Das Drama beginnt harmlos wie ein Kindergeburtstag. Er werde nur kurze Zeit weg sein, lässt Sergio Marchionne (66) ausrichten, als er sich Ende Juni ins Zürcher Unispital begibt.
Firmenintern spricht der Fiat- und Ferrari-Boss angeblich von einem Routine-Check-Up, derweil italienische Medien von einer Schulter-OP berichten.
Doch es kommt ganz anders. Marchionne verbleibt länger im Spital, angeblich gibt es «plötzliche und unerwartete Komplikationen» («Il Giornale»). Sein Zustand verschlechtert sich, zuletzt dramatisch, irreversibel, endgültig. Marchionne stirbt am Mittwoch im Alter von 66 Jahren.
Das Unispital schweigt zunächst, beruft sich auf die ärztliche Schweigepflicht. Umso heftiger rätseln die Medien über die Todesursache, lancieren offene oder verkappte Pfuschvorwürfe, «man stirbt ja nicht an einer Schulteroperation» («La Repubblica») in einem renommierten Schweizer Spital. In Wahrheit sei Marchionne ein Sarkom, eine Art bösartiger Tumor, an der Schulter entfernt worden («La Stampa»). Komplikationen hätten eine Gehirnembolie oder einen Herzstillstand ausgelöst, Marchionne sei ins Koma gefallen und daraus nicht mehr aufgewacht («Lettera43»).
Jetzt wehrt sich das Unispital unzweideutig: «Herr Sergio Marchionne war Patient am USZ. Aufgrund einer schweren Erkrankung kam er seit mehr als einem Jahr immer wieder zur Behandlung. Obwohl sämtliche Möglichkeiten der Spitzenmedizin ausgeschöpft wurden, ist Herr Marchionne leider verstorben. Wir bedauern seinen Tod ausserordentlich und drücken der Familie unser tiefstes Beileid aus.» Schwere Erkrankung heisst im Ärztejargon Krebs.
Wer Marchionne kannte, wusste nur zu gut, dass dieser Schwerarbeiter den Tag mit
einer Zigarette begann – und beendete. Bisweilen soll er an einer Sitzung ein Päckli geraucht haben, manchmal 80 Stück am Tag. Er litt an Atemproblemen, vor rund acht Monaten erhielt er in Zürich die finale Diagnose Lungenkrebs.
Das tödliche Laster hat er deswegen aber nicht aufgegeben. Seine heiss geliebten Marlboros, 25 Jahre Ferrari-Sponsor, hat er einfach durch E-Zigaretten ersetzt.