Er brachte Arsène Wenger zum Ausrasten
Wils Skandal-Star André Santos

Er flüchtet mit 200km/h vor der Polizei, er wurde verhaftet und er trieb Arsène Wenger mit seinen Eskapaden zur Weissglut. Jetzt spielt André Santos bei Wil in der Challenge League.
Publiziert: 06.09.2015 um 21:06 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:37 Uhr
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André Santos mit Arsenal-Coach Arsène Wenger.
Foto: Getty Images
Von Michael Schifferle

Wo ist er, der Paradiesvogel? Dieser André Clarindo dos Santos, dieser 32-jährige Brasilianer, der 25 Mal für die brasilianische Nati kickte, für Fenerbahçe Istanbul und Arsenal London. Der Exzentriker, von dem so viele Geschichten zu hören sind, Skandale und Skandälchen. So einer muss doch auffallen, hier auf einem Nebenplatz der Wiler IGP-Arena, auf dem die erste Mannschaft des FC Wil trainiert, das Team,das auf Platz vier der Challenge League liegt.

Tut er aber nicht. Santos trainiert mit demselben Eifer wie alle seine Kollegen, konzentriert, angepasst. Was Wils türkischer Trainer Fuat Capa verlangt, setzt Santos um: Passübungen, Trainingsspiel auf vier kleine Tore – nichts Aussergewöhnliches. Allüren, Training mit halber Kraft, garfaules Gehabe? Sieht man nicht. Bloss, dass der Mann mal für Arsenal spielte – das lässt sich auch nicht sofort erkennen. Manch ein Ball verspringt.

Santos schmunzelt, als man ihm die Eindrücke schildert. «Ich weiss, ich bin noch nicht in bester Form.» Zwei Challenge-League-Spiele für die Wiler hat Santos bisher bestritten. 90 Minuten beim 0:3 gegen Wohlen, 85 Minuten beim 3:1 gegen Xamax – inklusive Gelb-Roter Karte. «Passiert leider im Fussball.» 88 Minuten beim 4:1 gegen Chiasso. Dazu 90 Minuten im Cup bei Bavois (3:1).

Also, André, was alles muss schiefgelaufen sein, dass einer mit deiner Vita plötzlich in Bavois spielt? «Nichts ist schiefgelaufen. Wil hat mich überzeugt. Die Pläne des Klubs gefallen mir.» Die Pläne der türkischen Investoren sind bekannt: Aufstieg in die Super League, Teilnahme an der Europa League, vielleicht mal ein Cupsieg.

Doch imponiert das wirklich einem, der als Stammspieler an der Seite von Weltstars wie Kaka, Lucio und Robinho den Confederations Cup gewann (2009)? «Eines ist mir besonders wichtig: Hier habe ich Spass am Fussball. In England, in der Türkei, in Brasilien – dort besteht Fussball nur aus Druck.» Und dann spricht er vom anderen, das er schätzt: von der Lebensqualität in der Schweiz, vom «coolen» Zürich, von den sauberen Strassen. «Ich habe zwei Kinder. Ich musste auch an die denken.» Zwei Angebote aus der Türkei schlug er deshalb aus.

Man glaubt ihm, und doch gibt es da eben diese Geschichten. Etwa die Story, die sich im Herbst 2012 zutrug und von der es heisst, sie habe ihm eine Zukunft bei Arsenal verbaut: Santos fuhr mit seinem Maserati ins Training – mit 200 Stundenkilometern! Als ihn die Polizei stoppen wollte, raste er ihr davon.

Die Konsequenz, als sie den Flüchtigen doch noch schnappte? Santos wurde der Führerschein für 12 Monate entzogen, zwei Jahre Haft wurden ihm angedroht. Er schaut zu Boden, als er darüber spricht. «Ich hörte Musik, und habe einfach nicht aufgepasst», sagt er. «Das Ganze tut mir sehr leid.» Wenger hat ihm, so heisst es, bis heute nicht verziehen.

Eine andere Story nahm ihm der Arsenal-Boss ebenfalls übel. Im selben Herbst tauschte er zur Pause des Spiels gegen Manchester United sein Trikot mit Robin van Persie – jenem Van Persie, der die Gunners eben erst zum grossen Rivalen verlassen hatte. Unverzeihlich für die Fans, die ihn fortan auspfiffen. Untragbar für Wenger, der sich in Range redete: «So was geht nicht. Manchmal denke ich, er lebt in einer anderen Welt.»

«Bevor jemand über uns urteilt, sollte er erst die brasilianische Kultur begreifen», ergriff Santos’ Frau, Suelem Leal, auf Twitter Partei für ihren Gatten, was Wenger ebenfalls nicht besänftigte. Santos sagt, dass eine Fussverletzung ihn aus Arsenals Kader gekippt habe – «das ist halt so im Big Business.» Dass andere etwas anderes denken – damit muss er leben. Er scheint es zu können.

Challenge League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Thun
FC Thun
18
13
33
2
FC Etoile Carouge
FC Etoile Carouge
18
5
30
3
FC Aarau
FC Aarau
18
8
29
4
FC Vaduz
FC Vaduz
18
0
28
5
FC Wil
FC Wil
18
5
25
6
Neuchatel Xamax FCS
Neuchatel Xamax FCS
18
-6
25
7
AC Bellinzona
AC Bellinzona
18
-6
21
8
FC Stade Nyonnais
FC Stade Nyonnais
18
-16
18
9
FC Stade-Lausanne-Ouchy
FC Stade-Lausanne-Ouchy
17
4
17
10
FC Schaffhausen
FC Schaffhausen
17
-7
16
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