Nur wenige Meter neben der markierten Piste in Meribel stürzte Schumi, so Augenzeugen, «bei einem geringen Tempo» Kopf voran auf einen Felsen.
Die ersten Meldungen kurz nach 11 Uhr waren noch nicht alarmierend. Von einem Formel-1-Piloten, dem bei 17 schweren Unfällen ein Beinbruch widerfuhr (Silverstone 1999), waren seine Fans einiges gewohnt.
Doch kurz darauf sickerten die ersten Horror-Nachrichten durch: Rettungs-Helikopter, Komplikationen, Schumi muss intubiert werden.
Lebensgefahr!
Der siebenfache Weltmeister wird vom Provinzkrankenhaus Albertville in die Uniklinik nach Grenoble geflogen. Dort stehen schon erste Reporter und TV-Teams vor dem Gebäude.
Gegen 14.30 Uhr wird der Wahlschweizer notoperiert und dabei ein Loch in seine Schädeldecke gebohrt, um den Druck zu verringern.
Um 22 Uhr äussern sich die Ärzte über seinen Zustand: «Der Patient wird im künstlichen Koma gehalten!»
Montag. 30. Dezember, 11 Uhr: Die erste Pressekonferenz. «Für eine Prognose ist es zu früh!» Schon sind die ersten Genesungswünsche in Grenoble eingetroffen. Darunter von Bill Clinton und Angela Merkel.
Ein Drama – nicht nur für die Sportwelt – zeichnet sich ab. Die Schumachers melden sich gegen 14 Uhr erstmals zu Wort. Schumis Managerin Sabine Kehm wird zur Sprecherin der Familie: «Wir möchten uns bei den Ärzten bedanken, die Michael jetzt helfen. Ausserdem danken wir den vielen Menschen, die weltweit ihr Mitgefühl ausdrücken.»
Kurz vor Mitternacht muss der Mann, der in der Formel 1 keine Grenzen kannte, erneut unters Messer. Dabei wird ein grosses Hämatom aus seiner linken Gehirnhälfte entfernt.
Gerüchte und Spekulationen
Die Tage vergehen zäh, ein Fotograf versucht, als Priester verkleidet, in Schumis Zimmer vorzudringen. Und die Medien saugen jede Neuigkeit begierig auf. Die Türe für Gerüchte und Spekulationen ist offen. Von überall melden sich Fachärzte zum Fall. Mit Vermutungen. Alle Prognosen enden in dem Satz: «Die Heilungschance ist sehr gering!»
Am 4. April zeigt Schumi Momente des Erwachens. Am 16. Juni – der Patient soll sich da schon nicht mehr im Koma befinden – wird er von Grenoble nach Lausanne in die Reha-Klinik überführt.
Eine Woche später bestätigt Managerin Kehm, dass Schumis Krankenakte gestohlen und diversen Zeitschriften für 60'000 Franken angeboten wurde. Die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein. Findet heraus, dass die IP-Adresse zu einer Helifirma in der Gegend um Zürich gehört.
Am 5. August wird der «Dieb» verhaftet. Einen Tag später erhängt sich der 54-jährige Deutsche in seiner Zürcher Zelle. Selbst Familie Schumacher ist geschockt.
Kollegen vergessen nicht
Im Formel-1-Zirkus jagen Hamilton und Mercedes in ihren Silberpfeilen dem WM-Titel nach. Auf dem Boliden steht seit Saisonbeginn die Aufschrift: «Keep fighting, Michael». Auch andere Teams und Fahrer haben den 91-fachen Rekordsieger nicht vergessen. Ferrari stellt sein ganzes GP-Team hinter der Tafel «Forza Michael» auf – also: Vorwärts, Michael!
Sebastian Vettel, der an der Bambi-Verleihung in Berlin die Laudatio für Ehrenpreisträger Schumacher hält: «Michael hat mich grossgezogen. Und jetzt wissen wir alle nicht, wie es ihm wirklich geht. Ich hätte ihm die Trophäe gerne persönlich überreicht.»
Am 23. September wird Schumis Sohn Mick (15) Vizeweltmeister in der Nachwuchsklasse KF Junior. Die Welt nimmt kaum Notiz.
Am 5. Oktober ist der Fall Schumacher plötzlich ein Nebenschauplatz. Im japanischen Suzuka rast Jules Bianchi (25) mit dem Marussia und 160 km/h in einen Bergungs-Traktor. Schwere Kopfverletzungen, irreparable Schäden, wochenlanges Koma.
Der Franzose wird am 18. November von Yokkaichi nach Nizza überführt. Parallelen zu Schumi drängen sich auf. Ein normales Leben ist für beide Familien nicht mehr möglich.
Michael, seit dem 10. September daheim am Genfersee, wird wie Jules sein Leben lang ein Pflegefall bleiben. Auch wenn die Hoffnung nie sterben wird.
Die Internet-Suchmaschine Google gab vor wenigen Tagen bekannt, dass Michael Schumacher 2014 den ersten Platz unter den nachgefragten Personen in Deutschland belegt!
308 Mal startete Schumacher bei einem Grand Prix, immer raste er als Fatalist durch seine einmalige Karriere. Schumi in einem seiner neun Interviews mit SonntagsBlick: «Ich bete oft im Cockpit zu Gott! Doch wenn etwas passieren muss, dann passiert es!»
Am Sonntag, 29. Dezember 2013, ist es passiert.
Am nächsten Samstag wird Michael Schumacher in seiner Villa von Gland VD 46 Jahre alt.