Vielerorts ruht der Sport! Aber nicht bei uns. Um Ihnen die Zeit zu überbrücken, blicken wir in unserer BLICK-Serie zurück auf grosse Schweizer Sport-Momente.
Das markante Gebäude an der Route d’Italie ausserhalb von Sion zieht die Blicke des Betrachters mit seiner schuppenartigen Ummantelung fast automatisch auf sich. Das hier ist das Reich des guten Weins. Des Bonvin. Zumindest eines Repräsentanten davon: Christophe Bonvin. Ex-Profi-Fussballer. Heute Wein-Bortschafter für das Weinhaus Bonvin. Ohne mit den Firmen-Namensgebern verwandt oder verschwägert zu sein.
Rückblende. 1995 ist Bonvin auf dem Gipfel seines fussballerischen Schaffens. Die Schweiz erreicht erstmals eine EM-Endrunde. Und Bonvin wird Teil des Kaders von Artur Jorge. Kurz zuvor steigt in Bern der 70. Cupfinal. Cupmonster Sion mit der Gallier-Mentalität aus den Asterix-Büchern gegen das alles überragende Team damals aus Zürich: GC! 7 Titel in 14 Jahren.
Vier Cupsiege mit dem FC Sion
«Als ich als 17-Jähriger erstmals Heinz Hermann in den Katakomben eines Stadions kreuzte, wusste ich: Jetzt bist du im grossen Fussball angekommen», erinnert sich Bonvin. «Der emblematischste Spieler seiner Zeit. Im GC-Dress, natürlich! Die waren fast unschlagbar. Wenn du in den Hardturm musstest, warst du froh, wenn du nicht 0:4 eingingst.»
Ans Spiel selber, das Sion mit 4:2 gewinnt, hat Bonvin nicht viel Erinnerungen. «Ausser, dass Ahmed Ouattara spielte wie ein Ausserirdischer. Keine Ahnung, was die dem zu essen gegeben hatten.» Doch die Zeit vor und nach dem Spiel ist dem Mann aus Riddes, der vier Cupsiege feiern durfte, umso mehr in Erinnerung geblieben. «Vor einem Cupfinal bist du in einer Art Camp. Denn es ist das einzige Spiel, das man nicht verlieren darf. Niemals! Ausgeschlossen! Da werden alle Gesetze ausser Kraft gesetzt.»
Und dann danach! «Ouattara weinte hemmungslos auf dem Rasen. Ich sagte ihm: Hey, der zweitschönste Moment kommt erst noch. Wenn Du nämlich den Pokal in Händen hältst. Doch alles wird geschlagen von der Parade in Sion, wenn du im offenen Wagen auf die Avenue de la Gare einbiegst und die gesamte Strasse von Menschen übersät ist.» Ouattara soll weiter geflennt und gesagt haben: Das sei schöner, als Präsident der Elfenbeinküste zu werden.
Lehre in der Weinbranche
1997 hört Bonvin auf und pausiert einen Monat. Unterstützt ein Wohltätigkeitsprogramm in Angola. Steigt danach in der Weinbranche ein. Zuerst macht er eine dreijährige Lehre. Dann geht er dorthin, wo er seine Berufung glaubt: Zum ältesten Walliser Weinproduzenten: Bonvin – Les Domaines 1858. «Die Geschichte. Der Name. Ich musste dahin. Und ich werde meine Karriere hier beenden. So, wie ich das mit dem FC Sion tat. Mit dem Double.»
Fussball und Wein? «Klar. Im Fussball teilt man die Siege mit den Fans. Mit Wein teilt man schöne Momente. Man lernt Leute kennen. Man degustiert gewissermassen das Leben. Kurzum: Wein bereichert.»
Und der FC Sion? Wie bereichert der im Moment das Leben? «Pfff», sagt Bonvin. «Kompliziert! Anfang Saison ist die Euphorie riesig. Schon bald ist aber nichts mehr super. Eigentlich sollte nicht im Zentrum stehen, ob man Vierter oder Achter wird. Meister wird Sion wohl nie mehr. Man soll vor allem wegen der gesellschaftlichen Komponente ins Stadion gehen. Wenn Sion gewinnt, freut man sich mit dem Team. Wenn nicht, erfreut man sich an einem Glas Wein. So ist es bei meinem 85-jährigen Vater, der Jahr für Jahr kein Saisonabo mehr lösen will. Und es doch immer wieder macht.»
Wer diesen Virus eingefangen hat, der wird ihn nicht mehr los. Beim Wein ist es dasselbe. Für einen Bonvin erst recht.
Und wie gut sind die «guten Weine» von Bonvin? Die Geschichte des ältesten Weinhauses des Wallis und die Verkostungsnotizen unseres Weinexperten finden Sie hier.