In der WM 2015 haben Mercedes, Ferrari, Williams-Mercedes, Red Bull-Renault und Force India-Mercedes mit den zwei Piloten die ersten zehn Plätze belegt. Da war kein Platz für Aussenseiter oder eben Überraschungen.
Das Bild an der Spitze hat sich über den Winter kaum geändert. Diese fünf Teams geben meist den Ton an. Auch wenn Ericsson (Sauber-Ferrari) sich auf Platz 5 schmuggelte – aber eben ausser Konkurrenz, mit dem nicht mehr aussagekräftigen alten Auto!
Und Ex-Saubermann Esteban Gutiérrez demonstrierte schon an seinem ersten Testtag mit Position sechs im neuen Haas-Ferrari (mit dem aktuellen Motor aus Maranello), dass die Amerikaner auch im ersten Jahr keine Nebenrolle spielen wollen. Und dabei ist der Mexikaner nicht einmal mit dem Ultra-Soft-Gummi (wie Vettel und Ricciardo) gefahren.
Und noch wichtiger: Es wird zu Testbeginn kaum mehr geblufft, auch wenn Mercedes der Konkurrenz nicht schon in der ersten Testwoche davonfahren will. Und weiter mit den härteren Reifen als die Konkurrenz unterwegs ist.
Vettel der Schnellste
Nach Hamilton (156 Runden am Montag) hat auch Teamkollege Rosberg die Zuverlässigkeit im Fokus. Der Deutsche schaffte als Marathonmann sogar die Rekordzahl von 173 Runden. Macht auf der 4,655 km langen Piste 805 Kilometer. Da kommt man auf Nebenstrassen locker von Zürich nach Berlin.
Kurz nach 12 Uhr, die beste Zeit für schnelle Runden, herrschte erstmals Grand-Prix-Stimmung. Rosberg verlor seine Bestzeit an Ricciardo, worauf auch Vettel den superweichen Gummi montieren liess – um mit 1:23,658 erstmals eine vernünftige Richtzeit auf den Asphalt zu zaubern. Sie hielt gerade mal zehn Minuten, da gab Ricciardo im Red Bull-Tag Heuer (Renault-Motor) mit 1:23,525 eine klare Antwort.
Denkste, der ehrgeizige Deutsche aus Ellighausen TG, der einmal sogar von der Piste flog, liess sich nochmals frischen Gummi aufziehen – und konterte im Ferrari mit 1:22,810. Ferrari hat Mercedes also schon nach 12 von 96 Teststunden erstmals den Fehdehandschuh hingeworfen.
Mercedes nimmt es sicher lächelnd zur Kenntnis. Doch eine zeitmässige Reaktion der Silberpfeile wird erst nächste Woche erwartet, wenn von Dienstag bis Freitag gefahren wird. Danach gehts zum WM-Start nach Australien…
Knall bei Honda
Bei Honda hat das Horror-Jahr beim Motoren-Comeback mit McLaren (nur 27 WM-Punkt, Platz 9) jetzt Folgen: Sportchef Yasuhisa Arai muss gehen. Yusuke Hasegawa kommt. Im Nippon-Land ein kleineres Erdbeben, das aber die Formel 1 kaum erschüttert. Nun, Arai sprach so schlecht Englisch, dass er bei den Medienkonferenzen immer einen Dolmetscher mitnehmen musste.
Button und Alonso sprachen schon nach den ersten Runden von klaren Fortschritten mit dem McLaren-Honda. Ganz an die Spitze werden es aber die beiden Ex-Weltmeister auch dieses Jahr nicht schaffen.
Ja, um Alonso gibt es seit Tagen immer wieder Gerüchte. Zuerst soll seine Freundin, TV-Moderatorin Lara Alvarez schwanger sein, dann er im August die Spanierin heiraten. Jetzt spekulierte die «Times», dass Alonso die Saison bald beenden wird, wenn die Kiste nicht schnell genug ist. Mit 119 Runden hat Alonso an einem Tag schon mehr Runden gedreht, wie letztes Jahr während der ganzen Testperiode!
Der ruhige Nachmittag hier in Barcelona liess uns auch einmal mit den Neulingen beschäftigen. So fährt der Brite Jolyon Palmer (25) bei Renault mit rund zehn Millionen Dollar Mitgift und mit nur einer Niere. Vor neun Jahren war der Sohn des früheren, in 83 Rennen erfolglosen Formel-1-Vaters Jonathan Palmer (ein Kinderarzt) mit einem Quad gegen einen Baum geprallt und schwebte drei Tage lang zwischen Leben und Tod. Jolyon: «Diese Geschichte verfolgt mich wohl noch Jahrzehnte…»
Vom Kriegsschauplatz Genf, wo am Dienstag die Strategiegruppe und dann die Technische Kommission über die neue Formel 1 ab 2017 diskutieren, ist noch nichts Endgültiges nach Barcelona durchgedrungen.
Egal, Stunk wird es sicher geben, weil einmal mehr die Bemühungen zur grossen Kostensenkung von den Topteams links liegen gelassen werden. Und Mercedes, mit Ferrari verbündet, würden am liebsten nichts ändern – oder eben dann erst ab 2018…
Test in Barcelona II (2. Tag, 4,655 km, 22 Grad)
1. Vettel (Ferrari) 1:22,810
2. Ricciardo (Red Bull-Tag Heuer) 1:23,525
3. Pérez (Force India-Mercedes) 1:23,654
4. Rosberg (Mercedes) 1:24,867
5. Ericsson (Sauber-Ferrari) 1:25,237
6. Gutiérrez (Haas-Ferrari) 1:25,524
7. Bottas (Williams-Mercedes) 1:25,848
8. Wehrlein (Manor-Mercedes) 1:25,925
9. Alonso (McLaren-Honda) 1:26,062
10. Palmer (Renault) 1:26,189
11. Verstappen (Toro Rosso-Ferrari) 1:26,539