziellen Hintergrund. Als ich sie vor Jahren einmal fragte, ob ich eigentlich ihr Lieblings-Goalie gewesen sei, sagte sie: «Nein. Ich schwärmte immer für den anderen Karl! Für den Engel.» Das hat mich ­damals schon ein wenig geärgert.
Engel: Und was hast du darauf geantwortet?
Grob: Ausgerechnet für die grösste «Pflusche!»

Grob lacht und klopft Engel auf die Schulter. «War natürlich nur Spass. Kari war ein sehr guter Goalie. Er spielte während langer Zeit auf einem sehr hohen ­Niveau.»

Karl Grob, Sie standen von 1967 bis 1987 im Tor des FC Zürich, holten in der Zeit fünf ­Meistertitel und vier ­Cupsiege. Welche Titel bedeuten Ihnen mehr?
Grob:
Die Cupsiege waren emotionaler. Das ist in meinen ­Augen der tollste Wettbewerb. Siegen oder Fliegen. Das Schönste im Schweizer Fussball ist der Cupsieg. Das Schlimmste ist, einen Final zu verlieren.

Das haben Sie nur einmal ­erlebt.
Grob:
1976 gegen Lausanne. Und genau den hätten wir nie verlieren dürfen. Wir waren besser, führten durch ein Tor unseres ­Liberos Heinz Lüdi. Doch nach seinem Treffer wollte Heinz nur noch stürmen, und wir verloren noch 3:4.
Engel: Hast du ihn nicht zurückbeordert?
Grob: Doch. Aber Heinz war Heinz. Der hörte nur, was er wollte.

Karl Engel, Sie standen als Spieler viermal in einem Final.
Engel:
Meine Bilanz ist ausgeglichen. Den ersten Final verlor ich aber ausgerechnet gegen Karli und seinen FCZ. Ich gebe Karli übrigens recht, der Cupsieg ist von den Emotionen her nicht zu übertreffen. Doch noch schlimmer, als den Final zu verlieren, ist es, den Halbfinal zu verlieren.

Warum?
Engel:
Weil man so kurz vor dem Ziel ist und dann doch nicht mitmachen kann bei der grössten Fussball-Party.

Was hat sich im Fussball seit Ihrer Aktivzeit noch ­verändert?
Engel:
Das Tempo. Wenn ich alte Aufnahmen von uns sehe, schäme ich mich fast, wie langsam da alles zu- und herging!
Grob: Die Professionalität und der Lohn. Ich habe damals den halben Tag im Baugeschäft ­Crivelli gearbeitet. Nur mit Fussballspielen wäre ich nicht über die Runden gekommen.
Engel: Ich war am Anfang noch Lehrer.

Weder Engel noch Grob haben je im Ausland gespielt. Engel ist ­immerhin in der Schweiz herumgekommen, spielte bei Luzern, Servette, Xamax und Lugano. Er bestellt das Essen auf Italienisch, redet mit seinem Sohn am ­Telefon französisch und wechselt ohne Probleme im Gespräch mit Grob auf Dialekt.

Grob: Mein Baustellen-Italienisch von früher ist ein wenig eingerostet. Bestellen könnte ich aber noch.

Sie spielten mit Ausnahme der letzten Saison in Biel nur beim FCZ. Weshalb?
Grob:
In der Schweiz gab es für mich keinen Grund zu wechseln. Und als ich ein tolles Angebot aus England auf dem Tisch hatte, hab ich es abgelehnt. Meine Mutter war damals schwer krank, ich wollte sie zusammen mit meinem Bruder pflegen.

Karl Engel, Sie sind der letzte Cupsieger-Trainer von Lugano. 1993 gabs gleich ein 4:1 gegen GC.
Engel:
GC hatte damals eine Wahnsinns-Mannschaft. Uns ­gelang ein perfektes Spiel.

Wie gross ist die Chance, dass Lugano den FCZ bezwingt und Zdenek Zeman Sie ablöst?
Engel:
Die Chance steht bei 50 Prozent. In einem Final gibt es keine Favoriten. Egal, wer gegen wen spielt.

Lugano unter Zeman ist top oder ein Flop. Es könnte auch eine historische Cupfinal-­Klatsche geben.
Engel:
Auch das ist möglich. ­Lugano spielt das Zeman-System. Totale Offensive ohne Kompromisse. Das wusste Präsident Renzetti bereits, als er ihn einstellte.

Sie selbst scheinen nicht ohne Fussball leben zu können. Erst Goalie, dann Trainer. Und seit vier Jahren sind Sie Präsident von Mendrisio.
Engel:
Das könnte man meinen. Ich arbeite noch nebenbei – mein Pensum ist wirklich nicht gerade klein. Ehrlich gesagt weiss ich nicht, wie man Präsident eines Superligisten in ­einem Nebenamt sein kann!

Und Sie, Herr Grob, haben Sie mit Fussball abgeschlossen? Warum haben Sie nach Ihrem Rücktritt als Vertreter gearbeitet und wurden nicht Trainer?
Grob:
Ich habe so lange gespielt. Irgendwann war dann auch ­genug. Trainer zu sein, hat mich nie gereizt.

Sie tippen wohl auf einen FCZ-Sieg!
Grob:
Ich hoffe, dass der FCZ ­gewinnt. Aber ich sehe es gleich wie Kari – alles ist offen. Es wird ein Fussballfest!

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