VOR DEM START. Hallo Formel-1-Fans. Hier meldet sich Malaysia zum GP auf der 5,5 km langen Strecke von Sepang beim Flughafen von Kuala Lumpur. Die Bedingungen sind ideal, 33 Grad Lufttemperatur und 61 auf dem Asphalt. Noch ist kein Regen in Sicht... Die Fahrer stehen alle schon auf der Startgeraden. Auf der Pole-Position wie vor zwei Wochen in Melbourne steht Weltmeister Hamilton im Mercedes. Doch neben ihm steht nicht Teamkollege Rosberg, sondern Vierfach-Champion Vettel in seinem erst zweiten Rennen für Ferrari. Eine echte Sensation. «Die Roten sind schon näher dran, als uns lieb ist», sagt Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda. Kann der Wahl-Thurgauer Vettel wie in Australien erneut aufs Podest fahren oder sogar gewinnen? Das ist die grosse Frage. Neben der Sauber-Frage: Wie viele Punkte sind diesmal möglich? Die 14 Zähler von Melbourne sind kaum mehr möglich. Diesmal war Ericsson der schnellere Mann, startete als 9. – und Nasr (sensationeller 5. in Australien) schaffte den ersten Teil der Quali nicht: Startplatz 16. Direkt vor den Weltmeistern Button und Alonso im McLaren-Honda. Bis bald aus dem Glutofen.
VOR DEM START. Das neue Manor-Marussia-Team verarscht die FIA weiter. Obwohl sich beide Autos nicht fürs Rennen qualifiziert hatten (einer schaffte die 107-Prozent-Klausel nicht, der andere fuhr gar nicht), wurden Stevens und Merhi zum Start zugelassen. Man wollte eben das Starterfeld auf 20 Boliden aufstocken. Aber der neue Skandal: Es startet jetzt nur Merhi, weil das andere Auto von Stevens gar keine Teile hat, die man braucht. In den Trainings war deshalb auch immer nur ein Manor auf der Piste. Was für Verhältnisse in einem doch meist professionellen Milliarden-Spiel. Aber jetzt viel Spass beim zweiten WM-Lauf. Anschnallen, Kaffee bereithalten... Es tauchen übrigens die ersten dunklen Wolken auf...
RUNDE 1. Pole-Mann Hamilton kommt gut weg und Vettel gewinnt das Duell gegen Rosberg in der ersten Kurve. Dann Ricciardo, Massa, Kvyat, Verstappen, Ericsson, Hülkenberg – 13. Nasr, 14. Räikkönen. Und schon hat Maldonando einen Plattfuss, kollidierte mit Räikkönen, der ebenfalls hinten links einen Plattfuss hat. Wieder Pech für den Finnen. Superstart von Hülkenberg im Force India.
RUNDE 2. Jetzt weiss man, dass auch Nasr in den Unfall involviert war und Räikkönen traf. Maldonado, Nasr und Räikkönen, das hatten wir doch schon vor zwei Wochen in Melbourne in der ersten Runde. Damals schied nur Maldonado aus, jetzt muss auch Nasr an die Boxen. Das wars dann wohl mit einer neuen Sauber-Supershow des Brasilianers. Hülkenberg jetzt Siebter vor Ericsson.
RUNDE 3. Au Backe, die Sauber-Fans können eigentlich schon abschalten. Ericsson dreht sich beim Angriff auf Hülkenberg ganz allein, bleibt im Kiesbett stecken – das Safety Car kommt raus. Und Nasr fährt langsam durch die Boxengasse. Nach dem Wunder von Melbourne jetzt das Drama von Malaysia. Die meisten Fahrer nützen die Neutralisation zum ersten Reifenwechsel. Der Stand: Vettel (blieb draussen) vor Hamilton, Rosberg, Ricciardo, Massa, Kvyat,Hülkenberg, Grosjean, Sainz, Verstappen. Aber erst wenn das Safety Car weg ist, wird es wieder übersichtlich. Jetzt führt Vettel vor Hülkenberg, Grosjean, Sainz, Pérez (alle ohne Stopp). Dann Hamilton, Ricciardo, Massa, Rosberg – 16. Nasr, der durch das Safety Car natürlich seinen Rückstand verringern kann. Hinter dem Sauber-Fahrer Räikkönen und Maldonado. Ericsson jetzt offiziell als erster Fahrer ausgeschieden.
RUNDE 7. Es geht wieder los. Vettel weiter vor Hülkenberg, Grosjean, Sainz und Pérez, der 2012 hier das Rennen im Regen für Sauber mit einem halben Dreher weggeworfen hat und sich dem langsameren Alonso (Ferrari) beugen musste. Ob die Hinwiler jemals wieder so nahe an einen GP-Sieg kommen? Obwohl Merhi im sechs Sekunden langsameren Manor-Ferrari auch schon an den Boxen war, liegt er als 16. noch vor Nasr, der elf Sekunden vor Schlusslicht Maldonado liegt.
RUNDE 10. Sobald etwas Chaos in die Szene kommt, ist es mit den Prozessionen von Mercedes vorbei. Auch der GP Malaysia scheint nach 17 Jahren zu Ende zu gehen. GP-Promotor Bernie Ecclestone (84) ist noch am Samstag ohne Vertragsverlängerung abgereist! Vettel jetzt 7,7 Sekunden vor Hülkenberg (Force India) und 8,3 vor Grosjean (Lotus), beide mit Mercedes-Power. Dann der erneut erstaunliche Neuling Carlos Sainz im Toro Rosso, der Hamilton aber nicht aufhalten kann. Der Brite hat sich jetzt auch Grosjean geschnappt, fightet mit Hülkenberg...
RUNDE 13. Vettel (noch ohne Stopp) jetzt 8 Sekunden vor Hamilton. Dann Hülkenberg, Grosjean und Sainz, alle noch ohne Reifenwechsel. Dann Ricciardo, Rosberg, Massa, Bottas, Verstappen in den Punkten. Nasr hat sich Merhi geschnappt und ist 16. – 2,5 Sekunden hinter dem McLaren-Duo Button und Alonso im klar unterlegen McLaren-Honda, dem noch 50 PS auf die Konkurrenz fehlen sollen.
RUNDE 16. Noch 40 Mal um den Kurs. Weiter ist die Sonne hier stärker. Bei 33 Grad und 58 auf dem Asphalt. Zieht die Regengefahr (im Gegensatz zur zweiten Hälfte der Qualifikation) im Rennen vorbei? Jetzt waren alle ausser Leader Vettel, die bei der Safety-Car-Phase nicht an die Boxen kamen, beim Reifenwechsel. Vettel jetzt 9 Sekunden vor Hamilton und 17 vor Rosberg. Dahinter das Williams-Mercedes-Duo Massa und Bottas. Weiter: Ricciardo, Verstappen, Kvyat und Alonso sowie Button im McLaren-Honda auf den beiden letzten Punkterängen! Wer hätte das gedacht? Nasr jetzt hinter Pérez schon wieder auf Platz 12.
RUNDE 17. Jetzt hat auch Vettel seinen Gummi gewechselt, blieb auf der weicheren Mischung. Neuer Leader ist Hamilton – 8 Sekunden vor Rosberg und 12,7 vor Vettel. Dann Massa, Bottas, Max Verstappen (ja, der erst 17-jährige Holländer). Dann Kvyat, Alonso, Ricciardo, Button, Räikkönen und Nasr. Sainz, Grosjean und Hülkenberg, die kurz eine Show einlegten, sind nach dem Gummiwechsel weit zurückgefallen.
RUNDE 20. Fahrfehler von Nasr. Er rutscht zu weit raus – und schon sind Sainz und Grosjean vorbei und der Brasilianer nur noch 13. Der Sauber-Mann entscheidet sich darauf zu einem weiteren Boxenhalt. Es wäre eine Überraschung, wenn die Schweizer heute mit einem Punkt nach Hause fliegen.
RUNDE 21. Vettel greift Rosberg an, kommt vorbei und ist Zweiter. Nur noch fünf Sekunden hinter Leader Hamilton! Damit hat man bei Mercedes nicht gerechnet. Und hinten ein Drama: Alonso (bereits in den Punkten) muss seinen McLaren-Honda in den Garagen abstellen. Nasr jetzt auf Platz 14 – direkt hinter Pérez. Stand: Hamilton vor Vettel, Rosberg, Massa, Bottas, Räikkönen, Grosjean, Sainz, Hülkenberg und Ricciardo in den Punkten.
RUNDE 24. Vettel wird unheimlich schneller, sieht jetzt Hamiltons Silberpfeil schon vor sich – und überholt ihn in der letzten Kurve, als der Brite mit dem Mercedes in die Boxengasse einlenkt. Zum zweiten Reifenstopp. Vettel sieht fast schon wie ein Sieger aus. Was wäre das für eine Sensation. Zuletzt hatte Alonso im Mai 2013 für die Roten gewonnen. Beim GP Spanien in Barcelona. Seither sind 35 Rennen vergangen. Für Vettel wäre es der 40. GP-Sieg, also noch einen weniger als Ayrton Senna! Aber noch geht es 32 Runden... Nasr klebt hoffnungslos auf Position 14.
RUNDE 28. Halbzeit. Es hat wieder mal gekracht. Hülkenberg (Force India) und Kvyat (Red Bull) krachen zusammen, beide können aber weiterfahren. Vettel jetzt 23 Sekunden vor Hamilton und 33 vor Räikkönen, weil Rosberg zum zweiten Reifenwechsel an die Boxen musste. Der Deutsche ist jetzt Vierter vor Sainz, Massa, Verstappen, Bottas, Hülkenberg und Ricciardo. Nasr als 14. fast zehn Sekunden hinter den Punkten. Erst zwei Ausfälle: Ericsson und Alonso.
RUNDE 34. Für Nasr ist das Rennen nach dem dritten Boxenstopp fast vorbei, was die Punkte-Träume anbelangt. Der Sauber-Fahrer ist überrundet und hat nur noch Schlusslicht Merhi im Manor hinter sich. Die FIA bestrafte jetzt Pérez für sein Duell gegen Grosjean und Hülkenberg für seine Karambolage mit Kvyat mit jeweils zehn Sekunden Zeitstrafe. Was soll das? Hier sollen Rennen steigen, da knallt es eben auch einmal. Vettel jetzt 15 Sekunden vor Hamilton, 28 vor Rosberg und 42 vor Räikkönen. Dann Massa, Verstappen, Bottas, Ricciardo, Kvyat und Pérez in den Punkten. Dahinter Button, Grosjean und Sainz.
RUNDE 36. Sebastian Vettel (erst ein Stopp) fährt weiter souverän an der Spitze – und viele seiner Kritiker aus der Red-Bull-Zeit müssen etwas umdenken. Der Deutsche hat Ferrari neues Leben eingehaucht, schneller als es selbst die Italiener geglaubt haben.
RUNDE 37. Vettel bekommt den Befehl an die Boxen zu kommen. Jetzt muss er sich fürs Finale über die letzten 19 Runden mit dem härteren Reifen herumschlagen. Hamilton und Rosberg werden bald auch wechseln und dann den Ferrari jagen. Das könnte noch interessant werden. Massa jetzt als Vierter bereits über 40 Sekunden hinter dem neuen Leader Hamilton, der aber sogleich in die Box abbiegt. Wie Massa. Wir müssen uns wohl etwa noch drei Runden gedulden, bis die Reihenfolge wieder übersichtlich wird. Nasr jetzt 12. – allerdings elf Sekunden ausserhalb den Punkten.
RUNDE 40. Vettel führt jetzt drei Sekunden vor Rosberg und 13 vor Hamilton. Der Brite fragte beim Reifenwechsel: «Warum bekomme ich wieder den harten Gummi?» Antwort: «Weil dein Satz mit den weicheren Reifen schon benutzt worden ist.» Da ist Ferrari reifenmässig besser aufgestellt, weil Vettel eben sorgsamer in den Trainings und der Qualifikation haushaltete. Räikkönen ist als Vierter jetzt 42 Sekunden zurück. Dann Bottas, Massa, Verstappen (der eine gefährliche Situation auf der Wiese souverän meisterte), Sainz, Ricciardo, Kvyat, Hülkenberg und Nasr.
RUNDE 43. Vettel jetzt 14 Sekunden vor Hamilton, da Rosberg an die Boxen musste, aber immerhin weichen Gummi bekam. Dann Räikkönen, Massa, Bottas, Sainz, Verstappen, Ricciardo und Kvyat in den Punkten. Dazu fehlen dahinter dem Kampfduo Hülkenberg/Nasr rund fünf Sekunden. Gibts doch noch Hoffnung? Aber soeben ein weiterer Dämpfer: Grosjean schnappt sich im Lotus-Mercedes den Sauber von Nasr. Und soeben hat auch der zweite McLaren-Honda mit Button an den Boxen aufgegeben. Damit noch 16 Autos im Rennen.
RUNDE 45. Das Ende aller Hinwiler Hoffnungen. Nasr macht als erster Fahrer einen vierten Boxenhalt und fällt wieder auf den vorletzten Platz (vor Merhi) zurück. Auf den Plätzen 7 bis 10 alle vier Bullen-Autos: Sainz und Verstappen im Toro Rosso aber vor dem A-Team mit Ricciardo und Kvyat! Der weiter souverän führende Vettel jetzt elf Sekunden vor Hamilton, der aber kaum näher kommt. Rosberg elf Sekunden hinter seinem Teamkollegen und 22 Sekunden vor Räikkönen. Der Finne hat dann schon 15 Sekunden Vorsprung auf Massa im Williams.
RUNDE 50. Wenn Vettel hier tatsächlich siegt und Italien ausflippt, wird man sich bei Mercedes grosse Strategie-Vorwürfe machen müssen. Der Poker mit dem schnellen ersten Reifenstopp ging in die Hosen. Nasr ist jetzt wieder 14., da Hülkenberg seinen dritten Stopp einlegen musste. Auch wenn Nasr jetzt Pérez vor sich hat und ihn schnappt, das Lotus-Mercedes-Duo mit Grosjean und Maldonado ist zu weit weg.
RUNDE 51. Was für eine emotionale Talfahrt für die Sauber-Fans. Maldonado (12.) hat an den Boxen den Lotus-Mercedes abgestellt. Damit erbt Nasr diesen Platz, liegt allerdings 17 Sekunden hinter Grosjean im andern Lotus-Mercedes. Sollte dieser auch noch Probleme bekommen, würden Nasr immer noch einige Sekunden auf Kvyat (Red Bull-Renault) zum letzten Punkt fehlen. Noch knapp 40 Kilometer...
RUNDE 56. Das Ziel. Sebastian Vettel (27) holt in seinem 141. Grand Prix sensationell den 40. GP-Sieg, den ersten im Ferrari. Italien wird ihn dafür umarmen. Nach fünf harten Jahren mit Alonso ist jetzt ein frischer Wind nach Maranello eingekehrt. Hamilton wird Zweiter und bleibt WM-Leader mit 43 Punkten vor Vettel (40) sowie Rosberg, der auf 33 Zähler kommt. Vierter wird hier Räikkönen vor den beiden Williams-Mercedes von Bottas, der Massa noch in der letzten Runde abgefangen hat. Dann die vier Bullen-Fahrer von Verstappen, Sainz, Kvyat und Ricciardo. Ohne Punkte: Grosjean, Nasr, Perez, Hülkenberg und Merhi. Wir melden uns nochmals.
NACH DEM ZIEL. «Grazie, grazie, Forza Ferrari, Forza Ferrari», brüllte Vettel in den Funk. Und Teamchef Maurizio Arrivabene brüllte zurück: «Grazie, Ferrari is back, Ferrari is back, Grazie, what a fantastic drive!» Ausgerechnet in der grössten Formel-1-Krise schenkt der Sport auf dem Asphalt den Millionen-Fans ein grosses Rennen. Die Dominanz von Mercedes ist gebrochen. Und Sauber ist in der WM vom dritten auf den vierten Platz zurückgefallen, überholt von Williams-Mercedes. Mit 14 Punkten hat Sauber jetzt zwei harte Gegner im Nacken: Toro Rosso (12) und Red Bull (11).