Als Kind springt Künzli, wegen seiner Glarner Wurzeln «Ziger-Fritz» genannt, dem Tod zweimal von der Schippe. Am Sonntagmorgen hat er seinen langjährigen Kampf gegen die Alterskrankheiten Alzheimer und Demenz verloren. Schauspielerin, Fotomodell und Entertainerin Monika Kaelin (65) hat ihren Fritz bis zuletzt liebevoll gepflegt. Das Glamour-Paar der Schweizer Promi-Szene hat 1985 in Schwyz geheiratet.
Fritz Künzli: Blonde Locken, blaue Augen, strahlendes Aussehen, immer ein Lächeln auf dem Gesicht. FCZ-Goalie-Legende Karl Grob (†72) sagte noch vor seinem Tod über seinen einstigen Team-Kollegen: «Sein Lächeln war sein Markenzeichen. Fritz lächelte eigentlich immer. Es war das Schönste an ihm. Er war überall beliebt.»
«Alle Mädchen standen auf ihn»
Ein Beau sei der Fritz gewesen, betonte sein grosser Rivale von einst, FCB-Legende Karl Odermatt (76), immer wieder. «Fritz mit seinen Locken war ein hübscher Bursche. Alle Mädchen standen auf ihn.»
Doch der Sonnyboy der 60er- und 70er-Jahre war vor allem eines: eine kompromisslose Tormaschine. Die eindrücklichen Zahlen des Glarner Mittelstürmers: 202 Tore in 313 Meisterschaftsspielen. 15 Treffer in 44 Länderspielen.
Am 17. Oktober 1965 macht er beim 0:0 in Amsterdam gegen Holland sein erstes Länderspiel. Am 16. November 1977 endet seine Nati-Karriere in Stuttgart beim 1:4 gegen Deutschland. Mit dem FC Zürich wird Künzli 1967 (mit 24 Toren), 1968 (28 Tore) und 1970 (19 Tore) Torschützenkönig. Und elf Jahre nach dem ersten Titel setzt sich Künzli bei Lausanne 1978 mit 21 Toren nochmals die Krone auf.
Ein Artikel in der «Schweizer Illustrierten» von Mitte November 1977 über Künzli beginnt folgendermassen: «Fritz Künzli ist ein Bonvivant. Das war er schon immer. Er jasst leidenschaftlich gerne, trinkt Bier und zum Essen ein Glas Rotwein. Er fährt einen schnellen Wagen, isst gern gut, schlägt sich mit viel Charme durch Parties, und letzte Woche wurde er von der Vereinsleitung seines Klubs Lausanne-Sports gerügt, weil sein Auto nach Wirtschaftsschluss auf der Strasse Lausanne – Echandes gesehen wurde. Fritz Künzli ist ein Spitzensportler. Das ist er schon lange. Aber nach einem absoluten Tief hat er wieder ein erstaunliches Comeback geschafft – trotz seiner Freude an den angenehmen Dingen des Lebens.»
Der Anlass des Artikels: Künzli, damals 31 und nach drei Achillessehnen-Operationen zum Frührentner abgestempelt, bekommt fürs Länderspiel gegen Weltmeister Deutschland nochmals ein Aufgebot. Der damalige Nati-Coach Roger Vonlanthen begründete seinen Entscheid so: «Er hat Klasse, Routine. Und da spielt das Alter keine Rolle. Wer so torgefährlich ist wie Fritz, der gehört in die Nationalmannschaft.»
Vater Künzli jagt GC aus dem Haus
Künzlis beeindruckende Karriere beginnt in Ennetbühl GL. 1964 erhalten die Künzlis in ihrem Restaurant «Sonne» Besuch eines Herrn von GC. Dieser trifft Vater Künzli im Schlachthaus an und erkundigt sich, ob er Fritz Künzli kenne. «Sicher schon, das ist mein Sohn.» Und der Herr trägt Vater Künzli auf, Fritz doch zu sagen, dass er ins Restaurant «Krone» gegenüber kommen soll. Er warte dort auf ihn. Das ist definitiv die falsche Lokalwahl. Vater Künzli jagt den feinen Herrn aus Zürich wie einen Hund aus dem Schlachthaus. Einige Tage später erscheint FCZ-Präsident Edy Naegeli im richtigen Restaurant. Als Naegeli Vater Künzli nach dem besten Wein im Keller fragt, ist der Handel und somit der Wechsel von Fritz Künzli vom Zweitligisten FC Glarus (damals vierthöchste Liga) zum FC Zürich perfekt. Die bescheidene Ablöse: 8000 Franken.
Beim FCZ startet Künzli an der Seite von Köbi Kuhn, Timo Konietzka & Co durch. Meister 1966 und 1968. Cupsieger 1966, 1970, 1972 und 1973. Später schafft er es auch mit dem FC Winterthur noch in den Cupfinal (1975).
Fürstliches Leben in den USA
1978 ziehts «Ziger-Fritz» über den grossen Teich. Mit 32 Jahren will er in der US-Profiliga North American Soccer League (NASL) das Team der San Diego Sockers verstärken. Auf Künzli wartet am Flughafen niemand. Er erzählte vor ein paar Jahren: «Ich landete morgens um 2 Uhr. Eine Stunde später kam jemand, drückte mir Autoschlüssel und Hoteladresse in die Hand. Das wars. Von da an war ich auf mich alleine gestellt.» Der 42-fache Internationale ist bis zum Start der MLS 1993 der erste und einzige Schweizer Profi in den USA. «Für mich war die Zeit in Amerika ein Abenteuer», sagt Künzli damals. «Trainiert wird kaum, dafür gibts bis zu drei Spiele pro Woche.» Der Schweizer verdient 10'000 Franken pro Monat und kriegt dabei noch Ferienfeeling. «Ich lebte fürstlich. Tagsüber war Swimmingpool und abends Ausgang angesagt. Das ging problemlos. Die Liga hatte nur NLB-Niveau.»
Künzli, schon damals ganz Geschäftsmann, eröffnet in einem Shopping-Center in Kalifornien eine Bäckerei. Das einzige Produkt im Laden: Glarner Pasteten. Blätterteig, gefüllt mit Mandeln und Pflaumen.
Nach seinem Karrieren-Ende führt Künzli mit seinem «Möneli» in Zürich das Restaurant Ochsen. Später ist der Bonvivant für «Baur au Lac» jahrelang als Weinvertreter unterwegs.
Lawinen-Unglück überlebt
In jungen Jahren springt «Ziger-Fritz» dem Tod zweimal von der Schippe. Als Kleinkind wird er zuhause von einem Passanten mit offenen Armen aufgefangen, als er vom ersten Stock gefallen ist. Am 10. Februar 1961 überlebt er im Skilager auf der Lenzerheide GR ein schweres Lawinenunglück. Neun seiner Schulkameraden und der Lehrer werden von den Schneemassen begraben. Als bester Skifahrer der Klasse macht Künzli, damals 15-jährig, den Schluss der Gruppe. «So konnte ich meinen gestürzten Kameraden jeweils wieder auf die Beine helfen.» Wie auch an diesem Morgen. Ein Mädchen ist gestürzt. Pflichtbewusst will ihr Künzli Hilfe leisten. Doch Lehrer Hans Jenny hält ihn zurück. «Fritz, bleib da», befiehlt er. «Ich regle das.» Diese Worte retten Fritz Künzli das Leben.
58 Jahre später gibts für den Sonnyboy keinen Schutzengel mehr. An der Seite von «Möneli» verstirbt «Ziger-Fritz» in der Klinik Hirslanden in Zürich.