Um Punkt 14 Uhr wartet Zé Eduardo am vereinbarten Treffpunkt in der Wiler Altstadt. Pünktlichkeit, sagt er, sei das Erste, was er in der Schweiz gelernt habe. In Brasilien nehme man es damit nicht so genau. Seit einem Jahr spielt Zé Eduardo in der Ostschweiz. Dabei galt er einst als eines der grössten Talente Brasiliens.
Ist Wil kein Rückschritt, für einen, der schon mit Neymar und im San Siro gespielt hat? «Nein», sagt Zé Eduardo, «es gibt viele Wege, die zum Erfolg führen. Manche sind kurz und geradlinig, andere sind verschlungen. Ich fühle mich wohl in Wil. Wir haben eine starke Mannschaft.»
Tatsächlich stehen die Wiler derzeit auf Platz 1 der Challenge League. Der einstige Chaos-Klub, der zwischen 2015 und 2017 mit dubiosen türkischen Investoren Europa erobern wollte, hat zur Vernunft zurückgefunden. «Ich war damals noch nicht dabei», sagt Eduardo, «aber natürlich gibt es in der Kabine immer noch den einen oder anderen Spruch über diese verrückte Zeit.»
Nicht ganz so verrückt, aber doch auch bemerkenswert verlief Eduardos Karriere. Mit 17 geht er zum brasilianischen Spitzenklub Cruzeiro. Ein Jahr später wechselt Eduardo zu Ajax Amsterdam. «Es war schwierig. Da kam sehr viel auf mich zu. Ich musste eine neue Sprache lernen, mich an eine andere Kultur gewöhnen. Eduardo geht zu Parma, «weil mir diese Kultur nicht ganz so fremd war».
Stärkste Brasil-Auswahl
2009 wird er für Brasiliens U20 für die Südamerikameisterschaft aufgeboten. Das Team gilt heute noch als stärkste Nachwuchsauswahl, die Brasilien je hatte: Neymar (PSG), Oscar (Ex-Chelsea, heute Shanghai), Danilo (ManCity), Casemiro (Real Madrid), Alex Sandro (Juve), Lucas Moura (Tottenham) und eben: Zé Eduardo.
Logisch gewinnen die Brasilianer das Turnier. Neymar wird Torschützenkönig. «Irgendwann haben wir angefangen, nach unseren Treffern ein Tänzchen aufzuführen», erzählt Eduardo. «Wir hatten ein super Team. Es war sehr lustig!» Lustig war auch der erste Kaderzusammenzug. Eduardo: «Ich war der einzige Spieler, der im Ausland engagiert war. Ich rückte als Letzter ein. ‹Hey, wir warten hier alle auf dich›, sagte Neymar, bevor wir uns in den Bus setzten. Ich musste ganz hinten Platz nehmen.»
Trotz des Titelgewinns gerät seine Karriere ins Stocken. Mit Parma verletzt er sich beim Auswärtsspiel gegen die AC Milan am Knöchel. Eineinhalb Jahre Pause. Er lässt sich in Brasilien behandeln, wechselt später zu Kreta, wo er im griechischen Cupfinal steht.
Von dort geht er zu Cesena, dann wieder zurück in die Heimat. «Als ich das Angebot aus der Schweiz erhielt, habe ich keine Sekunde gezögert. Ich wusste, dass ich immer noch auf hohem Niveau spielen kann.»
Wohin führt sein Weg als nächstes? Welche Ziele hat der Fussballglobetrotter noch? «Ich denke nicht an die Zukunft. Ich will heute meine beste Leistung zeigen», sagt Eduardo und schaut hoch zum Wiler Rathaus. Dann lacht er: «Doch ein Ziel habe ich. Ich will Deutsch lernen.»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Thun | 14 | 14 | 28 | |
2 | FC Etoile Carouge | 14 | 6 | 26 | |
3 | Neuchatel Xamax FCS | 14 | -3 | 22 | |
4 | FC Aarau | 14 | 5 | 21 | |
5 | FC Vaduz | 14 | -2 | 20 | |
6 | FC Wil | 14 | 4 | 18 | |
7 | FC Stade-Lausanne-Ouchy | 14 | 6 | 16 | |
8 | AC Bellinzona | 14 | -7 | 16 | |
9 | FC Schaffhausen | 14 | -5 | 15 | |
10 | FC Stade Nyonnais | 14 | -18 | 10 |