SonntagsBlick: Andere Piloten nutzen die Sommerpause für Badeferien. Sie heiraten nächste Woche zum zweiten Mal …
Kimi Räikkönen: Das Datum kennen nur wenige Leute.
Wo geben Sie Ihrer Minttu das Jawort?
In Italien.
Venedig?
In Italien.
In der Nähe von Maranello?
In Italien.
Sie sprechen wie Teamkollege Sebastian Vettel dauernd von der guten Atmosphäre bei Ferrari, wie alle dort in die gleiche Richtung arbeiten. Früher gab es oft zwei Teams in Maranello.
Das ist vorbei. Jetzt ist alles einfacher, besser. Wenn alle zusammenhalten, stimmt auch das Umfeld. Sobald eine geistige Unruhe auftaucht, wird es überall kompliziert. Aber es passt einfach alles zusammen. Natürlich fehlen uns die Resultate, die wir selbst und die Aussenwelt erwarten. Den Druck machen wir uns jedoch selbst.
Hilft in einer solchen delikaten Lage mit einer sieglosen Zeit das Privatleben? Die andere Rolle als Vater?
Robin ändert meinen Fahrstil nicht. Aber es ist nett, wenn man die Familie um sich hat. Und wenn Robin am Morgen sein «brumm, brumm» von sich gibt, bist du gleich in guter Laune.
Also 50 Prozent Privatleben und 50 Prozent Ferrari?
Ich weiss es nicht. Ich geniesse beide Seiten.
Sie wohnen seit über 14 Jahren in der Schweiz. Nach Hinwil und Wollerau ging es 2008 nach Baar in eine Traumvilla, die wohl oft von den Fans belagert wird?
Überhaupt nicht. Die Schweiz ist ein wunderbares Land. Manchmal sprechen mich die Leute auf der Strasse an, sagen etwas oder wollen ein Autogramm. Aber es ist alles im grünen Bereich. Da wäre in Finnland die Hölle los. Aber in der Schweiz leben die Menschen ihr eigenes Leben und lassen auch dich leben.
Unterstützen Sie als Superfan immer noch den EV Zug?
Ja, da hat sich nicht viel geändert. Wenn ich Zeit habe, gehe ich auch zu einigen Spielen oder trainiere mit den Jungs. Mein Freund ist der Assistenztrainer, also weiss ich immer, was passiert. Jetzt sind die Boys ja im Sommertraining.
Können Sie sich an unser erstes Interview im April 2001 in einer Pizzeria in Wetzikon erinnern?
Das ist lange her.
Sie haben mir damals mit den Händen erklärt, wie sie im Sauber Eddie Irvine im Jaguar überholt haben. Sie waren der junge Racer, er der alte Fuchs. Wie jetzt Max Verstappen und Sie. Was sagen Sie zum Duell in Ungarn?
Am Ende ist es immer Rennsport. Manchmal regst du dich über Vorfälle auf, die dir nicht korrekt erscheinen. Aber das in Budapest hat eigentlich nichts mit Max zu tun. Wir haben Regeln, und sollten uns alle daran halten. Das ist schon alles. Aber wir haben zehn Rennen mit zehn verschiedenen Aktionen. Es wird einfach immer anders entschieden. Da können sich selbst Fahrer in die Autos fahren und nichts passiert. Wir müssen endlich wissen, was erlaubt ist und was nicht. Aber in der Formel 1 gibt es nach den Rennen meistens dumme Diskussionen.
Wie bei den doppelt geschwenkten Flaggen vor einer Woche bei Nico Rosberg.
Genau. Jetzt wissen wir, dass es also möglich ist, unter diesen klaren Bedingungen die Pole-Zeit zu fahren! Doch das ist unmöglich, auch wenn das Regelbuch irgendetwas Anderes sagt. Solche Dinge verwirren die Fahrer und Medien.
Was sagen Sie zum Halo, dem Heiligenschein?
Ich habe die erste Version getestet. Die zweite soll schon besser gewesen sein. Jetzt soll dieser Kopfschutz ja erst 2018 kommen. Ich kann damit leben.
Das ist alles?
Nein. Wenn es um die Sicherheit geht, wird es schwierig. Wie kann man zum Beispiel in Österreich verbieten, dem Pérez am Funk zu sagen, dass die Bremsen am Ende sind? Er knallte dann in die Mauer. Was hat das mit Sicherheit zu tun? Viele Dinge in der Formel 1 sind nicht logisch, machen keinen Sinn, wenn du einen normalen Menschenverstand hast!
Viele Leute fragen sich: Haben Sie immer noch den gleichen Kampfgeist, das gleiche Vergnügen am Lenkrad wie früher?
Ja, ich fahre so gut wie in den letzten Jahren. So gut wie bei meinem WM-Titel 2007 für Ferrari. Die Leute dürfen denken, was sie wollen. Doch ich kann Ihnen versichern, dass ich aufhören würde, wenn ich merke, dass meine Form nachlässt. Ich habe es meinen Chefs klar gesagt: Ich bin nicht bei Ferrari, um meine Zeit und die von ihnen zu verschwenden. Klar kommt auch bei mir mal ein nicht so gutes Rennen, wie bei allen Fahrern.
Jetzt hat Ferrari mitten in der Saison den Technischen Direktor verloren. Kann dies beim Team etwas ändern?
In solche Dinge mische ich mich nicht ein. In naher Zukunft wird das nichts ändern, vielleicht einmal später. Ich bin als Fahrer angestellt. Die Politik ist nicht mein Job.
Sauber, Ihr erstes Team, hat den Überlebenskampf gewonnen. Was fühlt man da als Wahlschweizer?
Ich bin sehr glücklich für das Team. Toll, super. Das habe ich auch meinem langjährigen Freund und Sauber-Teammanager Beat Zehnder gesagt. Hinwil ist ein guter Ort. Dort hat man für die Formel 1 alles. Es war nicht schön, das monatelange Hin und Her um die Finanzen mitzuverfolgen. Man muss sich nur die Ängste der Mitarbeiter vorstellen. Ich habe eine ähnlich bedrückende Situation bei meinem letzten Team (Lotus, die Red.) angetroffen.
Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor: Werden Sie vielleicht sogar Manager eines Fahrers?
Nur wenn mich mein Sohn einmal danach fragt. Ich habe jetzt mein Motocross-Team in der WM. Es ist sehr erfolgreich, es macht richtig Spass unseren Weg nach oben zu verfolgen. Ohne politische Nebengeräusche. Das ist noch purer Rennsport. Da kommt Freude auf.
In drei Jahren will Robin vielleicht schon in einen Go-Kart sitzen, wie es die meisten Formel-1-Piloten in ganz jungen Jahren getan haben.
Wer weiss, aber ich hoffe nicht. Da gibt es vernünftigere Dinge im Leben. Allerdings hat ihm mein Motocross-Team schon zur Geburt eine Mini-Maschine geschenkt!