Wer ist eigentlich dieser Antonio Giovinazzi?
Antonio Giovinazzi: Ich bin ein offizieller Alfa Romeo-Fahrer. Ich habe mit drei Jahren im Kart begonnen und fuhr in dieser Kategorie, bis ich zwölf war. Dann gings über die Formel Abarth, Formel 3 bis in die GP2-Serie. Dort habe ich 2016 den Titel gegen Pierre Gasly mit 211:216 Punkten verloren. Dann hab ich als dritter Fahrer bei Ferrari unterschrieben.
Tönt gut. Aber auch wenn Ihre Familie in Süditalien reich genug war, Sie in die Kart-Szene zu bringen, so fehlte Ihnen – wie zum Beispiel Stroll – das Geld für die Formel 1.
Stimmt, unser Sport ist ein hartes Geschäft, gut für reiche Söhne! Aber ich und meine Familie glaubten immer an mich. Mein Aufstieg war harte Arbeit. Im Gegensatz zum Fussball spielen bei uns nur 20 Fahrer in der höchsten Liga.
Harte Arbeit ist wichtig. Aber es gibt noch viele Talente, die hart trainieren und es trotzdem nie schaffen. Da muss Ihnen doch auch mal das Glück über den Weg gelaufen sein.
Ich weiss, was sie andeuten. Und es war 2012 tatsächlich die Familie Gelael aus Indonesien, die mich finanziell unterstützte. Ich hatte Sean Gelael schon vorher im KartSport kennengelernt, und wir fuhren lange zusammen in Asien. Seinem Vater Ricardo gehört die Kentucky-Fried-Chicken-Kette. Ohne dessen Hilfe wäre ich heute wohl nur ein professioneller Kart-Fahrer!
Und jetzt?
Wir sind weiter sehr gut befreundet. Ja, Sean ist wie ein Bruder für mich, und wir fliegen sogar zusammen in den Urlaub. Sean selbst fährt seit 2017 in der Formel 2 und ist Testfahrer bei Toro Rosso. Dieses Jahr fährt er neu für Prema – und sein Teamkollege ist Mick Schumacher.
Ferrari war, dank Ihrem Manager Enrico Zanardi, die nächste Station. Und es ist kein Geheimnis, dass der 2018 verstorbene Präsident Sergio Marchionne ein grosser Fan von Ihnen war.
Ja, wir verstanden uns sehr gut. Vor allem ihm verdanke ich den grossen Sprung, und wir vermissen ihn bei Ferrari alle. Er wollte, dass ich nach Charles Leclerc als Ferrari-Tester ein Formel-1-Cockpit bekomme.
Und Sie erhielten ja bereits 2017 bei Sauber-Ferrari zwei Grand-Prix-Chancen.
Ja, das war irgendwie verrückt. Ich bin als Ferrari-Ersatzfahrer nach Melbourne geflogen. Dann bekam ich erst am Samstagmorgen einen Anruf, dass ich im dritten Training den Sauber fahren soll, weil Pascal Wehrlein verletzt war. Ich kannte die Strecke nicht und durfte mit meiner Premiere zufrieden sein (Platz 12, d. Red.). In Shanghai ging dann fast alles schief, ich warf den Sauber zweimal neben die Piste. Das war natürlich kein positiver Eindruck.
Hatten Sie Angst, dass damit Ihre Formel-1-Karriere vielleicht schon wieder vorbei ist?
Nun, allzu optimistisch war ich nicht mehr. In der Formel 1 bist du in einer Woche der Held und das nächste Wochenende der Depp. Und mit diesem Image stieg ich vorerst aus dem Geschäft.
Und jetzt sitzen Sie nach zwei Jahren wieder in einem richtigen Rennwagen.
Die Freude ist gross, weil ich endlich beweisen will, was ich wirklich kann. Aber die ersten zwei Rennen werden bestimmt nicht leicht sein, weil ich seit dem ersten Sauber-Auftritt nur in Le Mans unterwegs war.
Spüren Sie nach den guten Tests in Barcelona einen speziellen Druck, weil Sie ja gegen einen so erfahrenen Teamkollegen wie
Räikkönen antreten müssen?
Nun, im Moment bin ich nur auf mich fokussiert. Kimi kann als früherer Weltmeister nur so eine Art Lehrer oder eben eine Referenz für mich sein. Mein Problem: Ich bin im Rennen stärker als in der Quali.
Ihre Ziele 2019?
Ich muss von Kimi noch viel lernen! Das Ziel ist sicher, dass wir gut zusammenarbeiten und für das Team das beste Resultat erreichen.
Ist eigentlich logisch …
Das stimmt. Doch ich bin ein Neuling, kann noch keine grossen Sprüche machen (lacht). Weil wir verschiedene Fahrertypen sind, versuche ich sogar, mich seinem Stil anzupassen, was die Teamarbeit und die Abstimmung natürlich sehr erleichtern sollte.
Sie gehen Kimis Weg, um den Ingenieuren das Leben leichter zu machen?
Ja, es wird allen helfen.
Normalerweise ist der Teamkollege immer der grösste Feind des andern Piloten.
Bei uns wird das anders sein. Ich kenne Kimi ja seit über zwei Jahren bei Ferrari. Die Priorität liegt also bei mir vor allem beim weiteren Lernprozess.
Ist es Ihnen wirklich nicht wichtig, Kimi zu schlagen?
Das ist nicht mein Hauptziel, um ehrlich zu sein.
Sie leben in Monte Carlo – was denken Sie über die Schweiz, wenn Sie nach
Hinwil kommen müssen?
Ich liebe euer Land, und vor allem die Mentalität. Wenn wir morgens um 9 Uhr ein Meeting haben, sitzen die meisten Mitarbeiter schon zehn Minuten vorher im Saal. Das ist für einen Italiener sehr seltsam, aber ich muss lernen, pünktlich zu sein. Nur beim Essen bleibe ich immer ein Italiener – Pasta und Pizza. Besser geht es nicht.
Wo wohnen Sie in Monaco – auch hinter der ersten Kurve von Sainte-Dévote wie Ihr Vorgänger Charles Leclerc?
Nein, ich bin oben beim Casino in der Nähe des Hotel Metropol. Und wie Charles kann ich von meinem Appartement leider nicht auf die Rennstrecke blicken.
Beten Sie im Cockpit, wie es Senna und Schumi offen zugaben?
Nein, dazu habe ich keine Zeit. Ich muss mich voll aufs Fahren konzentrieren. Doch ich bekreuzige mich jedes Mal, wenn ich ins Auto steige.
Antonio Giovinazzi wurde am 14. 12. 1993 in Martina Franca (Tarent) geboren. Er fuhr über zehn Jahre im Kart-Sport. Dann ging es über die Formel 3 in die GP2-Meisterschaft. 2017 war er dritter Fahrer bei Ferrari – und kam wegen der Wehrlein-Verletzung zu zwei WM-Rennen für Sauber. Seine Schwester arbeitet im Management mit. Seit Jahren begleitet ihn seine Freundin durchs Leben. Er sagt: «Ich nehme sie nicht zu den Rennen mit. Sie kommen ja auch nicht mit Ihrer Partnerin zur Arbeit ins Büro!»
Antonio Giovinazzi wurde am 14. 12. 1993 in Martina Franca (Tarent) geboren. Er fuhr über zehn Jahre im Kart-Sport. Dann ging es über die Formel 3 in die GP2-Meisterschaft. 2017 war er dritter Fahrer bei Ferrari – und kam wegen der Wehrlein-Verletzung zu zwei WM-Rennen für Sauber. Seine Schwester arbeitet im Management mit. Seit Jahren begleitet ihn seine Freundin durchs Leben. Er sagt: «Ich nehme sie nicht zu den Rennen mit. Sie kommen ja auch nicht mit Ihrer Partnerin zur Arbeit ins Büro!»