Andy Egli über den Krebs-Schock
«Da spürt man plötzlich sehr viel Demut»

«Vom Todesurteil bis zur vollständigen Genesung. Man denkt an alles», sagt Andy Egli, der an Hodenkrebs erkrankt ist. Und den Kampf angenommen hat.
Publiziert: 19.09.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 15:25 Uhr
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Andy Egli geht mir seiner Erkrankung sehr offen um: «Hinstehen und sagen, was Sache ist. Das ist besser als Gerüchte und Mutmassungen.»
Foto: Karl-Heinz Hug
Von Felix Bingesser

BLICK: Andy Egli, Sie gehen sehr offen mit Ihrer Erkrankung um. Warum?
Andy Egli:
Familie und Freunde wissen ja schon länger Bescheid. Ich war immer einer, der für klare Verhältnisse eingestanden ist. Darum auch diese Offenheit. Hinstehen und sagen, was Sache ist. Das ist besser als Gerüchte und Mutmassungen.

Wann kam die Diagnose Krebs?
Ich habe schon im April gespürt, dass etwas nicht stimmt. Vor allem in der Nacht hatte ich heftige Bauchschmerzen. Ich war dann zweimal im Spital, und man hat alle Routineuntersuchungen gemacht. Man hat auch Blut und Urin genommen. Aber es war keine Entzündung feststellbar. Es sei alles in Ordnung, wurde mir mitgeteilt.

Und dann?
Nach dem zweiten Spital­besuch waren die Schmerzen so gross, dass mein Hausarzt gesagt hat, wir würden jetzt systematisch alle Organe durchleuchten. Da hat man ein Geschwür hinter der Bauchwand entdeckt. Und einen Hoden, der schon degeneriert war. Der wurde operativ entfernt. Und dann begann der erste Teil meiner Chemo­therapie. Zwei weitere Wochen mit Chemo folgen noch.

Jetzt hat es ausgerechnet Sie erwischt. Den Kämpfer, der immer alles für seine Gesundheit getan hat. Ist das die Ironie des Schicksals?
Vielleicht. Es stimmt, ich habe immer viel für meinen Körper gemacht. Weil ich immer der Überzeugung war, dass Gesundheit keine Selbstverständlichkeit ist und man etwas dafür tun muss. Aber man kann alle Vorkehrungen treffen, und trotzdem kann man die Dinge in letzter Konsequenz nicht beeinflussen. So ist der Mensch, und das ist gut so.

Wie sind Sie mit der Diagnose umgegangen?
Da läuft natürlich der gesamte Film ab. Und man zieht alles in Betracht. Vom Todesurteil bis zur vollständigen Genesung. Wir sind auch mit der ganzen Familie zusammengesessen und haben über Dinge diskutiert, die man sonst immer vor sich herschiebt. Ich werde von der Familie getragen, und bin extrem dankbar dafür.

Über was für Dinge spricht man denn da?
Beispielsweise über das Erbe und wie man als Familie mit vier Kindern damit umgeht, wenn plötzlich jemand nicht mehr da ist. Man ist sich bewusst dass dieser Fall irgendwann einmal eintritt. Und trotzdem schiebt man diese Diskussion immer vor sich her. Aber ich habe den Kampf sofort angenommen und gehe die Sache sehr aktiv an. Da hilft mir meine Karriere als Spitzensportler. Da lernt man kämpfen und eine Herausforderung aktiv anzupacken. Und ich bin überzeugt: Diesen Kampf gewinne ich.

Sie haben sich die Haare schon freiwillig rasiert.
Das ist Teil meiner aktiven Herangehensweise. Was soll ich mich jedes Mal ärgern, wenn mir wieder ein Büschel Haare ausfällt? Auch dieses Problem bin ich aktiv angegangen. Mein Schwiegersohn ist 30 und hat auch eine Glatze. Glatzen liegen ja im Trend (schmunzelt).

Sind Sie nie in ein Loch gefallen?
Nein, eigentlich nicht. Ich hatte nie Schweissausbrüche und Panik­attacken. Eine gewisse Gelassenheit war immer da. Das hat sicher auch etwas mit meiner Diagnose zu tun. Denn meine Heilungschancen liegen bei 95 Prozent. Das ist für einen Krebspatienten ja wie ein Lotto­sechser. Es gibt ja viel schlimmere Befunde. Da weiss ich auch nicht, wie ich reagiert hätte.

Aber der Schock war auch bei Ihnen da?
Ja, klar. Da spürt man dann schon plötzlich sehr viel Demut dem Leben gegenüber. Man realisiert, was für ein kleines Teilchen man in diesem riesigen Räderwerk ist.

Sie waren immer ein Kämpfer.
Ja. Und ich war auch in den letzten Wochen nie selbstmitleidig. Im Gegenteil, ich habe in mir sofort einen grossen Widerstand gegen dieses Schicksal gespürt. Und ich habe diesen Kampf angenommen und gehe die Sache sehr aktiv an.

Ihr Freund und langjährige Teamkollege Heinz Hermann erlitt vor einigen Jahren einen Herzinfarkt. Haben Sie mit ihm schon über Ihre Krankheit gesprochen?
Ja, wir sind ständig in Kontakt. Ich war jetzt auch bei ihm auf Ibiza. Da hatten wir sehr viele und sehr gute Gespräche.

Was haben Sie sonst für Reaktionen erhalten?
Sehr viele. Es gibt fast so etwas wie eine Lawine an Solidarität. Ich schätze das sehr und danke allen für die Unterstützung.

Was hat Andy Egli für Zukunftspläne?
In erster Linie will ich jetzt mal gesund werden. Seit ich meinen Job als Nachwuchschef beim FC Luzern aufgegeben habe, bin ich nicht mehr so belastet wie auch schon. Ich helfe meiner Frau in unserem Bed & Breakfast in Bern und bin Fussballexperte beim Schweizer Fernsehen. Mir wird nicht langweilig. Meine Leidenschaft für den Fussball ist ungebrochen, und irgendwann werde ich auch wieder eine Funktion in diesem Sport übernehmen. Aber wie gesagt: Im Moment gibt es andere Prioritäten.

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