Philipp Muntwiler, 64 Prozent aller Profis haben sich in einer Umfrage für einen Meisterschaftsabbruch und gegen Geisterspiele ausgesprochen. Sie auch?
Philipp Muntwiler: Woher kommt diese Zahl?
Die Spielergewerkschaft hat eine Umfrage bei allen Profis durchgeführt.
Stimmt, ich habe mich aber nicht daran beteiligt.
Warum nicht?
Weil ich beim besten Wissen nicht weiss, was besser ist. Mir fehlen dafür zurzeit zig Informationen. Das Wichtigste ist aber, dass die Klubs einigermassen gesund aus dieser Situation herauskommen und ihr Betrieb am Laufen gehalten werden kann. Ich bin Angestellter des FC Wil. Das heisst, egal was die Verantwortlichen entscheiden werden, ich bin dabei. Aber ich bin schon auch froh, dass ich Fussballer bin und diesen Entscheid nicht fällen muss.
Würden Sie sich als Fussballer auf Geisterspiele freuen?
Sagen wir es so: Ich würde auch bei Geisterspielen rennen, grätschen und kämpfen. Das ist meine Fussball-DNA. Aber ohne Fans wäre es nicht mehr dasselbe. Ich brauche sie, um Höchstleistungen abrufen zu können. Fans spornen mich an, die eigenen und die gegnerischen.
Warum brauchen Sie die gegnerischen Fans?
Ich mag es, wenn wir ab und zu ausgepfiffen werden. Dann weiss ich: Wir machen einen guten Job, die Gegner verlieren die Nerven.
Hätten Sie bei Geisterspielen mehr Mühe, sich zu motivieren?
Als Fussballer rennst du auch für die Fans. Also ja, ich hätte mehr Mühe. In der Challenge League dürften Geisterspiele ohnehin problematischer werden als in der Super League.
Weshalb?
In der Challenge League wird diese Saison keine Mannschaft absteigen. Das bedeutet, dass es für alle Teams, die nicht mehr um Platz eins und zwei spielen, um Nichts mehr geht. Platz eins dürfte Lausanne auf sicher haben. Mehr als die Hälfte sind also Spiele, bei denen es um nichts mehr geht – und das noch vor leeren Rängen. Da können wir genauso gut auf dem Pausenplatz kicken.
Da gehts doch manchmal auch zur Sache.
Ja, für die Schüler. Aber ich kenne den Profifussball, ich bin seit 15 Jahren dabei. Ein Testspiel ist etwas komplett anderes als ein Ernstkampf. Da geht kaum ein Fussballer an die Leistungsgrenze, geschweige denn darüber hinaus. Man will sich hauptsächlich nicht verletzen.
Viele Experten befürchten, dass die Verletzungsgefahr bei so vielen Partien innert wenigen Tagen massiv steigen dürfte.
Das glaube ich auch. Wir kommen aus dem Lockdown und sollten innert wenigen Tagen von Null auf Hundert sein.
Haben Sie während des Lockdowns denn nicht trainiert?
Doch. Klar. Ich habe mehr oder weniger alle Übungen gemacht, die unser Athletiktrainer vorgegeben hat.
Mehr oder weniger?
Ja. Schon eher mehr als weniger. Aber ich muss ehrlich sein: Ich bin ein typischer Mannschaftssportler, ich brauche den Vergleich, den Wettkampf. Ich habe mehr Mühe, mich zu motivieren, wenn ich alleine bin. Mein innerer Schweinehund, den ich zu überwinden habe, ist wohl besonders gross. Die Ungewissheit, ob es wirklich weitergeht oder nicht, ist auch nicht hilfreich.
Dabei gelten Sie seit Jahren als Vorzeige-Kämpfer.
Den Fussballer, der jetzt zuhause total giggerig jede Übung macht und immer motiviert ist, müssen Sie mir erst zeigen. Die Spannung ist doch bei jedem längst weg.
Es gibt aber Fussballer, die behaupten, sie würden härter trainieren, als bei Normalbetrieb …
… jaja, sagen und tun ist nicht immer dasselbe. Aber ich kann nur für mich reden: Im Moment fühlt es sich an, als wäre die Saison gelaufen. Ich habe vor unserem Gespräch sogar kurz nachschauen müssen, auf welchem Platz wir in der Tabelle stehen. Das zeigt, wie weit die Spiele nun schon zurückliegen. Zuletzt haben wir im Februar gespielt.
Wil liegt auf Platz sechs.
Neun Punkte hinter dem Barrage-Platz. Es wird nicht einfach, aber unmöglich ist es nicht.
Ihr guter Kumpel Moreno Costanzo hat kürzlich im SonntagsBlick gemeint, dass es für routinierte Spieler nach der Corona-Krise schwierig werden dürfte. Weil den Klubs das Geld fehlt.
Mo ist ein kluger Mann, er wird schon richtig liegen (lacht).
Es gibt viele Leute, die sich über die Diskussion, ob weitergespielt werden darf, nerven. Sie glauben, es würde sich wieder einmal um eine Ausnahmeregelung für die Fussballer-Millionäre handeln.
Das liest und hört man oft, hat aber nichts mit der Realität bei uns in der Schweiz zu tun. Gerade in der Challenge League ist das Geld rar. Viele Klubs haben zu kämpfen und vor allem viele junge Fussballer leben sogar noch bei ihren Eltern, weil sie es sich nicht leisten können, alleine zu wohnen. Die Corona-Pandemie wird die Situation noch verschärfen.
Sie sind mittlerweile 33, machen Sie sich um Ihre Zukunft Sorgen?
Nein, um mich persönlich nicht. Dass ich nicht mehr den ganz grossen Transfer machen werde, war schon vor Corona klar. Aber ich bin Captain beim FC Wil, habe einen Vertrag bis 2021 und kann den Jungen helfen. Ich bin in meiner alten Heimat, kann sogar mit dem Velo ins Training. Ich bin happy. Und auf meine Zeit nach dem Fussball bereite ich mich schon länger vor. Seit knapp einem Jahr arbeite ich schon 30 Prozent bei der KMU Personal AG als Personalvermittler. Zudem habe ich das Trainer-B-Diplom abgeschlossen und mich entschieden, nach meinem Rücktritt mit einer Ausbildung zu beginnen.
Wissen Sie schon was?
Ja, aber das ist noch nicht druckreif.
Was vermissen Sie am meisten während des Lockdowns?
Beruflich vermisse ich das Mannschaftstraining, das Miteinander. Und privat würde ich gerne mal wieder am Abend mit meinen Kumpels in den Apéro. Darauf freue ich mich schon.
Darf es da ab und zu auch mal ein Bier sein?
Gerne sogar.
Wil-Captain Philipp Muntwiler (33) spielte schon für St. Gallen, Luzern und Vaduz, nie für den FCZ. Dennoch wird er in Zürich seit 2007 verehrt. Damals wurde «Munti» bei St. Gallen kurz vor Ende eingewechselt, obwohl er tags zuvor in der U21 Rot gesehen hatte. Der FCZ siegte 3:0 forfait und wurde knapp vor Basel Meister. Seither wird der ehemalige Nachwuchs-Natispieler von den FCZ-Fans gefeiert. Zur Melodie von Mani Matters «Eskimo» singen sie: «… und Frau Oeri, s tuet öis leid, glanget hät s nu für Platz 2. Und ganz Basel hület so, wägem Munti immer no …»
Wil-Captain Philipp Muntwiler (33) spielte schon für St. Gallen, Luzern und Vaduz, nie für den FCZ. Dennoch wird er in Zürich seit 2007 verehrt. Damals wurde «Munti» bei St. Gallen kurz vor Ende eingewechselt, obwohl er tags zuvor in der U21 Rot gesehen hatte. Der FCZ siegte 3:0 forfait und wurde knapp vor Basel Meister. Seither wird der ehemalige Nachwuchs-Natispieler von den FCZ-Fans gefeiert. Zur Melodie von Mani Matters «Eskimo» singen sie: «… und Frau Oeri, s tuet öis leid, glanget hät s nu für Platz 2. Und ganz Basel hület so, wägem Munti immer no …»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Thun | 14 | 14 | 28 | |
2 | FC Etoile Carouge | 14 | 6 | 26 | |
3 | Neuchatel Xamax FCS | 14 | -3 | 22 | |
4 | FC Aarau | 14 | 5 | 21 | |
5 | FC Vaduz | 14 | -2 | 20 | |
6 | FC Wil | 14 | 4 | 18 | |
7 | FC Stade-Lausanne-Ouchy | 14 | 6 | 16 | |
8 | AC Bellinzona | 14 | -7 | 16 | |
9 | FC Schaffhausen | 14 | -5 | 15 | |
10 | FC Stade Nyonnais | 14 | -18 | 10 |