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Weltrekord-Ablöse:Nagelsmann wird neuer Bayern-Trainer

Buch enthüllt, wie der neue Bayern-Trainer tickt
Das ist die harte Seite von Julian Nagelsmann

Julian Nagelsmann (33) wird Bayern-Trainer – wie er tickt und denkt zeigt ein neues Buch in Deutschland. Es beschreibt seine knallharte Ehrlichkeit.
Publiziert: 29.04.2021 um 12:56 Uhr
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Aktualisiert: 29.04.2021 um 19:16 Uhr
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Der neue Bayern-Trainer Julian Nagelsmann.
Foto: Keystone
Andreas Böni

Als Julian Nagelsmann im Februar 2016 mit gerade 28 Jahren Hoffenheim-Coach wurde, war er der bisher jüngste hauptamtliche Trainer der Bundesliga. Eine Art Wunderkind seiner Branche. Inzwischen ist er 33 – und zur kommenden Saison der neue Trainer des FC Bayern.

Nagelsmann schreibt unaufhaltsam weiter an seiner Erfolgsgeschichte. Doch wie tickt der gebürtige Oberbayer? Das neue Buch des Spieler-Beraters und Ex-Journalisten Kai Psotta gibt Einblicke. Das Buch heisst «Kicken wie die Profis – alles, was du auf dem Weg zum Bundesligastar wissen musst». Verschiedene Experten geben Tipps und Tricks – so auch Nagelsmann.

Eines wird schnell klar: Nagelsmann kann es knallhart aussprechen, wenn ihn etwas nervt. So spricht er Klartext zu einem Vorfall in Leipzig: «Ein paar der Jugend-Spieler, die die Chance bekommen hatten, mit unseren Profis zu trainieren, haben mich mit der Art und Weise, wie sie sich präsentierten, erschüttert. Ihr Auftreten war gleichgültig ,uninspiriert, willenlos. Sie haben die einmalige Chance, die ihnen gegeben wurde, nicht verstanden. Das hat mir ziemlich zu denken gegeben.»

«Es fehlt die Gabe, an sich zu arbeiten»

Probleme sieht er zum Beispiel bei Plattformen wie TikTok: «Diese Apps führen dazu, dass jungen Leuten heutzutage die Gabe fehlt, stetig an etwas zu arbeiten. Sie starren ins Handy, werden mit einer unglaublichen Reizüberflutung konfrontiert, sodass sie wahnsinnig schnell ein Gefühl von Langeweile entwickeln. Sobald sie ein Video nicht mehr interessiert, wischen sie es weg und gucken sich das nächste für den Bruchteil von Sekunden an. Unsere Kinder, und das betrifft ja die gesamte Gesellschaft, rutschen in eine Wisch-und-weg-Generation – mit einer sich stetig verkürzenden Begeisterungsfähigkeit.»

«Nicht stundenlang durch die Gegend fahren»

Was heisst das bezogen auf den Fussball? DFB-Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff gibt folgende Tipps an junge Spieler ab, um Fussballprofi zu werden:

– «Verliert bloss nicht zu viel Zeit eurer Jugend auf der Rücksitzbank im Auto eurer Eltern. Es kann einem/einer Zehnjährigen nicht guttun, drei Stunden durch die Gegend zu fahren, nur um in einem Nachwuchsleistungszentrum eine Stunde zu trainieren.»

– «Es kann durchaus sinnvoll sein, sich zunächst in Ruhe bei einem kleineren Verein vor der eigenen Haustür zu einem Führungsspieler bzw. einer Führungsspielerin zu entwickeln. Wer Woche für Woche ständig 8:0 gewinnt, in einer Ansammlung von Top-Talenten, beraubt sich womöglich der Chance einer vernünftigen Sozialisierung.»

– «Traut euch wieder mehr raus auf den Bolzplatz, wo Taktik in den Hintergrund gerät und ein freier, dynamischer Fussball im Vordergrund steht. Das freie Spiel und der Zweikampf fördern jene Mentalität, die unsere Führungsspielerinnen und -spieler von morgen brauchen.»

«Besser als Rakitic»

Auch Ex-SFV-Chefausbilder und Basel-Jugendmanager Peter Knäbel kommt zu Wort. Er habe in der Schweiz miterlebt, was passiert, wenn im Kinderfussball die Tabellen abgeschafft werden. «Dann haben die Eltern einfach ihre eigenen geführt. Und wussten dann trotzdem, wenn das Spitzenspiel zwischen Basel und dem FC Reinach anstand. Das Wettbewerbs-Gen, das ist im Menschen drin. Das bleibt es auch», sagt der heutige Schalke-Boss.

Und fügt an, dass ihn beim FCB ein Erlebnis geprägt habe. «Wir waren gerade mit der U16 Schweizer Jugendmeister geworden. Yann Sommer war in diesem Jahrgang, Ivan Rakitic. Wobei der beste Spieler an dem Tag ein anderer Junge war. Das Finale fand am Samstag statt, am darauffolgenden Montag hatten wir die Halbjahresgespräche mit den Jungs terminiert, in denen wir mit ihnen über die jeweilige Perspektive sprechen. Ehe wir dabei etwas äussern konnten, sagte der Junge, der so gut im Finale gespielt hatte, etwa zu uns: ‹Ich wollte nur sagen, ich höre auf. Ich will aus der Sportklasse raus, ich will in die normale Klasse rein. Ich will nicht mehr den ganzen Tag über Fussball reden und mir von ihm meinen Alltag bestimmen lassen. Nach den Wochenenden und dem Morgentraining bestimmt der Fussball und alles, was auf dem Platz geschah, meine Welt. Die Mitschüler fragen als Erstes nach dem Spiel. Die Kollegen ziehen einen auf, wenn man im Training einen Beinschuss bekommen hat oder im Spiel ausgewechselt wurde. Es gibt in meinem Leben gefühlt nichts anderes. Und das will ich nicht mehr. Es war toll, das mitzuerleben. Aber mir reicht es, einmal in der Jugend beim FC Basel gewesen zu sein.›»

«Der kleine Junge will vielleicht gar nicht»

Aus dieser Geschichte hat Knäbel Rückschlüsse gezogen. Eltern, so Knäbel, sollten mit ihren Kindern reden und fragen, was die denn überhaupt wollen, ehe sie irgendwann – vermeintlich im Interesse ihres Kindes – zehn Nachwuchsleistungszentrum-Vertreter nach Hause einladen und anschliessend noch mal zehn Berater. «Der kleine Junge, der den Ball beherrschen möchte, der will das vielleicht gar nicht. Der will einfach mit seinen Kumpels von nebenan Fussball spielen. Und er will ganz sicher nicht, dass da zehn Erwachsene hintereinander mit einem Wimpel oder einem Geschenk auftauchen.»

«Vorbild Kimmich»

Für Nagelsmann geht es mehr um Vorbilder: «Werdet euch bewusst, welche Chance ihr habt, wenn ihr es bis in eine U17 oder U19 geschafft habt. Ruht euch nicht aus! Brennt! Bleibt dran! Und wenn ihr schon ins Handy starrt, dann guckt euch diesen Kimmich an, wie er schreit und brüllt und kämpft und niemals nachlässt.»

Nagelsmann und Kimmich – ab Sommer sind sie in München vereint. Man darf gespannt sein, was sie zusammen erreichen.

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