Der Sitzstreik von 1967
Beim Cup-Final im Wankdorf zwischen Basel und Lausanne steht es 1:1, als FCB-Stürmer Helmut Hauser in der 88. Minute zum Kopfball hochsteigt und nach einem Duell mit André Grobéty kurz darauf theatralisch zu Boden geht. Schiedsrichter Karl Göppel pfeift Penalty. Die Proteste der Waadtländer sind heftig, bleiben aber chancenlos. Damals gab es noch keinen VAR. Der vermeintlich gefoulte Hauser verwandelt selbst zum 2:1.
Was dann folgt, ist einmalig. Mehrere Lausanne-Spieler initiieren einen Sitzstreik, weigern sich, weiterzuspielen. Karl Rappan, der erfolgreichste Trainer der Cupgeschichte (8 Titel mit GC und Servette), hatte sein Team angewiesen, das Spiel nicht fortzusetzen. Göppel bricht das Spiel ab, der Final wird mit 3:0 forfait für Basel gewertet.
Der ewige Final von 1948
Das Duell zwischen La Chaux-de-Fonds und Grenchen muss gleich drei Mal ausgetragen werden, denn damals gibt es bei einem Unentschieden nach Verlängerung noch ein Wiederholungsspiel. 1. Spiel: 2:2 n.V., 2. Spiel: 2:2 n.V., 3. Spiel: 4:0. Dieses findet wegen Terminschwierigkeiten erst drei Monate nach dem ersten Final und nicht mehr in Bern, sondern in Lausanne statt.
Die Entscheidung fällt, als die beiden Nationalspieler «Kiki» Antenen und Willy Kernen einen Doppelpack vollenden und von der 73. bis zur 79. Minuten von 1:0 auf 4:0 für die Neuenburger stellen.
1984 werden die Regeln geändert. Das Penaltyschiessen wird eingeführt.
Das Penalty-Spektakel von 1997
Bis ein Final im Penaltyschiessen entschieden wird, dauert es 13 Jahre. Dabei bietet das Duell zwischen Sion und Luzern eigentlich schon davor genug Spektakel.
Die Walliser gehen durch Frédéric Meyrieux und Alain Gaspoz zweimal in Führung. Zweimal gleicht der FCL durch Stefan Wolf und Ludwig Kögl aus. In der 68. Minute bringt der jetzige Präsident Wolf die Luzerner mittels Penalty erstmals in Führung. Doch Sion gelingt durch Vladan Lukic – ebenfalls vom Elfmeterpunkt – das 3:3.
Am Schluss braucht es zwölf weitere Penaltys, um den Final zu entscheiden. Die ersten acht Schützen sind erfolgreich. Doch dann scheitern Gürkan Sermeter sowie Agent Sawu an Sion-Goalie Stephan Lehmann. Auf der anderen Seite vergibt zwar Roberto Assis, doch Yvan Quentin macht dann alles klar.
Der Wahnsinn vom Hardturm 2004
Das Resultat des legendären Zürcher Derby-Halbfinals wird später zum Namen eines GC-Podcasts und -Fanlokals, das 2019 wegen Attacken von FCZ-Fans geschlossen wird: «Sächs Foif».
In der 63. Minute schiesst Cesar den FCZ 5:2 in Führung. Der brasilianische Debütant klettert den Zaun hoch. Als er wieder unten ist, zeigt ihm Schiedsrichter Urs Meier die zweite Gelbe Karte und schickt ihn unter die Dusche. «Ich war total überrascht, in Brasilien ist es absolut normal, ein Tor so zu feiern», sagt Cesar.
GC stellt das Spiel darauf auf den Kopf. Eduardo gelingt wie FCZler Daniel Gygax ein Hattrick. Der Brasilianer trifft in der 83. und 89. Minute, ehe Mladen Petric in der 92. Minute das 5:5 erzielt. Hoppers-Fans, die den Hardturm bereits geknickt verlassen haben, kehren zurück und sehen, wie Richard Nuñez in der Verlängerung das 6:5 gelingt. Dabei bleibt es: Auch weil Meiers Pfeife kurz vor Schluss stumm bleibt, als FCZ-Verteidiger Alain Nef umgerissen wird. «Ja, es war Penalty», sagt Meier tags darauf.
Wils Sternstunde 2004
Der dramatische Halbfinal-Sieg gegen den Stadtrivalen hat für GC einen bitteren Nachgeschmack. Im Final verliert der Rekord-Cupsieger (19 Titel) gegen Underdog Wil. Die Ostschweizer gehen früh durch den Brasilianer Rogerio in Führung. Doch dann wenden Ricardo Cabanas und Richard Nuñez das Blatt. Wil kann vor der Pause wieder ausgleichen. Fabinho trifft per Penalty.
Wie im Halbfinal ist es ein Platzverweis, der Einfluss auf den Ausgang des Spiels hat. Schiedsrichter Guido Wildhaber bleibt nichts anderes übrig, als Mihai Tararache vom Platz zu stellen, weil sich der längst verwarnte Rumäne ein weiteres Mal ein grobes Foul leistet. GC-Trainer Alain Geiger hat es verpasst, das Raubein rechtzeitig vom Platz zu nehmen.
Wil nutzt die Gunst der Stunde. Fabinho gelingt das 3:2. Der Aussenseiter feiert ein rauschendes Fest. Weil man nicht mit einem Erfolg gerechnet hatte, steht weder Champagner noch Bier in der Garderobe bereit. Verlierer GC hilft aus. Sechs Wochen darauf steigt Wil ab.
Amateur-Klub im Halbfinal 1999
Wenn Amateure auf Profis treffen, ist eigentlich klar, wer gewinnt. Manchmal kennen die Favoriten keine Gnade und sorgen für ein Schützenfest. 2017 stellt Xamax mit dem 21:0 gegen Union Sportive Montfaucon einen Rekord auf. Der jurassische 5.-Liga-Klub hatte sich via Fairplay-Wertung für den Cup qualifiziert.
Doch Überraschungen gibt es auch. Besonders denkwürdig ist der Sieg von Buochs 2014. Die Innerschweizer aus der fünftklassigen 2. Liga interregional bodigen YB (1:0) und schaffen den Vormarsch in den Viertelfinal.
Ein eindrücklicher Cup-Lauf gelingt Red Star (1. Liga) 1999. Die Zürcher stürmen mit Siegen gegen Baden (4:3 n.V.), die NLB-Klubs Chiasso (3:0) und Yverdon (2:1) sowie NLA-Vertreter Lugano (2:1) in den Halbfinal. Dort ist für die Mannschaft von Trainer Jürgen Seeberger im Letzigrund GC aber einige Nummern zu gross – 0:7.
Der unterklassige Cup-König von 2006
Den Pott holte nur einmal ein unterklassiges Team. Und wer anders als Cup-Spezialist Sion (13 Titel, 14 Finals) könnte es gewesen sein? Begünstigt wird der Sieg der Walliser durch eine Tätlichkeit von Steve Gohouri, für die der YB-Verteidiger bereits nach einer halben Stunde Rot sieht. So müssen die Berner, die durch Carlos Varela früh in Führung gehen, in der zweiten Halbzeit durch einen Freistoss von Goran Obradovic das 1:1 hinnehmen.
Die Entscheidung fällt im Penaltyschiessen. Da lassen die Nerven einzig João Paulo im Stich. Der YB-Brasilianer trifft die Latte. Die Walliser, die später erst via Barrage den Aufstieg schaffen, bleiben makellos. Dabei hatten sie im Training noch versagt. «Ich sagte meinen Spielern spasseshalber: Wir dürfen einfach nicht ins Elfmeterschiessen», sagt Trainer Christophe Moulin.
Der Trainer-Rücktritt in der Pause von 2006
Die Ruhe im Wallis hält nach Cupsieg und Aufstieg nicht lange. Obwohl Sion punktgleich mit Leader GC an der Tabellenspitze steht, sagt der neue Trainer Nestor Clausen der Mannschaft in der Pause des Cup-Spiels in La Chaux-de-Fonds, dass er zurücktreten werde. 0:1 liegt sein Team zu diesem Zeitpunkt gegen den Challenge-Ligisten hinten. Er habe sein Team wachrütteln wollen, wird der impulsive Argentinier mit Walliser Wurzeln, der 1986 Weltmeister wurde, später sagen.
Sion dreht das Spiel, gewinnt 3:1. Doch für Clausen gibt es kein Zurück mehr. Das Tischtuch mit Christian Constantin ist zerschnitten. «Wäre Constantin nicht in der Kabine gesessen, das Team und ich hätten alles für uns behalten. Aber der Präsident musste alles ausplaudern, um mich unter Druck zu setzen», sagte Clausen der «NZZ».
Constantin unterstellt dem Trainer Geldgier, während ihn Clausen deswegen als Lügner bezeichnet und sagt: «Niemand wusste, ob er der Präsident oder der Coach ist.» Und: «Ich bin nicht Constantins Sklave.»
Der Pokal als Opfergabe 2016
Ein Cup-Final ist in der Regel ein Volksfest, bei dem der Sieger losgelöst feiert. Nicht so 2016. Denn vier Tage vor dem Endspiel im heimischen Letzigrund ist der FCZ abgestiegen – und ein erboster Mob von vermummten Fans stürmte die Tribüne und versuchte, sich Zugang zum Kabinen-Trakt zu verschaffen.
Die Folge: Nach dem 1:0-Sieg der Zürcher im Final kommt es zu skurrilen Szenen. Es gibt keine ausgelassene Feier. Captain Gilles Yapi und Urgestein Alain Nef stellen den Pokal wie eine Opfergabe vor der Südkurve ab. Ganz getreu dem Motto, das die FCZ-Ultras auf die riesige Banderole gemalt haben: «Günned de Final, gönd hei und schämet oi wiiter».
«Wir wollten niemanden provozieren und dennoch den Fans den Pokal zeigen», erklärt Nef, der nach dem Abstieg bittere Tränen geweint hatte, die Aktion.
Der Goalie-Wechsel 2024
Eine der verrücktesten Cup-Geschichten ist noch ganz frisch. Im letzten Cup-Final gegen Lugano zaubert Servette-Trainer René Weiler kurz vor dem Penaltyschiessen den 1,97 Meter grossen Joël Mall aus dem Hut und schickt ihn für Goalie Jérémy Frick aufs Feld.
Der Poker geht voll auf. Der Aargauer mit elf Länderspielen für Zypern wird beim dramatischen Penalty-Marathon mit 24 Versuchen zur grossen Figur. Er pariert die Elfer von Renato Steffen, Albian Hajdari sowie Lukas Mai und trifft dazwischen selbst.
Mall hatte sich davor in den Katakomben des Wankdorfs warm gemacht. «Wir wollten nicht, dass Lugano etwas mitbekommt», sagt er später.