Die meisten Fans der Hinwiler Formel-1-Mannschaft sind auch keine Träumer. Sie wissen ganz genau, wo man jetzt – ohne Finanzlast im Rücken – den Hebel ansetzen muss. Beim neuen Boliden, dem C36.
Für 2017, wenn die Formel 1 mit breiteren Autos und Reifen in eine neue Ära fahren wird, muss Sauber bereit sein. Und ohne gutes Auto nützen selbst zwei Weltklasse-Piloten nichts.
Ein gutes Auto muss her
Aber die Spitzenklasse, auf der technischen Seite, muss jetzt wieder ins Zürcher Oberland anreisen. Da dürfen die Finanzen keine entscheidende Rolle spielen. Doch zu oft hauten gute Technische Direktoren oder Ingenieure nach wenigen Monaten wieder aus Hinwil ab. Sie trifft man jetzt bei McLaren (Matt Morris), Toro Rosso (James Key) oder Force India.
Ein konkurrenzfähiges Auto ist das eine. Aber dazu gehört natürlich auch der richtige Antriebsstrang. Und da ist Sauber bei Ferrari zuverlässig aufgehoben. Mehr aber nicht. Da sind die Mercedes-Kunden Force India, Williams und Manor im sichersten Turbo-Bereich.
Endlich weg vom 11. Platz
Der Manor ist gegenüber letzter Saison (mit Ferrari-Hybrid) jetzt um über drei Sekunden schneller geworden. Was vor allem Sauber spürt. Und der sensationelle Wehrlein-Punkt von Spielberg tut nur Sauber weh, das damit auf den elften und letzten WM-Platz abrutschte.
Und von dort muss das Team jetzt so schnell wie möglich weg. Irgendwann wird das Glück (in welcher Form auch immer) nach 13 Nullern in Serie wieder mal anklopfen. An die neuen Besitzer-Türen mit der bisherigen Chefin in Hinwil.
Das Chaos wegen Ericsson
Was natürlich zur Beruhigung der Lage nicht sehr erträglich ist, war der Auftritt von Marcus Ericsson am Donnerstag an der Medienkonferenz (blick.ch berichtete). Die Aussagen des Schweden wie “Ich kenne die neuen Besitzer nicht” und “ich habe Alternativen” führen zur Verwirrung. Da muss Chefin Monisha Kaltenborn nach der Rettung, die vor allem ihr Verdienst war, schnell eingreifen. Chaos ist das letzte, was das “neue” Team braucht. Die Fahrerfrage steht jetzt im Vordergrund, um alles zu beruhigen.
Sauber-Duo weiter hinten
Ericsson und Nasr konnten in den ersten 90 Minuten wenigstens beide Manor und beide Renault (Ocon durfte kurz Magnussen ersetzen) hinter sich lassen.
Der Brasilianer drehte mit dem neuen Heckflügel zuerst nur sechs Runden ohne Zeit. Rein, raus, rein. Dann gings zur Sache – und ein heftiger Rauch nach einem Verbremser demonstrierte die Kampfeslust des Südamerikaners.
Nasr sammelte also vor allem Live-Daten für einen Vergleich mit den Windkanal-Ergebnissen. So will man den C35 noch diese Saison konkurrenzfähiger machen. In Spa (28. August) ist sogar ein neuer Frontflügel am Auto!
Podestplätze – ein Traum
Nur, die meisten Teams haben eigentlich ihre Entwicklung für dieses Jahr abgeschlossen, arbeite mit Hochdruck an den 2017er-Autos. Dann werden im Testwinter die Karten neu gemischt.
Sollte dann Sauber (mit welchen Fahrern auch immer) zeitmässig wieder ans Mittelfeld aufrücken, dürfen die Fans wieder echte Hoffnung haben. Ob da der Traum von Podestplätzen (unter normalen Umständen) enthalten ist, muss vorerst stark bezweifelt werden. Dafür sind die Topteams einfach viel zu stark.
Hamilton Bestzeit – dann Crash
Das erste Training bei nur 24 Grad und 39 auf dem neuen Asphalt wurde eine sichere Beute von Mercedes. Dabei schlug Weltmeister Hamilton den WM-Leader Rosberg (der jetzt auch bis Ende 2018 bei den Silberpfeilen bleibt) um 0,2 Sekunden. Die beiden Ferrari und Red Bull wurden vorerst mal um über gut eine Sekunde zurückgebunden.
Auch am Nachmittag gaben die beiden Mercedes zuerst den Ton an. Bis nach 14 Minuten der vierfache Budapest-Sieger Hamilton den Silberpfeil in Kurve 11 an die Reifenmauer knallte. Nach vier Runden und der Bestzeit von 1:21,960. Nach einem kurzen Besuch im Medical Center. Der wird immer nötig, wenn beim Einschlag Fliehkräfte von über 15 g wirkten.
Kaum war Hamilton für den ganzen Nachmittag kampfunfähig, verbesserte Rosberg die Bestzeit des Briten gleich um 1,5 Sekunden. Der neue Vertrag beflügelt – und soll laut deutschen Medien 45 Millionen Euro wert sein. Da wird auch sein Berater Gerhard Berger (57) richtig zur Klasse gebeten haben.
Die Zwischenfälle mit Drehern hielten sich sonst in Grenzen, auch wenn Nasr kurz vor dem Ende in den Notausgang geschoben wurde. Der erste Aufgalopp zur Qualifikation am Samstag um 14 Uhr (TV live) war eher harmlos, zeigte nur, dass neben Mercedes weiter Red Bull und Ferrari dominieren. Dann aber kommen schon die beiden McLaren-Honda der Ex-Weltmeister von Alonso und Button. Schaffen sie noch dieses Jahr einen Podestplatz?
Übrigens hat in den bisherigen 30 Budapest-Schlachten, die erste 1986 noch hinter dem Eisernen Vorhang (!), nur 13 Mal der Fahrer aus der Pole-Position gewonnnen. So eine schlechte Statistik weist keine der traditionellen Rennstrecken in der Formel 1 auf. Das Rennen über 70 Runden steigt am Sonntag um 14 Uhr.