Lewis Hamilton (33) war der 70. GP-Sieg peinlich. «In den letzten zehn Runden habe ich mehrmals überlegt, ob ich Bottas den ersten Platz wieder zurückgeben soll. Dann hätte ich aber gegen den Befehl des Teams verstossen!» Am Morgen hatten beim Silber-Meeting noch alle zugestimmt, dass es im Rennen keinen Positionswechsel geben wird! Lewis: «Ich will ohne Hilfe siegen!»
Die Situation war später verzwickt – und ein glückliches Ende für alle unmöglich. Selbst Hamiltons Geste, Bottas seinen russischen Siegerpokal zu schenken, lehnte der Finne ab. So bleibt dem Briten auf dem Weg zum fünften WM-Titel nur noch eine Möglichkeit: Er wird zum richtigen Zeitpunkt Bottas nach vorne winken. Das ist sich Hamiltons Ehre schuldig.
Hamilton der Teamplayer
Denn der beste Rennfahrer der Gegenwart ist durchaus ein Teamplayer. Wie 2017 in Ungarn. Da biss sich Bottas im Kampf gegen Räikkönen (Ferrari) fest. Mercedes ordnete damals einen Positionenwechsel an, damit Hamilton sich gegen das rote Auto versuchen konnte. Lewis schaffte es auch nicht – und gab Valtteri in der letzten Runde wieder die alte Podest-Position (dritter Platz) zurück.
Wenn Mercedes die WM um drei Punkte verloren hätte, wäre Hamiltons Fairness schlecht belohnt worden. Genau so dachte Mercedes-Chef Toto Wolff in Sotschi: «Ich bin jetzt lieber für viele der böse Mann, als in Abu Dhabi der Idiot, wenn uns der Titel wegen den sieben Punkten durch die Lappen geht!»
Der wichtigste menschliche Punkt im ganzen Stallorder-Theater: Bottas weiss jetzt, dass Hamilton nicht mit falschen Karten spielt. Denn sofort nach dem Rennen schaute sich der Finne den linken Hinterreifen von Hamiltons Auto genau an. Er sah die vielen Blasen.
Der WM-Leader hatte mit seinem Funkspruch, dass er hinten Gummiprobleme habe, die verpönte Stallorder eigentlich erst ausgelöst. Wolff: «Vettel klebte schon im Heck von Lewis. Da musste ich reagieren!»
Die Stallorder wird ewig ein Reiz-Thema bleiben. Wie schon zweimal bei Ferrari. 2002 in Österreich musste Barrichello auf Befehl von Teamchef Jean Todt im 6. GP (!) Schumi vorbeilassen. 2010 in Hockenheim wurde der andere Brasilianer, Felipe Massa, aufgefordert, die Führung an Alonso abzugeben.
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Das sagt die Weltpresse zur Stallorder
«Die Teamorder war bislang nicht Stil von Mercedes, aber sie opferten ihre Prinzipien auf dem Altar des Pragmatismus.» Daily Mail
«Wird Hamilton wieder Weltmeister, dann ist der Sotschi-Sieg wohl der einzige, auf den er nicht gerne zurückblickt.» The Guardian
«Hamilton hat den halben WM-Titel in der Tasche. Vettel ist als 3. nur ein VIP-Zuschauer.» El Mundo Deportivo
«Vettel, WM Adieu! Er und Ferrari haben Hamilton schon den 5. WM-Titel geschenkt. Es wäre gar nicht nötig gewesen, Bottas zu bremsen.» Tuttosport
«Gedemütigter Bottas, Mercedes ist ungerecht. Das Rennen wird zum giftigen Grand Prix.»Corriere dello Sport
«Ein perfektes Teamwork der Silbernen, geprägt von Härte und Kompromisslosigkeit. Es lässt Ferrari und dem Chefpiloten kein Schlupfloch mehr.» FAZ