Logistik-Wahnsinn vor GP Monaco
Mazepin holt Testsieg – Alfa-Sauber im Stress

Peinlich für die Konkurrenz: Wer im Mercedes sitzt, liegt klar vorne. Wie der Russe Nikita Mazepin (20) am Testende in Barcelona. Und kaum hatte Räikkönen seine letzte Testrunde gedreht, starteten acht Leute mit dem Abbau der unteren Etage der Alfa-Sauber-Unterkunft.
Publiziert: 15.05.2019 um 13:24 Uhr
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Aktualisiert: 15.05.2019 um 19:17 Uhr
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Kimi Räikkönen rast mit einem neuen Boliden über den Barcelona-Asphalt.
Foto: imago images / Motorsport Images
Roger Benoit, Barcelona

Auf den weissen «Palast» aus den BMW-Zeiten (2006 bis 2009) warten hier sieben Lastwagen. «Wir brauchen für den Abbau des zehn Meter hohen und zwölf Meter breiten Motorhomes rund 14 Stunden», verriet Chef Andreas Embacher (40) BLICK, «und dann geht’s noch neun Stunden nach Monte Carlo.» Dort muss der weisse Riese im engen Fahrerlager am Mittelmeer bereits am Montagabend wieder stehen.

Vasseur: «Wollten wir nicht sparen?»

Es ist jedes Jahr ein logistisches Meisterwerk, um die zehn «Gaststätten» mit den Fahrerunterkünften in Monaco zu platzieren. Die über 150 Trucks (!) müssen in Italien auf den Befehl warten, ehe sie vom Berg in den fürstlichen Hafen runterfahren dürfen. Sauber muss ja auch noch das ganze Material mit den Autos zum nächsten WM-Lauf bringen. Das sind nochmals fünf Lastwagen. Und trotzdem ist kein Team mit weniger Trucks in Europa auf den Strassen.

In Frankreich wird Alfa-Sauber das älteste Motorhome sein, denn Renault kommt zum Heimrennen mit einem neuen Super-Palast. Alfa-Sauber Chef Vasseur schüttelt nur den Kopf: «Wollten wir nicht alle einmal sparen?»

Nächster Test: Abu Dhabi

Barcelona erlebte am Mittwoch den letzten offiziellen Testtag in dieser Saison. Erst im Dezember geht es nach dem WM-Finale in Abu Dhabi weiter. Dann sitzen in den Emiraten auch schon einige Fahrer in den Boliden des neuen Arbeitgebers. Bei Alfa-Sauber zeichnet sich für 2020 (noch) kein Pilotenwechsel an...

Alfa-Sauber: Die längste Nacht

Das war die längste und härteste Nacht für die Mechaniker im Alfa-Sauber-Team. Nach dem Horror-Crash von Testpilot Callum Ilott (20) am Dienstag musste für GP-Senior Kimi Räikkönen (39) – im Schichtbetrieb – ein neues Auto aufgebaut werden!

Erst um 9.40 Uhr, also 40 Minuten nach dem Teststart, war der C38 für den Finnen wirklich betriebsbereit. Eigentlich hat beim Ilott-Unfall kein Teil den über 200 km/h schnellen Aufprall heil überlebt. So mussten auch Chassis, Getriebe und die Power Unit (Motor) gewechselt werden.

Räikkönen schneller als beim GP

Der englische Formel-2-Pilot hatte am ersten Testtag gerade mal 41 Runden abspulen können. Bestzeit 1:19,819. Dann rissen ihn offenbar die Fliehkräfte in der dritten, langgezogenen Rechtskurve von der Strecke. Callum suchte nicht lange nach Ausreden, auch wenn er mal kurz den Wind ins Spiel brachte.

Für Räikkönen begann also mit dem neuen Auto auch ein neues Fahrgefühl am Ort, an dem das Hinwiler Team am Wochenende erstmals in dieser Saison wirklich alt aussah.

Nun, Kimi konnte bei Testende um 18 Uhr nach 110 Runden mit 1:17,399 seine Qualifikations-Zeit vom Samstag hier klar verbessern, auch wenn er dafür etwas weicheren Gummi brauchte. «Das Beste nach dem Unfall am Dienstag war, dass wir wieder einen einsatzfähigen Boliden haben. Beim nächsten Mal wären wir hier sicher schneller!», so das Fazit des Finnen.

Nur fünf Stammpiloten...

Am letzten offiziellen Testtag der Saison 2019 entdeckten wir neben Kevin Magnussen (Haas-Ferrari) und Räikkönen nur noch drei weitere Formel-1-Fahrer: Albon (Toro Rosso-Honda), der die Tests mit einem Dreher und Platz zwei beendete sowie die nur für Pirelli im Einsatz stehenden Leclerc (Ferrari) und Stroll (Racing Point-Mercedes).

Crash von Ticktum (19)

Der Rest wurde dem Namen Young Driver-Test  gerecht. Antonio Fuoco (22) testet nach dem Ausscheiden aus der Academy bei Ferrari im Simulator von Maranello (wo heute auch Sebastian Vettel im Einsatz ist).

Bei Red Bull-Honda sitzt der Brite Daniel Ticktum (19) im Cockpit. Laut Motorsportchef Dr. Marko «eines der grössten Nachwuchstalente». Aber oft etwas chaotisch auf und neben der Strecke. Um 11.59 Uhr löste er die erste rote Flagge aus: Unfall in Kurve zehn.

Die zwei Milliardärssöhne

Für Schlusslicht Williams-Mercedes ist der Kanadier Nicholas Latifi (23) unterwegs. Der Leader der Formel 2 zahlt dafür sicher einen siebenstelligen Dollar-Betrag. Wie der andere Milliardärssohn aus Moskau: Nikita  Dmiitrijewitsch Mazepin (20).

Mazepin wie Russell: Silberpfeil-Sieg

Der Russe sitzt im Werks-Mercedes und kann so seine bisher schlechte Formel-2-Saison etwas vergessen. Auch wenn er sich kurz vor der Mittagspause ins Kiesbett drehte. Doch am Ende schaute für Mazepin nach 122 Runden mit den weichsten Reifen der klare Tagessieg heraus. Fast mit der Pole-Zeit von Bottas (1:15,406) am Samstag! Ja, so überlegen ist der Silberpfeil.

Genau wie bei den kürzlichen Tests in Bahrain, wo George Russell vom Schlusslicht Williams-Mercedes in der Wüste als Mercedes-Gastpilot im Hamilton-Boliden die Bestzeit aufstellte.

Papa Mazepin will Williams kaufen

Der Russen-Clan hat mit Mercedes offenbar einen ähnlichen Vertrag wie früher Papa Stroll mit Williams. Mazepin soll auf verschiedenen Europa-Strecken in einem alten Silberpfeil herumkurven. Die Versuche seinen Vaters, Williams zu kaufen, scheiterten immer wieder. 

Briten-Trio Aitken, Yelloly, Turvey

Jack Aitken (23) testet hier den seit Saisonstart kränkelnden Werks-Renault. Der Brite ist aktueller Vierter der Formel-2-Meisterschat. Bei Racing Point sitzt wie am Dienstag der Londoner Nick Yelloly (28) im Auto, während Stroll ja nur für Pirelli die Reifen für 2020 testet.

Sette Camara fährt VW Polo

McLaren-Renault vertraute am Morgen auf die Erfahrungswerte von Oliver Turvey (32), der eigentlich überall vergeblich dem Erfolg nachjagt. Jetzt sitzt der Engländer eben in der Formel E hinter dem Lenkrad. Am Nachmittag übernahm der Brasilianer Sergio Sette Camara (20) das orange Auto – und drehte sich. Früher Feierabend. Der Senna-Fan und Formel-2-Pilot ist übrigens im normalen Strassenverkehr mit einem «VW Polo» unterwegs...

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Test-Resultate

Barcelona, 2. Tag

(4,655 km, 24 Grad, sonnig)

*

Stand 18 Uhr (Ende)

1. Mazepin (Mercedes) 1:15,775

2. Albon (Toro Rosso-Honda) 1:17,079

3. Fuoco (Ferrari) 1:17,284

4. Leclerc (P, Ferrari) 1:17,349

5. Räikkönen (Alfa-Sauber) 1:17,393

6. Aitken (Renault) 1:17,781

7. Magnussen (Haas-Ferrari) 1:18,101

8. Yelloly (Racing Point-Mercedes) 1:18,212

9. Latifi (Williams-Mercedes) 1:18,573

10. Ticktum (Red Bull-Honda) 1:19,635

11. Turvey (McLaren-Renault) 1:20,712

12. Stroll (P, Racing Point-Mercedes) 1:20,749

13. Sette Camara (McLaren-Renault)  1:21,565

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Die zwei P-Piloten fahren nu für Pirelli

Exklusiver Boxengang mit Roger Benoit
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Bei Tests in Barcelona:Exklusiver Boxengang mit Roger Benoit

 

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