Polizisten-Pöbler, Playmate-Liebhaber, Meistermacher
Das verrückte Leben von Juve-Coach Allegri

Massimiliano Allegri (49) gibt gerne den Unscheinbaren. Doch der Erfolgscoach von Juventus Turin war nicht immer so. BLICK erklärt, wie Max tickt.
Publiziert: 19.04.2017 um 18:50 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:11 Uhr
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Der starke Mann in Turin: Massimiliano Allegri (49) lässt die Alte Dame blutjung erscheinen.
Foto: AP
Ernst Kindhauser

Er war der typische Bambino-Kicker: faul, hochmütig, aufbrausend. Verschleuderte sein Talent, hinterliess abseits des Stadions verbrannte Erde. Heute zeigt er eindrücklich, dass Besonnenheit der Schlüssel zum Erfolg ist. Ein Meistertrainer, der gentlemanlike an der Seitenlinie steht, Kritik gelassen und humorig kontert. Seine Skandalakte? Ein weisses Blatt.

Die Rede ist von Massimiliano Allegri (49), dreifacher Gewinner des Scudetto. Sein Aufstieg auf die grosse Fussballbühne gleicht einem Wunder. Man fragt sich, ob «Max», so nennen sie ihn in Italien, lieber Kreide statt Pasta isst – oder eine spektakuläre Metamorphose hinter sich hat.

Am Mittwoch im Camp Nou will Max sich revanchieren für die härteste aller Niederlagen – das 1:3 im Finale Grande 2015 gegen Messi und Co. Die Chancen stehen gut nach dem 3:0 im Hinspiel. Barça gleicht einer abgehangenen Diva, die Juve hascht nach dem Momentum, ready to win.

Trotzdem ist Juves Allenatore ausserhalb Italiens kaum bekannt. Mag sein, weil sein Fussball keinen eigenen Namen trägt. Max sammelt Titel und spielt das unscheinbare Mäxchen, sodass man ihn zu unterschätzen neigt.

«Seine Entwicklung überrascht mich», sagt ein Weggefährte. «Er ist gereift, komplett anders denn als Spieler.» Allegri stammt aus Livorno, der Wiege des italienischen Kommunismus. In Interviews betont er gern, kein Linker zu sein, so sehr, dass dies als Lippenbekenntnis rüberkommt. In Livorno reichts zum Lokalhelden, ein schlaksiger Regisseur mit Potenzial. Milan unter Fabio Capello testet ihn, winkt aber ab. «Er war faul», sagt der Weggefährte, «wäre er reifer gewesen, er hätte Karriere gemacht.»

Die Braut lässt er am Altar stehen – eine «Eingebung»

Max kickt in den Niederungen des Calcio, liefert aber Schlagzeilen auf dem Boulevard. Seine Heirat bläst er kurzerhand ab, obschon der Pfarrer bestellt ist, die Kirche geschmückt, das Festmahl bezahlt, die Hochzeitsreise gebucht. «Ich folgte einer Eingebung», sagt er. «Wie ein Trainer, der aufstellen muss.»

Seine Spielerkarriere endet so trostlos wie seine Trainerkarriere beginnt. Nach einem Verbalgefecht mit Carabinieri wird er zu drei Monaten Knast und 3400 Euro Busse verurteilt. Obwohl die Richter letztinstanzlich Milde walten lassen, bleibt Max polizeinotorisch. Er gerät in eine Kontrolle, kassiert 36 Euro Busse, weigert sich aber, zu zahlen. «Halts Maul, du Scheiss-Süditaliener», beschimpft er den Polizisten. «Du wirst entlassen! Sag mir, wie du heisst und wo du wohnst, dann schicke ich jemanden vorbei!»

Max verschwände im Orkus des Vergessens, würde er nicht als Trainer durchstarten. Er hievt Sassuolo in die Serie B, Cagliari schwebt mit ihm in den Himmel. Max aber strebt nach Höherem, Silvio Berlusconi erhört ihn. Zur Begrüssung fragt der Cavaliere, ob er denn wirklich Kommunist sei. Allegri verneint, doch Freunde werden sie nie.

Ist auch nicht nötig, denn Max liefert, obschon er den Legenden Sacchi, Capello und Ancelotti nachfolgt. Er gewinnt auf Anhieb den Scudetto – Zeichen einer verblüffenden Verwandlung. Aus Mad Max wird ein Trainer von Welt.

«Man wird so geboren, dann entwickelt man sich», sagt er. Na ja, manchmal rastet er noch heute aus und fällt zurück in alte Muster. In einer TV-Show empört er sich über das Gerücht, er habe eine Geliebte: «Neben dem Rasen sorge ich mich um die Windeln meines Sohnes und um Claudia, meine grosse Liebe.» Pech, dass Paparazzi den Papà brava in flagranti erwischen mit 90-62-91 – auch bekannt als Playmate Gloria Patrizi (27). Maxens sportliche Erfolge tauchen die Affäre in ein mildes Licht. O bella Italia!

Auf dem Preisschild stehen 27 Millionen Jahreslohn

2014 heuert Allegri bei der Juve an, wieder reüssiert er. Sein Erfolgsgeheimnis umschreibt er wie ein moderner Teambilder: «Man muss für alle eine Rolle im Ganzen finden.» Zentral sei es, die Persönlichkeit der Spieler zu kennen. «Fussball ist überall gleich, die Menschen nicht. Man muss ihre Mentalität verstehen, um erfolgreich zu sein.»

Kein Wunder, versucht Allegri nie, einem Team den Stempel aufzudrücken, er ist ein Trainer-Pragmatiker, kein Konzept-Trainer. Ein ruhiger, akribischer Schaffer, womöglich der wichtigste Grund, warum man ihn unterschätzt. Seine Menschenkenntnis hilft, das Team zu entwickeln. Er wechselt, mitten in der Saison, das Spielsystem vom 3-5-2 zum 4-2-3-1. «Ich bin kein Theoretiker», gesteht er. «Aber mein Team brauchte einen Impuls. Wenn ich was entdecke, probiere ich es aus. Du musst nicht alle glücklich machen, aber überzeugt sein von dem, was du tust.»

Max macht mobil, zuletzt gegen Barça. Kein Vergleich zum verlorenen Final 2015, obschon Säulen wie Pirlo, Pogba, Vidal und Tevez die Juve verliessen. Damals lief sie Ball und Gegner hinterher, jetzt variiert sie Tempo und Aggressivität, wahrt nach Balleroberungen die Passpräzision. In der Königsklasse kassiert sie zwei Tore, sie beherrscht die Serie A, hat junge, hungrige Stars wie Dybala – ein auf höchstem Niveau perfekt abgestimmtes Ensemble.

Triumphiert Max gegen Messi und Co., springt er wohl eine Karrierestufe höher. Arsenal buhlt um ihn, Barça auch. Auf dem Preisschild stehen 27 Mio. Fr. Jahreslohn. Nicht schlecht für einen Unterschätzten.

Champions League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Liverpool FC
Liverpool FC
6
12
18
2
FC Barcelona
FC Barcelona
6
14
15
3
Arsenal FC
Arsenal FC
6
9
13
4
Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
6
7
13
5
Aston Villa
Aston Villa
6
6
13
6
Inter Mailand
Inter Mailand
6
6
13
7
Stade Brestois 29
Stade Brestois 29
6
4
13
8
OSC Lille
OSC Lille
6
3
13
9
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
6
9
12
10
Bayern München
Bayern München
6
9
12
11
Atlético Madrid
Atlético Madrid
6
4
12
12
AC Mailand
AC Mailand
6
3
12
13
Atalanta BC
Atalanta BC
6
9
11
14
Juventus Turin
Juventus Turin
6
4
11
15
SL Benfica
SL Benfica
6
3
10
16
AS Monaco
AS Monaco
6
2
10
17
Sporting Lissabon
Sporting Lissabon
6
2
10
18
Feyenoord Rotterdam
Feyenoord Rotterdam
6
-1
10
19
FC Brügge
FC Brügge
6
-2
10
20
Real Madrid
Real Madrid
6
1
9
21
Celtic Glasgow
Celtic Glasgow
6
0
9
22
Manchester City
Manchester City
6
4
8
23
PSV Eindhoven
PSV Eindhoven
6
2
8
24
GNK Dinamo Zagreb
GNK Dinamo Zagreb
6
-5
8
25
Paris Saint-Germain
Paris Saint-Germain
6
0
7
26
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
6
-3
7
27
FC Shakhtar Donetsk
FC Shakhtar Donetsk
6
-8
4
28
Sparta Prag
Sparta Prag
6
-11
4
29
SK Sturm Graz
SK Sturm Graz
6
-5
3
30
FC Girona
FC Girona
6
-6
3
31
FK Crvena Zvezda Belgrade
FK Crvena Zvezda Belgrade
6
-9
3
32
FC Salzburg
FC Salzburg
6
-15
3
33
Bologna FC
Bologna FC
6
-6
2
34
RB Leipzig
RB Leipzig
6
-7
0
35
SK Slovan Bratislava
SK Slovan Bratislava
6
-16
0
36
BSC Young Boys
BSC Young Boys
6
-19
0
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