Blick: Sie waren am Samstag beim 1:3 von GC gegen den FCZ im Letzi. Wie sehr schmerzt die Pleite?
Vero Salatic: Ich habe gut geschlafen. Ich bin zwar noch GC-Fan, aber nicht mehr ganz so nah dran.
Der krasse Fehlpass vor dem zweiten Gegentor muss doch wehtun?
Auch das erste Gegentor durch Ceesay tut weh. Da muss man Doumbia unter Druck setzen, der darf gar nicht zum Flanken kommen. Das Zweite nach dem Fehlpass von Kawabe ist dann definitiv haarsträubend.
Ausgerechnet Kawabe, der den ganzen Januar bei Wolverhampton trainierte.
Wenn man bös sein will, kann man sicher sagen, dass Kawabe eine Vorbereitung mit GC gutgetan hätte. Die Automatismen haben nicht gestimmt. Aber der FCZ war schon in der ersten Halbzeit gefährlicher. Insgesamt war er viel besser.
Darf der FCZ-Fan nun vom Titel träumen?
Nein. Er muss jetzt sogar vom Titel träumen. Die Mannschaft lebt, ist stark und steht verdient da vorne. Wenn nicht jetzt träumen, wann dann? Aber ich tippe weiterhin auf den FCB als Meister.
Und GC muss mit den vielen Neuen wieder ein Team aufbauen?
Im Stadion hielten FCZ-Fans ein Plakat hoch. Darauf stand sinngemäss: «Zürich seid ihr nie gewesen. Jetzt seid ihr nicht mal mehr GC!» Das tut natürlich grausam weh.
Weil die FCZ-Fans recht haben?
Ja, ich denke schon. Früher hatte man Identifikationsfiguren, man hatte Leader. Das fehlt mir im Moment.
Sie waren jahrelang die GC-Integrationsfigur schlechthin. Im Sommer 2020 haben Sie mit einem 0:6 gegen Winterthur in der Challenge League aufgehört. Geht ein Abschied noch schlimmer?
Wir hätten damals mit zwei Toren Differenz gewinnen müssen, um aufzusteigen. Nach dem 0:1 und 0:2 waren wir stehend K.o. und wurden überfahren. Aber ich wusste ja damals nicht, dass es mein letztes Spiel gewesen ist. Ich hatte noch ein Jahr Vertrag und war mir zu hundert Prozent sicher, dass ich weiter für GC spiele.
Wie wars, als man Ihnen sagte, dass man nicht mehr auf Sie setzt?
Ich wurde für ein Gespräch aufgeboten, man wollte mit mir die Planung für die neue Saison besprechen. Als mir da die Verantwortlichen mitteilten, dass man nicht mehr mit mir plant, war ich baff und enttäuscht. So schnell und abrupt habe ich mir mein Ende nicht vorgestellt. Wenn man so lange bei einem Verein ist, tut das weh.
Es gab dann eine Medienmitteilung. Offiziell verabschiedet wurden Sie nie. Sieht man, wie andere Klubs ihre Aushängeschilder verabschieden, müssen Sie bei GC die Wertschätzung vermisst haben?
Klar wünscht sich jeder Sportler eine Verabschiedung, wie zum Beispiel Marco Streller beim FCB eine hatte. Die Medienmitteilung war damals übrigens schon vor dem Gespräch vorbereitet. Aber es ist nun vorbei, Corona hat sicher auch noch mitgespielt.
Mit einer Integrationsfigur wie Ihnen müsste man als GC doch nach der Karriere einen längerfristigen Plan haben?
Da bin ich Ihrer Meinung, definitiv. Ich hätte mit meiner Erfahrung wohl gut helfen können. Das fehlt alles im Moment.
Es gibt GC-Fans, die fordern Ihr Comeback, weil Sie kaum einen Spieler mehr kennen würden.
Bei den Senioren vielleicht. Im Ernst: Es ist doch sonnenklar, dass bei GC nun ein Kommen und Gehen herrscht. Das Konstrukt des Klubs ist jetzt nun mal so.
Ein Wort noch über Xherdan Shaqiri. Er wird in die MLS zu Chicaco wechseln. Was halten Sie von diesem Schritt?
Xherdan Shaqiri ist ein fantastischer Fussballer, der nicht alles aus der Karriere gemacht hat – bis jetzt zumindest. Ich bin mir sicher, dass er auch in Amerika seine Tore schiessen wird.
Und in der Nati, muss er da um seinen Stammplatz bangen?
Muri tickt anders, als die anderen Trainer. Er ist radikal, hat eine neue Mannschaft aufgestellt.
Kann die Schweizer Nati auf einen Shaqiri verzichten?
Früher oder später muss man auf Shaqiri verzichten können. Es kommen immer mehr junge Spieler, wie beispielsweise ein Ruben Vargas. Jetzt ist aber sicher noch mit ihm zu rechnen.