Nach dem Outing von Thomas Hitzlsperger steht seine Exfreundin Inga im Fokus. Wie hart ist das Outing für sie?
Das ist schwer abzuschätzen. Es ist nur menschlich, sich zu fragen, was die eigene Rolle in so einer Sache ist. Aber man darf nicht vergessen: Die beiden sind seit über sechs Jahren getrennt. Das ist eine lange Zeit. Hitzlsperger spricht betont positiv über seine Exfreundin und die Beziehung. Er wiederholt mehrfach, dass die Partnerschaft sehr glücklich gewesen sei. Der Eingriff in die eigene Privatsphäre ist für Inga Totzauer also wohl schlimmer, als die eigentliche Nachricht.
Hinterlässt nicht gerade dieses Bild der harmonischen Beziehung einen schalen Nachgeschmack?
Man kann es bei Äusserungen über Expartner eigentlich nur falsch machen, bei Bewertungen von früheren Beziehungen erst recht. Ist jemand positiv, klingt es verklärt und klebrig, schnödet jemand, wirkt es schäbig und frustriert.
Also war die Beziehung glücklich?
Es gibt keinen Grund, pauschal das Gegenteil anzunehmen. Man ist nicht acht Jahre mit jemandem zusammen, wenn nicht vieles stimmt. Was genau eine Beziehung glücklich macht, ist sehr verschieden. Harmonie, Kameradschaft, sich gegenseitig stützen – diese Dinge haben laut Hitzlsperger in der Beziehung grosse Priorität gehabt. Die meisten Männer und Frauen dürften bestätigen, dass sie sich diese Dinge auch für die eigene Partnerschaft wünschen.
Und wo bleibt die Leidenschaft, die Sexualität?
Die Frage drängt sich tatsächlich auf. Eine Antwort wäre pure Spekulation. Tatsache ist, dass besonders Langzeitpaare damit konfrontiert sind, dass platonische Aspekte der Liebe mit der Zeit in den Vordergrund treten. Tatsache ist auch, dass viele damit nicht unglücklich sind. Man darf die Wichtigkeit einer erfüllten Sexualität aber nicht unterschätzen. Bei inkompatiblen sexuellen Orientierungen ist das natürlich nicht möglich. Aber nur schon bei verschiedenen Vorstellungen zu einer gelungenen Sexualität wird es schwer.
Wusste Inga von der Homosexualität?
Diese Frage kann nur Inga Totzauer beantworten.
Wie ist es üblicherweise in solchen Konstellationen? Man hört immer wieder von Ehen, in denen sich ein Partner plötzlich als homosexuell outet.
Es ist tatsächlich oft ein Unbehagen oder eine Verunsicherung da, was das gemeinsame Sexleben angeht. Aber es ist schlicht unglaublich, was Menschen mental zurechtbiegen können, damit eine Situation Sinn ergibt. Das geht so weit, dass sie alle um sich herum vom eigenen Glück und der Richtigkeit aller Dinge überzeugen können – sich selber inklusive.
Ist Sex in so einer Konstellation nicht eine Qual?
Das muss nicht sein. Vielleicht man, dass eben etwas fehlt oder sie fragt sich, warum Sex für sie nicht das bombastische Ereignis ist, wie es andere darstellen. Seltener Sex wird dann auf eine grosse berufliche Belastung zurückgeführt oder einfach, dass der Partner “so ist”, nicht so viel Sex braucht. Es gibt tatsächlich auch Menschen, denen Sex nicht so wichtig ist. Finden sich zwei solche, ist Sex halt weniger ein Thema und beide fühlen sich dadurch erst so richtig befreit.