Wie eng das Feld auf der drittkürzesten Strecke nach Monte Carlo und Mexico City zusammenliegt, zeigen die Abstände. Die fünf besten Autos liegen innerhalb von 0,223 Sekunden. Dann das 0,7-Loch zu Haas-Pilot Magnussen (6.), der aber nur eine halbe Sekunde schneller war als Norris (McLaren) auf Position 18.
Unfälle und Dreher
Drei Crashes mit viel Materialschaden standen beim vorletzten Grand Prix 2019 neben 15 Drehern im Vordergrund. Das erste Training beendete der Thailänder Alex Albon (unterschrieb auch für 2020 bei Red Bull-Honda) mit der Bestzeit vor Bottas, Vettel und Leclerc – und einem Unfall.
«Crash war unnötig!»
«Das war klar unser Fehler», sagte Bullen-Motorsportchef Helmut Marko. «Wir hätten Alex gar nicht mehr rausschicken dürfen, da es plötzlich wieder heftiger regnete!» Nun, für die Mechaniker wurde durch den Aufprall und die gebrochene Aufhängung mit dem kaputten Unterboden die Mittagspause eben noch kürzer....
Trotzdem ist man mit dem bisherigen Auftritt von Albon im A-Team mehr als zufrieden. Er holte seit dem Wechsel von Toro Rosso zu Red Bull 14 WM-Punkte mehr als Verstappen, der nach der Sommerpause allerdings zwei Nuller beklagte
Kubica: Ein teurer Abschied
Das zweite Training startete nach sechs Minuten mit einem Blitz-Einschlag. Der Pole Robert Kubica lieferte einen Monat vor seinem 35. Geburtstag und zwei Rennen vor seinem Formel-1-Ende nach einem Fahrfehler noch massenweise Schrott ab. Bei Williams-Mercedes, das den einzigen Sauber-Sieger 2008 in Montreal durch den Kanadier Nicholas Latifi (24) ersetzen wird.
Der Sohn eines Milliardärs durfte 2019 schon zum sechsten Mal am Freitagmorgen für 90 Minuten ran. Der Zweite der Formel-2-Serie muss verdammt hart arbeiten, will er nächstes Jahr vom britischen Teamleader George Russell (21) nicht völlig entzaubert werden.
Vier Minuten vor Ende erwischte es dann auch noch den Russen Daniil Kvyat im Toro Rosso-Honda wegen eines Motorschadens, doch sein Einschlag war relativ harmlos. Doch das Training war damit beendet. Zuvor streikte schon bei Teamkollege Pierre Gasly der Honda-Motor im Toro Rosso.
Leclerc: 10 Plätze zurück
Bei Ferrari, wo weiter die unheimliche Motorenkraft nach der Sommerpause im Visier der Verdächtigungen steht, muss man sich für das vorletzte Rennen der Saison 2019 eine neue Taktik einfallen lassen.
Wenn Leclerc am Samstag um 19 Uhr MEZ (TV live) in die Qualifikation steigt, hat er schon zehn Strafplätze auf dem Buckel. Der Monegasse musste sich nach einem Defekt in Austin einen neuen Verbrennungsmotor einbauen lassen. Holt Leclerc also seine achte rote Pole-Position, müsste er als Elfter starten – mitten im Start-Schlachtfeld...
Vettel: Wann kommt das Baby?
Für Sebastian Vettel, der seinen 100. GP für Ferrari fährt, ist Leclerc zu Beginn sicher keine grosse Hilfe im zu erwarteten Kampf gegen Mercedes und Red Bull-Honda. Der Deutsche (mit drei Interlagos-Siegen im Rucksack) muss jeden Tag mit einem Anruf seiner Frau Hanna rechnen, die noch im November ihr drittes Kind erwartet! Klar, dass der dreifache Brasilien-Sieger richtig heiss ist.
Vettel: «Wir wollen unbedingt noch zwei Siege einfahren, um dann auch mental gestärkt in die neue Saison zu steigen!» Nach Erfolgen steht es dieses Jahr 2:1 für Leclerc (Spa, Monza), während Vettel in Singapur den Nachtspuk für sich entschied.
Der offene Tanz um Platz 3
Wegen Leclercs Strafe dürfte sich der Fight um den diesmal prestigeträchtigen dritten WM-Rang noch zu spitzen:
3. Charles Leclerc 249
4. Max Verstappen 235
5. Sebastian Vettel 230
Rückt das Trio also hier beim Rennen auf 800 Meter Höhe noch enger zusammen? Für die Millionen TV-Fans geht es am Sonntag ab 18.10 Uhr MEZ (14.10 Uhr in Brasilien) auf die vorletzte 306 Kilometer lange Reise im Jahr 2019.
Hamilton mit Senna-Helm
Der sechsfache Weltmeister ehrt zum 25-jährigen Todesjahr seines grossen Vorbildes Ayrton Senna (starb am 1. Mai 1994 in Imola) den Brasilianer mit einem gelbgrünen Helmdesign. Dazu zieren drei Sterne den Helm für die drei WM-Titel 1988/90/91. Senna liegt nur zwölf Kilometer von der Rennstrecke im Stadtteil Morumbi begraben.
«Ich war bei einem Kart-Rennen als Ayrton starb und habe einfach nur geweint. Wie früher auch, als Ayrton nicht gewonnen hat. Er ist bis heute mein einziges Idol in der Formel 1 geblieben. Er war auch ein wunderbarer Mensch, wie ich später erfahren habe.»
Vettel streichelt McLaren-Honda
Auch Vettel wird «immer in Brasilien vom Mythos Senna gepackt.» So sah man den Deutschen ehrfürchtig neben Sennas erstem Titel-Auto. Der rotweisse McLaren-Honda MP-4 wurde vom Deutschen mehrmals liebevoll gestreichelt. «Diese Autos waren einfacher schöner und geiler als die aktuellen Boliden. Zudem waren sie schwerer zu lenken und machten vor allem viel mehr Lärm. Ich wäre gerne vor mehr als 30 Jahren gefahren!»
Vier Fahrer ohne Zeit
Natürlich hatte das erste Training wegen der Nässe noch keine grosse Aussagekraft. So liessen sich vier Fahrer gar keine Zeit notieren: Grosjean, Pérez, Verstappen und Hamilton! Schlauer wurde niemand, die Regenreifen Grün (Intermediates) und Blau (Regengummi) werden 2019 wohl nicht mehr benutzt!
Alfa-Sauber: Vorletzte Hoffnung
Bei Alfa-Sauber drehten Räikkönen (16) und Giovinazzi (15) zwar die meisten Regen-Runden im Feld, aber da fuhr auf den hintersten Plätze auch die Vorsicht mit. Denn am Samstag und Sonntag soll es hier nicht mehr regnen und die Sonne auftauchen... Wie dann auch beim Saisonfinale am 1. Dezember in der Wüste von Abu Dhabi.
Kimi nach 7 Nullern erwacht...
Am dunklen Nachmittag liess dann bei den Hinwilern zuerst Giovinazzi (13.) etwas aufhorchen. «Der neue Vertrag motiviert mich natürlich noch mehr.» Doch diesmal kam endlich eine Reaktion von Kimi Räikkönen (40). Der Finne aus Baar ZG nutzte die Gunst der Stunde auf dem 800 Meter hohen Kurs, um sich auf Position 8 einzunisten. Nur 0,993 Sekunden hinter Tagessieger Vettel.