Was für ein starker Auftritt. Mit dem Melbourne-Fünften Felipe Nasr (22) hält Sauber schon wieder ein Juwel in den Händen. Wie einst mit Räikkönen, Massa, Kubica und Hülkenberg.
Einige Experten fürchten jedoch: Auch der Brasilianer wird nicht sehr lange für die Hinwiler fahren. «Sein Supertalent ist doch längst entdeckt. Die Topteams kennen seinen Namen!», sagt TV-Star Marc Surer (Sky Deutschland) zu BLICK.
Zehn WM-Punkte im ersten Grand Prix – sensationell. Brasilien feiert schon seinen neuen Weltmeister. Zwischen 1972 und 1991 holten Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet und Ayrton Senna zusammen acht WM-Titel an den Zuckerhut. Seither hoffte man vergeblich auf Barrichello und Massa!
Der «neue Senna», wie Nasr in seiner Heimat bereits genannt wird, hat alle Serien bisher mit Erfolg absolviert, blieb trotz seiner Härte im Cockpit jedoch stets bescheiden. Er kennt nur ein Motto: Vollgas ist mein tägliches Brot. Auch im exklusiven Gespräch mit BLICK.
Waren Sie vor Ihrem Formel-1-Debüt eigentlich nervös?
Felipe Nasr: Ich fühlte mich immer bereit! Die Testfahrten waren so überzeugend, dass eigentlich kaum was schiefgehen konnte. Ich kann gut mit Druck umgehen.
Und dann waren Sie in der ersten Runde bereits zwischen Maldonado und Räikkönen eingeklemmt ...
Ja, das war knapp. Ich bekam von irgendwo einen Schlag an ein Rad. Zuerst dachte ich, das war es dann. Aber nach einigen Runden fühlte sich zum Glück alles normal an.
Sie fuhren wie ein abgeklärter Profi. Ricciardo ist hinter Ihnen im Red Bull fast verzweifelt. Er kam nicht näher. Nein, er verlor immer mehr Zeit ...
Als Williams-Testfahrer hatte ich 2014 ja bereits einige Erfahrungen gesammelt. Du darfst in einem Rennen nie die Konzentration verlieren, sonst knallt es. Jetzt bin ich einfach mit meinem Team happy. Wir hatten doch einige emotionale Tage hinter uns. Und nun warten wir schon ungeduldig auf das Rennen in Malaysia.
Wie kommen Sie als Brasilianer zu einem arabischen Namen?
Meine Familie lebt in der Hauptstadt Brasilia. Mein Vater Samir hat Wurzeln im Libanon. Er hat meine Mutter Eliane in Brasilia kennengelernt und geheiratet. Meine ältere Schwester Flavia ist Architektin.
Reisen Sie als Single um die Welt?
Nein, meine Freundin heisst Julia und ist auch Brasilianerin. Sie lebt noch dort. Sie war bei den Tests dabei und wird wie meine Eltern einige Rennen besuchen.
Wer begleitet Sie?
Mein Onkel Amir wird die ganze Zeit mit mir unterwegs sein. Er hat in meiner Karriere noch nie einen Tag verpasst, an dem ich im Rennauto sass.
Haben Sie wegen ihm Benzin im Blut?
Mein Vater und seine drei Brüder sind riesige Motorsportfans. Mein Vater und Onkel Amir sind nach England gegangen, um Formel Ford zu fahren. Sie hatten nicht genug Geld, deshalb ist nur mein Onkel regelmässig gefahren. Zurück in Brasilien, haben sie ein eigenes Team gegründet. Ich habe lange lieber Fussball gespielt.
Wann änderte sich das?
Ich war acht, als ich erstmals Kart gefahren bin. Mein Vater hat mich nie dazu gedrängt. Er hat mich erst unterstützt, als er erkannte, dass ich es wirklich will.
War Senna Ihr Idol?
Ich bin 1992 geboren, habe ihn also nie fahren gesehen. Als ich mit Kart begonnen habe, hat Michael Schumacher alle Rennen gewonnen. Er war zusammen mit Senna mein zweites Idol.
Wann haben Sie realisiert, dass Sie Profi werden können?
Mit 16 Jahren. Ich habe in Brasilien im Kart einiges gewonnen. Dann wollte ich in Europa Formel BMW fahren. Ich bekam in einem italienischen Team ein Cockpit und habe gegen starke Gegner den EM-Titel geholt.
Welche Türen gingen danach für Sie auf?
Red Bull, Mercedes und Gravity (Lotus nahestehende Agentur, d. Red.) wollten alle mein Management übernehmen. Aber ich habe mich für Steve Robertson entschieden, der heute noch mein Manager ist. Wie auch der von Kimi Räikkönen.
Sie wohnen seit Ihrer Formel-3-Zeit in England. Kommen Sie nun in die Schweiz?
Nein, ich ziehe jetzt nach London. Ich muss zugeben, dass es mich eine Menge Zeit gekostet hat, mich an die Kälte und den Regen zu gewöhnen. Aber jetzt geniesse ich es in England.
Was sind Ihre Eindrücke von der Schweiz?
Ich war vorher noch nie hier, deshalb kenne ich das Land erst im Winter. Es ist sehr kalt. Ich mag das Essen, speziell das Fondue. Aber ich bin immer noch am Entdecken.
Das Sauber-Werk in Hinwil kennen Sie schon ...
Die Infrastruktur ist sehr beeindruckend. Vom Windkanal bis zu den Werkseinrichtungen. Ich war schwer beeindruckt.
Welchen Eindruck haben Sie von Peter Sauber?
Ich habe ihn 2009 erstmals getroffen, damals hat er in der Formel BMW regelmässig die Pokale überreicht. Aber seit ich nunmehr im Team bin, habe ich ihn erst zweimal getroffen.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Kollege Marcus Ericsson?
Sehr gut. Er hat schon ein Jahr in der Formel 1 hinter sich und kann dem Team helfen, das Auto zu weiterzuentwickeln. Wir haben keine Probleme miteinander.
Sind Sie in der GP2 nie aneinandergeraten?
Es gab ein paar hitzige Momente. Aber nichts wirklich Wildes, es waren keine Dramen dabei. Er ist ein ruhiger Kerl.
Mit welcher Musik werden Sie sich jetzt nach Melbourne entspannen?
Ich mag den klassischen Rock von Pink Floyd, Led Zeppelin, den Rolling Stones und Eric Clapton. Aber auch brasilianische Musik. Bei mir muss den ganzen Tag Musik laufen. Ich liebe es!