Alex Frei spricht über Hannover, die Nati und mehr
«Früher hatten die Medien mehr Stil»

Alex Frei (40) gilt als grosses Trainer-Talent. Hier spricht er über die Absage an Hannover 96, wofür er stehen soll, wie er die Nati sieht und was ihn an den Medien heute stört.
Publiziert: 25.11.2019 um 01:14 Uhr
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Aktualisiert: 25.11.2019 um 09:59 Uhr
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Alex Frei äussert sich im SonntagsBlick über die Hannover-Gerüchte, seine Trainer-Ausbildung, die Nati und mehr.
Foto: TOTO MARTI
Andreas Böni

Herr Frei, erklären Sie erst mal: Warum haben Sie Hannover abgesagt?
Alex Frei: Erst mal muss ich sagen, dass ich sehr gute Gespräche hatte. Hannover sollte für jeden Trainer eine Überlegung sein. Es war ein schwieriger Entscheid, aber für den Moment der richtige. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Aber glauben Sie mir, es war auch für mich nicht einfach, abzusagen.

Rund um Schweiz – Irland in Genf tauchten Sie plötzlich im SFV-Trainingsanzug auf. Da dachte man schon, Sie würden beim SFV etwas übernehmen.
Nein, nein, das ist die einheitliche Arbeitskleidung beim Uefa-Pro- Lizenz-Trainerkurs, das tragen wir auch, wenn wir Lektionen in Magglingen oder in Muri BE haben.

Wann sind Sie mit allen Trainerkursen fertig?
Das wird zwischen März 2020 und Juni 2020 sein. Im positiven Fall ist die Diplomfeier dann im Herbst 2020. Aber wenn man im Lehrgang ist, hat man die Erlaubnis, Super League oder eben Bundesliga zu trainieren.

Wofür soll der Trainer Frei stehen?
Für schnellen, aggressiven und ehrlichen Offensivfussball mit viel Laufbereitschaft. Meine Haltung ist immer, sich an den Schwächen des Gegners zu orientieren, nicht an deren Stärken. Und neben dem Feld möchte ich eine Wertekultur mit Anstand, Respekt, Toleranz und Vertrauen. Klar ist: Du musst als Trainer du selbst sein. Authentisch mit seinen Stärken und Schwächen.

Für welchen Fussball treten Sie ein?
Mir gefällt der Stil von Marco Rose bei Gladbach oder die Philosophie von Jürgen Klopp. Angriffspressing, Vollgas. Aber natürlich bist du als Trainer auch abhängig von der Qualität der Spieler. Du kannst nicht beim Tabellen-15. in der 2. Bundesliga anfangen und glauben, du könnest wie Manchester City spielen. Und du brauchst Ruhe im Verein, um es durchzuziehen. Es ist kein Zufall, dass St. Gallen plötzlich Tabellendritter ist.

Die Spieler heute sind besser ausgebildet als Ihre Generation. Wie zeigt sich das neben dem Platz?
Sie kommen viel früher mit den Gegebenheiten des Profifussballs in Kontakt. Sie bekommen viel mehr mit von ihren Ausbildnern. Ob dies beim Klub ist oder bei der Jugendnationalmannschaft. Zum Beispiel können sie sich im Mentalbereich externe Hilfe holen, die wir zu unserer Zeit noch gar nicht kannten.

Ihre Ex-Trainer sind Ottmar Hitzfeld und Jürgen Klopp. Welcher war besser?
Die Frage ist nicht fair. Das sind zwei unterschiedliche Zeiten. Ottmar war sicher in den 90ern, 2000ern der prägende Mann. Es war unglaublich imposant, wie ruhig er immer blieb. Er hatte oft die Chance, aus der Haut zu fahren, die Spieler zusammenzufalten. Aber er führte immer respektvoll. Jürgen war dann die nächste Generation. Er ist mehr Menschenfänger, kann Leute auf seine Seite ziehen und fährt eben dann mal aus seiner Haut. Ottmar frissts in sich hinein, Jürgen gar nicht. Ich habe von beiden das Beste mitgenommen.

Würden Sie ausschliessen, Marcel Koller irgendwann bei Basel zu ersetzen?
Ich habe gelernt, mich mit Dingen zu befassen, die ich beeinflussen kann. Und Stand heute kann ich das, ja!

Könnten Sie sich vorstellen, neuer Nati-Trainer zu werden im Sommer?
Ich denke, dass die Antwort oben reichen sollte.

Journalismus-Legende Mario Widmer warb in der «Schweizer Illustrierten» für diese Lösung.
Vielleicht ritt ihn das schlechte Gewissen, weil er mich auch ein, zwei Mal attackiert hatte, als ich noch Spieler war (lacht) ...

Wie erleben Sie die Schweizer Nati?
Als homogene, harmonische Mannschaft. Viele Spieler mit hoher Qualität, aber ich kenne das Innenleben nicht.

Warum hat sie sich trotz Erfolgen so weit von der Basis entfernt?
Was heisst von der Basis entfernt? Ich glaube, das ist ein allgemeines Phänomen im Fussball. Nicht nur in der Nati. Wir müssen generell aufpassen im Fussball, dass die Übersättigung und das Entfernen nicht noch weiter zunehmen.

Gut, bei der Nati brachte der Doppeladler eine gewisse Entfremdung.
Die Aktion war sicher nicht förderlich. Aber eben, mit ein Grund sind heute die Spieler. Sie lechzen nach Verbesserungen, wollen immer weiter hoch. Da wird ein Klub eher benutzt, um auf die nächste Stufe zu kommen, was per se nicht schlecht ist. Früher spielte die Klubtreue eine grössere Rolle als heute. Da war auch mal einer 12 Jahre bei Xamax oder Aarau oder verbrachte die ganze Karriere bei GC. Das gibt es heute nur noch in Ausnahme­fällen. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es früher auch eine Einschränkung der Kaderplätze für ausländische Spieler gab. Heute ist das anders. Früher waren da Mäzene, die nicht so aufs Geld ange­wiesen waren, da kannst du einen Topspieler auch mal lange halten. Heute sind die Klubs abhängig von den Transfers, um zu überleben.

Granit Xhaka beklagte sich im SonntagsBlick über Social Media. Wie sehen Sie das?
Ich teile seine Meinung. Das ist unglaublich, auch der Journalismus.

Deutsche Medien meldeten bereits, dass Sie neuer Hannover-Trainer seien.
Es geht vielmals nur darum, News rauszuhauen, ob sie wahr sind oder nicht, inte­ressiert keinen mehr. Früher gab es Gentlemen’s Agreements, mehr Stil. Heute haust du einfach raus. Dieses Vertrauen war die Basis, es wurde reflektiert, miteinander geredet. Man ging fairer miteinander um.

Wie sehen Sie den Fall Xhaka?
Es ist immer einfach zu sagen von aussen, dass das nicht passieren darf. Du bist ein Mensch, hast
Emotionen, und es hatte sich etwas angestaut. Darum darf man seine Gesten nicht überbewerten, bei ihm brach es so aus. Schlimm finde ich, warum es so weit kam.

Wenn Sie Trainer sind, werden Sie Social Media nutzen?
Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Muss ich den Zirkus mitmachen oder nicht? Ich glaube, ich bleibe ein Dinosaurier und halte mich da raus.

Gut, aber die Klubs sind auch schlecht beraten, die Spieler so abzuschotten, wie sie es tun.
Und ich wundere mich darüber, aber noch mehr, wenn es um Trainings geht. Die Spieler werden
immer gläserner, du weisst alles über den Gegner. Wenn man dann nur noch geschlossen trainiert,
entfernst du dich von den Fans, und es bringt gar nicht viel. Ich finde, drei öffentliche Trainings und zwei geschlossen, das wäre ein gutes Verhältnis.

Als Luzern-Sportchef erlebten Sie fast ein Burnout. Warum soll Ihnen das als Trainer nicht passieren?
Weil ich viel gelernt habe in Luzern. Ich habe ein Jahr reflektiert, wer ich bin, wer ich sein will, und habe nun anderen Bezug zu Stress. Es ist sehr wichtig, sich immer wieder zu reflektieren. Ich habe durch meine Weiterbildungen sehr viel über den Fussball und mich selber gelernt. Und ganz ehrlich: Ich bin einfach gerne draussen auf dem Platz.

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