Sie eilten gemeinsam von Erfolg zur Erfolg: Superhirn Ross Brawn (61) und Michael Schumacher (47), der siebenfache Formel-1-Weltmeister. Nun schreibt der Brite in seinem Buch «Total Competition: Lessons in Strategy from Formula One» über die dunklen Seiten Schumachers.
«Michael hatte einen Schwachpunkt. Er war so ehrgeizig, dass er die Dinge nicht so sah, wie das andere tun würden», schreibt Brawn. Bezeichnend für diese Seite nennt Brawn die Kollision mit dem Kanadier Jacques Villeneuve beim Saisonfinale 1997 in Jerez, die Schumacher den Vize-WM-Titel kostete.
«Michael kam in die Box und brüllte wie am Spiess: ‹Villeneuve hat mich aus dem Rennen gekickt!› Er schaute sich die Wiederholung an, wurde kreidebleich im Gesicht und realisierte, was er da angerichtet hatte», schreibt Brawn. Schumacher wurde von der FIA als Unfallverursacher bezeichnet.
Legendär war auch das Manöver während des Qualifyings in Monaco 2006. Damals parkierte Schumacher seinen Ferrari in der letzten Kurve, Brawn unterstellt dem Deutschen Kalkül. «Jeder wusste, dass Michael nicht der sauberste Fahrer war, dass er auch nicht besonders fair war, sogar unfair.»
Schumacher habe an jenem Wochenende das schnellste Auto gehabt. «Aber er war besorgt, dass er das im Rennen nicht würde nutzen können, falls ihm jemand die Pole-Position wegschnappen sollte. Sein Verhalten war fast nicht mehr zu verteidigen.» Brawn spricht von einer instinktiven Reaktion.
Sich selber spricht er allerdings nicht von aller Schuld frei. «Ich für meinen Teil habe es nicht geschafft, ihm diese Gelassenheit zu vermitteln. Also wurde er diesbezüglich paranoid.» Schumacher beendete seine Karriere vor vier Jahren, nachdem er bei Mercedes ein Comeback gegeben hatte.
Vor drei Jahren erlitt er bei einem Ski-Unfall in den französischen Alpen ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und lag ein halbes Jahr im Koma. Im Herbst 2014 verliess er das Spital. Seither erholt er sich in seinem Anwesen in Gland VD. Über seinen Gesundheitszustand ist nichts bekannt.