Es ist das Spiel dieser ersten Cuprunde mit dem grössten Sensationspotenzial: Da der SC Cham, letzte Saison Zweiter in der Promotion League. Diese Saison mit einem 2:1 gegen Sion 2 glänzend gestartet. 14 Spieler mit FCL-Vergangenheit. Dort Cupsieger Luzern, drei Super-League-Spiele, null Siege. Zweitletzter. Zwei Europacup-Spiele, zwei 0:3-Klatschen gegen Feyenoord Rotterdam. Nichts ist gut im Moment.
Die Differenz zwischen den beiden Klubs ist in Ligen ausgedrückt: zwei. Aber … Da liegen im Moment eigentlich nur die Teams der Challenge League dazwischen. Also so gut wie nichts …
Trainer Schwegler hält den Ball sehr flach
Roland Schwegler muss schmunzeln. Der Chamer Coach hält den Ball ultraflach. «Luzern kann auch mit einer halben B-Elf kommen. Die Differenz ist immer noch gross. Wir sind Amateure.» Weshalb der Ex-GC-Star Vergleiche mit den Cupsensationen in Deutschland nur bedingt zulässt. Die 3. Liga ist dort eine Profiliga. Und selbst in den Regionalligen herrschen mindestens halbprofessionelle Strukturen.
Und doch. Schaut man sich beispielsweise die Vita von Cham-Mittelstürmer Célien Wicht (23) genau an, merkt man: Zumindest geistig sind das keine reinen Amateurkicker, die sich da im Zugerland tummeln. Wicht stammt aus Bassecourt JU. Er gilt in seiner Heimat als Riesentalent. Mit 14 gibts für ihn nur noch Fussball. Er wechselt zu GC und lebt auf dem Campus. Er macht alle Juniorenteams durch. U15 bis U21. Da ist er unter Boris Smiljanic gar Captain. Er wechselt in die Challenge League zu Rapperswil-Jona, spielt dort aber selten und wird nach Cham ausgeliehen. Erst dort nimmt sein Leben eine Wendung weg vom Fussball.
Célien findet seinen zweiten Traumjob
«Bei Rappi gaben sie mir die Möglichkeit, ein Leben quasi als Profi zu führen», erinnert sich der sympathische jurassische Junge. «Die Wohnung wurde mir zur Verfügung gestellt, und beim Hauptsponsor des Klubs konnte ich gratis essen. So kam ich mit meinem kleinen Lohn durch.» Als er nach Cham ausgeliehen wird, gibts das alles nicht mehr. «Ich musste mir einen Job suchen, schrieb Tausende Bewerbungen als Logistiker, weil ich diese Lehre gemacht hatte. Aldi, Migros, Coop. Alle. Das Resultat? Frust pur. Nichts!» Aber sein Berater kennt den Chef eines neuen Cafés in der Stadt Zug namens Frech. Dort darf Célien mal eine Woche jobben. Als Aushilfe. «Nie hätte ich gedacht, dass ‹normales› Arbeiten so viel Spass machen kann», sagt er. Und wird mit Leib und Seele Barista. Er belegt einen Kurs, kriegt eine 80-Prozent-Anstellung und will demnächst eine vertiefte Ausbildung zum Barista machen. Und, Ironie des Schicksals: Zu seinem Kunden gehören auch die FCL-Stars Pascal Schürpf – er vor allem, weil er in Zug gleich um die Ecke wohnt –, aber auch Marius Müller und Marvin Schulz. «Wäre das toll, wenn die das nächste Mal hierherkommen – und mir gratulieren müssten …»
Steffen, Fasi und Chagas
Den Traum vom Profi-Fussballer hat Célien gleichwohl nicht endgültig beerdigt. «Wir Jurassier geben niemals auf! Ich habe die Karrieren von Renato Steffen, Christian Fassnacht oder Mychell Chagas genau vor Augen. Letzterer wurde ja mit 29 erst Profi bei Servette.»
Helfen kann ihm da auch sein bester Kumpel: Der gleichaltrige YB-Crack Cédric Zesiger, mit dem er die meiste Zeit auf dem GC-Campus verbracht hat. «Wir unternehmen viel gemeinsam. Er kommt mal nach Cham, ich gehe mal nach Bern. Und die Vorbereitung in der Corona-Zeit habe ich bei ihm in Muri bei Bern gemacht, und dies nach dem YB-Programm. Deshalb bin ich so fit wie noch nie!»
Die drei FCL-Kunden des Barista fehlen
Das soll nun der FCL zu spüren bekommen. Célien ist sich sicher, dass der angezählte grosse Innerschweizer Bruder nicht mit der B-Mannschaft auflaufen wird. «Die brauchen ganz dringend einen Sieg. Aber sie dürfen nicht denken, dass es einfach werden wird in Cham.» Auch nicht die drei Kunden des Barista …*
(Allerdings fehlen Schürpf und Müller in Cham verletzt, Schulz ist gesperrt.)