Blatters letzter Tag als als Fifa-Boss
«Ich komme zurück»

Aggressiv und angriffig. So wehrte sich Sepp Blatter nach dem Urteil vor der Weltpresse. Er vergleicht sich mit Mandela und spricht wie der Terminator.
Publiziert: 21.12.2015 um 20:04 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 12:19 Uhr
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Medienkonferenz: Blatter wehrt sich vor 150 Journalisten.
Foto: Keystone
Von Peter Hossli

Es ist Sonntag in Zürich, frühlingshaft warm, der Himmel blau. Sepp Blatter isst im Restaurant Sonnenberg bei Jacky Donatz. Zuversichtlich geht er zu Bett. Als Sieger wird er morgen vor die Weltpresse treten, denkt der Optimist. Zumal der Fifa-Richter ihm ja sagte, er werde den Vorwurf der Korruption fallen lassen.

Am Montag regnet es, ist kalt. Blatter (79) ist mit Tochter Corinne Blatter Andenmatten und Sprecher Thomas Renggli zusammen. Sie warten auf das Verdikt, das die Fifa-Ethikkommission um 10 Uhr verkünden will. Die Presse erhält es schon um 9.35 Uhr. Es fällt bitter aus für Blatter und Uefa-Präsident Michel Platini (60). Acht Jahre werden beide von allen Aktivitäten des Fussballs gesperrt. Ob ein Kick der E-Junioren oder das WM-Final – sie dürfen bis Ende 2023 nicht mehr offiziell dabei sein.

Wegen einer Fifa-Zahlung von 2 Millionen Franken an Platini im Jahr 2011. Und zwar für eine Leistung, die der Franzose neun Jahre früher erbrachte.

Blatter erfährt das Urteil aus den Medien. Kurz nach 10 Uhr fährt er beim Restaurant Sonnenberg vor. In der schwarzen Mercedes-Karosse, die ihm laut Arbeitsvertrag noch zusteht. Die Tochter und sein Sprecher sind bei ihm.

Kurz nach elf Uhr betritt er den Konferenzsaal. Er ist unrasiert. Im Gesicht prangt ein Pflaster, das die Wunde einer Operation abdeckt. Blitzlichter funkeln, Kameras schwenken. Rund 150 Reporter sind da. Renggli – «der Einzige, der mich in den letzten Tagen unterstützt hat» – eröffnet die Konferenz. Blatter erklärt ihm das Mikrofon. Als wolle er ein letztes Mal zeigen: «Der Herr im Haus bin ich.»

Der Fifa-Präsident redet über die Menschlichkeit von Nelson Mandela (1918–2013), stellt sich so in eine Reihe mit dem südafrikanischen Freiheitshelden.

Er selbst wirkt geknickt und aggressiv. Blatter teilt aus. Gegen die von ihm geschaffene Ethikkommission, gegen die Journalisten, die im Saal sitzen.Er hat Mitleid mich sich selbst. «Es tut mir wirklich leid, dass ich noch immer der Sandsack bin, auf den man einschlägt», sagt er. «Es tut mir leid für die Fifa, und es tut mir leid, wie ich behandelt werde.»

Nochmals wiederholt er, es habe 1998 einen Vertrag gegeben zwischen ihm und Uefa-Präsidenten Platini, einen Vertrag per Handschlag. «Jetzt heisst es, ich hätte 2011 meine Wiederwahl damit gekauft. Dabei bin ich gegen den Widerstand der Uefa gewählt worden.»

Der Auftritt wirkt verbissen, nur sprachlich ist Blatter ein Weltmann. Fliessend redet er Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch. Gezielt lädt er eine chinesische Journalistin ein, ihm eine Frage zu stellen.

Er gebe nicht auf. «Ich werde für mich kämpfen und für die Fifa», so Blatter. Jede Berufung, die ihm bleibe, lege er ein. Zwar darf der gesperrte Fussball-Boss nichts mehr über Fussball sagen, und doch gratuliert er Barcelona zum Sieg der Klub-WM. Ein Journalist fragt ihn, ob er sich nicht schäme. «Ich schäme mich nicht, ich bedaure nur.» Keine Spur von Selbstkritik.

Über sein Befinden: «Heute morgen war ich sehr traurig, jetzt bin ich nicht mehr traurig, jetzt bin ich kämpferisch. Was ist, darf nach über 40 Jahren Fifa nicht sein.» Als Lügner stünden Platini und er nun da. «Es geht jetzt um Respekt, das ist nicht das Ende, ich hoffe, dass Michel mit mir kämpft.»

«Warum flog die Zahlung auf?», fragt ein britischer Journalist. Blatter überrascht: «Die Bank meldete es den Schweizer Behörden.» Fast ironisch: Das Ende des Bankgeheimnisses führte Blatters Ende herbei.

Sein Arbeitsvertrag mit der Fifa läuft noch bis am 26. Februar. Bis dann bezieht er Lohn, darf den Fifa-Mercedes samt Fahrer benutzen, in einer Fifa-Wohnung leben. Dann muss er all das aufgeben.

Zum Schluss sagt Blatter, dass er am 1. November fast gestorben sei und bedankt sich beim Spital, das ihn pflegte. Sagt, er hätte halt gute Walliser Gene. Seine Tochter flüstert ihm etwas ins Ohr. «Und ja, ein starkes Herz.»

Dann steht er auf, geht. Seine letzten Worte: «I’ll be back.» So richtig glaubt es ihm keiner.

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