Nach einer heiteren Runde gestern mit der internationalen Presse ist vor allem der Titelverteidiger Lewis Hamilton (31) scharf wie eine Rasierklinge: «Endlich dürfen wir im Mercedes wieder Vollgas geben. Nicht wie bei den Tests in Barcelona.»
Deshalb feierte Ferrari dort auch zeitlich einen Doppelsieg, der jedoch viele Fragen offen lässt. Vettel, der sein Auto übrigens 2016 auf den Namen Margherita taufte, ist vorsichtiger geworden: «Wir sind wohl gegen die Silberpfeile weiter in der Aufholphase und dürfen uns nicht verrückt machen lassen!»
In Italien wird der erste WM-Titel seit 2007 (Räikkönen) gefordert. Vettel bleibt locker, war gestern gut drauf, streifte Ricciardo schon mal die Ferrari-Kappe über, als der Lokalmatador gefragt wurde, ob er 2017 Red Bull Racing Richtung Ferrari verlasse …
Wenn Hamilton die Saison so erfrischend beginnt, wie er sich momentan gibt, dann hat es Teamkollege Nico Rosberg (30) auch 2016 verdammt schwer.
Während der Deutsche seine Freude über den Dusel-Sieg seiner Bayern gegen Juventus in die Welt twitterte, benutzte Hamilton gleich mal die 24 Minuten der offiziellen Pressekonferenz zur digitalen Show.
Der Brite fotografierte sogar die neben ihm sitzenden Ricciardo und Vettel. Frage aus dem Publikum: «Benutzen Sie ein Blackberry oder ein iPhone?» Lewis trocken: «Beides!»
Nach elf Auftritten in Adelaide steigt jetzt bereits die 20. GP-Vorstellung in Melbourne. Es ist der einzige Ort neben zwei andern M-Metropolen (Montreal und Mexiko City), wo jeweils weit über 320 000 Fans am Wochenende gezählt werden.
Hier im Rampenlicht steht natürlich – trotz vielen Regenprognosen – der Dauerlacher Daniel Ricciardo. Von ihm sagt sein australischer Red-Bull-Vorgänger Mark Webber (jetzt bei Porsche): «Ich war nie so gut und schnell wie Daniel. Der wird bald die Formel 1 auch mit Titeln erobern.» Na, warten wir mal ab…
Ohne grossen Druck steigt Renault (das Lotus aufkaufte) in sein zweites GP-Comeback. Die neue Lackierung (gelber Traum) wurde am Strand bei Sonnenuntergang vorgestellt. Die Franzosen geben sich für den ersten Sieg schon mal drei Jahre Zeit.
Bei Sauber hängen weiter viele Fragezeichen herum. Das Team ist klar angeschlagen, der finanzielle Druck wächst von Tag zu Tag. Die nächsten Reisen nach Bahrain (und dann nach China und Russland) stehen vor der Türe. Das kostet Geld, viel Geld.
Chefin Monisha Kaltenborn (44) kämpft weiter heldenhaft. Aber auch bei ihr liegen die Nerven offenbar schon blank. Als BLICK-Fotograf Lukas Gorys gestern im Fahrerlager ein Bild schiessen wollte, winkte sie energisch ab: «Kein Bild mit diesem Gast!»
Der nicht ganz Unbekannte war und ist in dieser kritischen Phase wohl einer der wichtigsten Geldgeber eines Fahrers und des ganzen Teams.
Und da muss man für die Privatsphäre Verständnis haben. Vor allem weil der «Gast» ja auch nicht mit dem bekannten Namenszug seiner milliardenschweren Firma (Hauptsitz in der welschen Schweiz) auf den Sauber-Boliden auftaucht.
Jetzt können die Sauber-Fans nur noch eines tun: Daumen drücken. Denn ohne WM-Punkte werden die Hinwiler den Existenzkampf früher oder später verlieren.