Wenn in Katar am 21. November 2022 das WM-Eröffnungsspiel angepfiffen wird, soll im steinreichen Emirat alles blitzeblank und topvorbereitet sein. Rund zwei Millionen Gastarbeiter sind derzeit damit beschäftigt, die Infrastruktur-Ziele des Gastgeberlandes umzusetzen. Aber unter welchen Bedingungen?
Ein Reporter-Team des WDR hat sich die Aufgabe gestellt, die Situation der Gastarbeiter in Katar genauer unter die Lupe zu nehmen. Ohne sich als Presseschaffende auszuweisen. Dafür mit versteckter Kamera. Um die wahren Zustände vor Ort zu offenbaren. Ungeschminkt.
Allerdings: Nicht viele Arbeiter auf den Baustellen der Stadien und öffentlichen Infrastruktur trauen sich, vor laufender Kamera auszusagen. Sie fürchten sich vor ihren Chefs, vor den Konsequenzen.
Ein paar Verzweifelte gibt es aber, die sich zur Verfügung stellen. Und ihre Aussagen sind erschütternd.
«Wir sind hier gefangen»
Der Nepalese Dil Prasad erzählt an einem ruhigen, geschützten Ort: «Insgesamt sind wir 125 Arbeiter, die hier festsitzen. Wir sind gefangen. Jeden Tag ernähren wir uns von Wasser und Brot. Ohne Geld können wir uns nichts anderes leisten.»
Prasad bestätigt, von was im Zusammenhang mit den Menschenrechtsverletzungen in Katar immer wieder die Rede ist: von ausbleibendem Lohn, von miserablen Unterkünften. Und davon, dass die Pässe der Arbeiter zurückgehalten werden, um eine Ausreise zu verunmöglichen.
«Monat für Monat verschlechtert sich unsere Situation. Ich kann einfach nicht mehr. Ich will nur noch nach Hause. Aber wir können nicht mal unsere Familien in Nepal anrufen», so Prasad. Auch der Gang ans Arbeitsgericht habe nichts gebracht.
«Zwei Kollegen sind in meiner Anwesenheit gestorben»
Hausen muss Prasad in einer kleinen, dreckigen, dunklen Kammer - zusammen mit sieben anderen Gastarbeitern. Adi Gurung, der sich ebenfalls bereit erklärte, offen über seinen Alltag zu reden, macht klar: «Manchmal stelle ich mir die Frage, ob es nicht besser wäre, tot zu sein.»
Der viel zu frühe Tod. Dieses schreckliche Schicksal hat laut einer Statistik der nepalesischen Regierung seit 2009 schon 1426 Gastarbeiter ereilt. Allein in diesem Jahr sind bereits 111 Nepalesen in Katar umgekommen. Häufige Todesursachen: plötzlicher Herztod, Erschöpfung oder mangelnde Sicherheit auf den Baustellen.
Letzteren Punkt spricht auch Nagindar Yadav, ein ehemaliger Gastarbeiter, an: «Wir hatten Angst, vor allem bei Arbeiten in grosser Höhe. Zwei Kollegen sind in meiner Anwesenheit im Stadion gestorben.» Yadav erzählt: «Einmal wurden sieben von uns im Büro der Firma einfach so verprügelt. Und wenn wir krank waren, durften wir nicht im Bett bleiben, sondern mussten als Strafe raus in die Hitze.»
Adi Gurung, dessen Familie wegen ausbleibender Lohnzahlungen nun schon umgerechnet 2700 Euro Schulden angehäuft hat, hofft inständig auf Hilfe: «Wir alle müssen aus dieser Situation gerettet werden. Es geht auch um unsere Familien. Meine Frau und die beiden Kinder machen harte Zeiten durch. Seit Monaten kann ich kein Geld schicken. Irgendjemand muss uns doch helfen.»
Die Fifa hat derweil erstmals öffentlich eingeräumt, dass es auch auf WM-Baustellen zu Verstössen gegen das Arbeitsrecht gekommen ist. Und verspricht, die Situation zusammen mit dem Organisationskomittee zu prüfen. Die vom WDR kontaktierten Firmen antworteten nicht auf die Anfragen. (mpe)
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