Mirlind, Fidan, Betim, Toni, Florent und Arijanet sind Schweizer. Sie träumen in Züri-, Bern- oder Basel-Dütsch. Sie sind hier zur Schule gegangen. Sie fühlen sich hier zu Hause. Bei diesem Test-Länderspiel im Letzigrund tragen sie das andere Shirt. Sie spielen für Kosovo, die Heimat ihrer Eltern. Ein Land, das ihre Familien einst wegen des Krieges haben verlassen müssen.
Kosovo heisst für sie frühkindliche Erinnerungen, wenn überhaupt. Kosovo heisst telefonieren mit Grossmama oder Grosspapa. Kosovo heisst Ferienreisen im voll gepackten, viel zu kleinen Auto. Kosovo heisst Wurzeln.
Lernten «Grüezi!» und «Adiö!»
Jedes einzelne Schicksal geht ans Herz. Die Familien von Mirlind, Fidan, Betim, Toni, Florent und Arijanet haben viel erlebt, bevor sie sich mit ihren Familien hier niedergelassen haben. Als Flüchtlingsfamilien lernten sie, sich in der Schweiz zurechtzufinden.
Die Eltern lernten Waschküchen-Pläne zu lesen, sie lernten unser «Grüezi!» und «Adiö!», sie lernten Fasnacht und Sechseläuten kennen und meldeten ihre Sprösslinge bei den F-Junioren des örtlichen Fussballclubs an. Die Schweizer Kosovo-Kinder wurden Seite an Seite mit den Yanns, Remos und Fabians dieser Schweiz immer bessere Fussballer.
Das Spiel wird eine Party
Der Match im Letzigrund gegen die Schweiz ist für viele im Team Kosovo ein Traum, der wahr wird. Mirlind Kryeziu sagt: «Ich hätte alleine einen Sektor füllen können, so viele Ticketanfragen habe ich erhalten.» Das Spiel wird eine Party, ein Familienfest. Aber eigentlich ist es viel mehr.
Auch für einige Spieler im Schweizer Team hat dieses Spiel eine besondere Bedeutung. Für Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri etwa. Die beiden freuen sich wie Kinder auf Weihnachten. Wie bei Kryeziu werden auch bei Xhaka und Shaqiri Familie und Freunde mit schweizerisch-kosovarischem Herz auf der Tribüne sitzen. Doppelherz statt Doppeladler. Die beiden sind mit ihren je hundert Nati-Spielen nicht nur Schweizer Helden, sondern auch Helden im Kosovo.
Seelenbalsam
Wenn im Letzigrund die Mannschaften auflaufen, dann gibt es zwar Leibchen in zwei Farben, zwei Hymnen werden gespielt und gehisst werden zwei Flaggen. Die Schweiz und Kosovo sind aber hoffentlich ein Herz und eine Seele.
Seelenbalsam, quasi. Den brauchen wir. Dringend. Denn die Kriegsbilder aus der Ukraine treiben uns die Tränen in die Augen. Menschen, die mit Sack und Pack und schwerem Herz ihre Heimat verlassen müssen, auf dem Weg in die grosse Ungewissheit. Es ist herzzerreissend. Europa schreibt dieser Tage ein weiteres trauriges Kriegskapitel.
Ein versöhnlicher Gedanke
Hunderttausende Kosovaren haben auch ein solches Kapitel in ihrer Lebensgeschichte. Krieg, Flucht, Entwurzelung, Schmerz, Neuanfang. Im Drama haben sie schliesslich wieder Glück gefunden. Ein versöhnlicher Gedanke im Elend dieses tobenden Krieges. Schweiz - Kosovo steht heute auch für «Alles wird gut».
Hey - Mirlind, Fidan, Betim, Toni, Florent, Arijanet, Xherdan und Granit - geniesst jede Minute im Zürcher Letzigrund. Schön, habt ihr bei uns eine zweite Heimat gefunden.