Tatiana Calderons Formel-1-Abenteuer im Sauber
«Vor dem Test hatte ich Zweifel – jetzt nicht mehr»

Sauber-Entwicklungsfahrerin Tatiana Calderon (25) fährt sonst in der GP3 mit 400 PS. Nun sass sie in Mexiko für einen Promo-Event erstmals im rund 900 PS starken Alfa-Sauber C37. Danach erreichte sie BLICK am Telefon.
Publiziert: 01.11.2018 um 08:26 Uhr
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Aktualisiert: 14.11.2018 um 22:56 Uhr
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Tatiana Calderon (25) testete für einen Promo-Event den Alfa-Sauber C37.
Foto: AP
Matthias Dubach

BLICK: Hallo Tatiana…
Tatiana Calderon: Hallo, wie geht’s?

Sie sprechen Deutsch?
Ja, weil ich in Kolumbien 13 Jahre lang eine Schweizer Schule besuchte. Wir konnten zwischen Deutsch und Französisch wählen. Es scheint Schicksal zu sein, dass ich nun für Sauber fahre!

Sauber ist nach dem Jo-Zeller-Team in der Formel 3 und ihrem aktuellen GP3-Team Jenzer schon ihr drittes Schweizer Team. Sprechen Sie auch ein paar Worte Schweizerdeutsch?
Nein, das nicht. An der Rennstrecke ist Englisch wichtiger. Auch dieses Interview führen wir besser auf Englisch, im Deutsch fehlen mir dann doch manchmal die Wörter.

Okay: Sie durften in Mexiko anlässlich eines Filmtages 23 Runden lang den Alfa-Sauber testen. Wie war ihr erstes F1-Abenteuer?
Es war noch besser als erwartet. Einfach unbeschreiblich. Die Beschleunigung, das Tempo, die Bodenhaftung und die Bremsen eines Formel-1-Autos sind unfassbar gut. Ich habe ein paar Runden gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt habe. Danach war es ein Riesen-Spass.

Die Gerade ist 1 km lang. Wie schnell waren sie?
Da hatte ich rund 350 km/h drauf. Es war perfekt, dass ich in Mexiko fahren durfte. Hier sind die Autos wegen der Höhenluft noch schneller als sonst. Und weil ich Teil der «Escuderia Telmex» bin, haben mich die Leute wie eine Landsfrau gefeiert. Das Interesse war enorm.

Wie haben sie die enormen Fliehkräfte ausgehalten?
Das war kein Problem. Ich habe mich noch nie in einem Auto so wohl gefühlt. Ich trainiere hart, um den Ansprüchen der Formel 1 gerecht zu werden. Das hat sich ausgezahlt. Meinem Nacken geht’s prima. Ich hätte locker noch lange weiterfahren können. Aber es waren leider nur 100 km erlaubt.

Wie waren die Rundenzeiten?
Ich hatte total andere Reifen und andere Streckenbedingungen als am GP-Wochenende. Der Vergleich macht keinen Sinn. Aber das Team war sehr zufrieden. Vor dem Test hatte ich Zweifel – jetzt nicht mehr. Ich habe die Feuertaufe erfolgreich absolviert. Jetzt weiss ich, dass ich weiter meinen Traum von der Formel 1 leben kann.

Hoffen Sie auf einen Frauen-Bonus?
Überhaupt nicht. Mir ist bewusst, dass die Formel 1 ein sehr hohes Ziel ist, egal ob für einen Mann oder für eine Frau. Aber ich werde weiter hart arbeiten und alles dafür tun, mein Ziel zu erreichen.

In der GP3 haben sie noch keinen Sieg geholt. Der Weg in die Formel 1 ist noch weit!
Wir arbeiten daran, dass ich 2019 in der Formel 2 fahren kann. Grössere, leistungsstärkere Autos und längere Rennen liegen mir besser.

Die neue Frauen-Meisterschaft «W Series» mit den kleinen Formel-3-Wagen ist deshalb kein Thema?
Die W Series ist eine Einsteigerserie, das wäre für mich ein Rückschritt. Ich bin überzeugt, dass ich in der Formel 2 einen guten Job machen würde und dass der heutige Sauber-Test der erste Schritt zu etwas Grossem sein kann.

Aber selbst ein Riesentalent wie Esteban Ocon findet keinen F1-Platz mehr.
Mir ist klar, dass bei einem Formel-1-Einstieg vieles passen muss, auch die kommerzielle Seite. Ich bin zuversichtlich, dass ich bald für Sauber einen richtigen Test fahren kann.

Kennen Sie Simona de Silvestro, die 2014 als erste Frau einen Sauber testete?
Leider habe ich zu ihr keinen Kontakt. Aber ich habe mich oft mit Susie Wolff (fuhr 2015 als bisher letzte Frau im Rahmen eines Grand Prix ein F1-Training, d.Red.) unterhalten, sie hat mir einige Tipps gegeben.

Wer ist ihr Idol?
Ich habe als Kolumbianerin immer mit Juan-Pablo Montoya mitgefiebert, sein aggressiver Fahrstil hat mich fasziniert. Ausserhalb des Rennsports bewundere ich Roger Federer sehr.

Sie verfolgen seine Karriere?
Oh ja, ich liebe Tennis. Federers Australian-Open-Sieg 2007 habe ich live miterlebt. Es wäre grossartig, ihn mal zu treffen. Mein Traum, einmal Formel 1 fahren zu können, wurde heute Realität. Mein nächster Traum wäre, mal Federer zu treffen (lacht). Wenigstens höre ich ihn jedes Mal sprechen wegen dieser animierten Werbung am Flughafen, wenn ich in Zürich ankomme. Das ist cool.

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Erst zwei PS-Ladys fuhren ein F1-Rennen

Seit dem 15. August 1976 bestritt nie mehr eine Frau ein Formel-1-Rennen: Lella Lombardi fuhr in Österreich als Zehnte ins Ziel. Die mit 50 Jahren an Krebs verstorbene Italienerin ist zudem die Einzige, die jemals punktete. Im Spanien-GP 1975 wurde sie Sechste – was wegen eines Rennabbruchs (mit fünf Toten) in Barcelona einen halben WM-Zähler gab.

Lella Lombardi ist die einzige Frau, die bei einem GP jemals punktete.
Foto: getty images

Neben Lombardi schaffte es mit Maria Teresa de Filippis († 89) nur noch eine weitere Frau an den Start. Sie bestritt in den 50er-Jahren drei GP. Mit Desiré Wilson, Divina Galica und zuletzt Giovanna Amati 1992 probierten drei weitere Frauen erfolglos, sich für ein Rennen zu qualifizieren. Den letzten weiblichen Auftritt im Rahmen eines GP absolvierte Susie Wolff, die 2015 für Williams ein freies Training fuhr.

Die ItalienerinMaria Teresa de Filippis fuhr in den 50er-Jahren drei F1-Rennen.
Foto: RDB

Die Anläufe vor Wolff? Simona de Silvestro testete 2014 bei Sauber. Maria de Villota († 33) verlor 2012 bei einem tragischen Unfall im Marussia ein Auge und starb 2013 an einem Herzinfarkt. Die Amerikanerin Danica Patrick sass hingegen nie in einem F1-Auto.

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