Bereits in den ersten 90 Trainingsminuten zeigte Hamilton, wer der Chef in der Formel 1 ist. Der WM-Leader nahm Teamkollege Bottas fast eine halbe Sekunde ab. Ricciardo lag im Red Bull-Renault 0,6 Sekunden zurück – und die beiden Ferrari in der neuen Marlboro-Lackierung verloren fast eine Sekunde.
Das Logo MW bedeutet «Mission Winnow» und ist eine geschickte Verfälschung des alten Logos, ohne dafür belangt werden zu können. Was die Kampagne wirklich will, ist weiter unklar. «Es geht um eine bessere zigarettenfreie Zukunft», erklären die Manager von Philip Morris. Dieser US-Tabakkonzern ist schon mehr als 40 Jahre bei Ferrari.
Natürlich wurde für das «Winnow» sofort eine Erklärung gefunden: Win now als Aufforderung, dass Ferrari jetzt endlich wieder gewinnen sollte.
Stoppte die FIA Ferrari?
Doch der Ferrari ist einfach nicht mehr schnell genug. Was in Spielberg bis Monza als eine unheimliche Entwicklung aussah, ist vorbei. Die Fragen: Wo kam plötzlich die Leistung her, und wo ist sie hin? Die brutale Beschleunigung auf den Geraden (mit der erlaubten Zusatzleistung von 163 PS dank der Batterie) machte die Konkurrenz stutzig.
Man sprach von unerlaubten Sensoren und einer zweiten Batterie. BLICK-Technikmitarbeiter Mike Hammer: «Die Sache ist so kompliziert, dass sie kaum jemand versteht!»
Einige Teams rannten natürlich zur FIA und forderten mehr Kontrolle des Ferrari. Der Weltverband hat offenbar reagiert, gibt aber keine Details bekannt. Und so geistern eben weiter die Spekulationen durchs Fahrerlager. Die Wahrheit wird man wohl nie erfahren.
Hamilton: «Eine geile Strecke!»
Was am ersten Tag in Japan am meisten schockte: Hamilton fuhr stets eine weichere Mischung als die Konkurrenz. «Dieses Auto macht einfach nur Spass. Wie die Rennstrecke hier. Eine richtig geile Piste. Da fühl ich mich wieder wohl!»
Klar, vor einer Woche in Sotschi lag der Brite trotz des geschenkten Sieges mit der Strecke dauernd im Clinch. Bottas: «Ich würde Lewis wieder vorbei lassen, wenn es das Team verlangt! Das heisst aber nicht, dass ich kein Racer bin!»
Wann ist die WM-Krönung?
Über die Titelfrage wird vor Japan, USA, Mexiko, Brasilien und Abu Dhabi kaum noch gross diskutiert. 50 Punkte Vorsprung – da muss Vettel im Ferrari kapitulieren. Genau wie die roten Fans. Auch wenn der Deutsche weiter auf Zweckoptimismus macht. Doch nur noch Defekte und Crashes können Hamilton den fünften WM-Titel rauben.
Die Mathematik lässt viele Spielereien zu: Sollte Vettel fünfmal gewinnen und Hamilton fünfmal Dritter werden, dann wäre das Duo punktgleich und Vettel mit 10:8-Siegen Champion. Wer auf diesen Fall wettet, könnte mit 1000 Franken Einsatz bei den englischen Buchmachern locker eine Million gewinnen!
Übrigens haben Vettel und Hamilton je viermal den GP Japan gewonnen. Vettel viermal mit Red Bull-Renault in Suzuka. Hamilton dreimal auf Mercedes in Suzuka und 2007 auf McLaren-Mercedes in Fuji.
Vor einem Jahr siegte Hamilton (vor Verstappen und Ricciardo) – und Vettel schied bereits nach fünf Runden mit Fehlzündungen aus.
Bottas zweimal 0,4 zurück
Am Nachmittag legte Hamilton mit dem Soft-Gummi vor – 1:28,911. Und wie antwortete Vettel mit der Supersoft-Mischung? Mit 1:29,050 kam er noch annähernd an die Zeit von Lewis. Dann machte sich Hamilton für seine zweite Quali-Runde bereit – 1:28,217.
Vettel musste seinen zweiten Versuch abbrechen. Und nur noch Mercedes-Partner und Sotschi-Pole-Mann Bottas konnte etwas mithalten. Doch der Abstand blieb der gleiche wie im ersten Training.
Wieder eine Sauber-Gala?
Bei Alfa Sauber ist man nach der Galavorstellung in Sotschi (7. Leclerc) für weitere Überraschungen bereit. Chef Vasseur schwärmt noch immer: «In Russland waren wir hinter den sechs Topautos das beste Team und wurden als einzig nicht überrundet!» Nun, am Morgen lagen Leclerc und Ericsson auf den Plätzen 9 und 10. Nur durch 0,144 Sekunden getrennt.
In den zweiten 90 Minuten fightete sich der zukünftige Ersatzpilot Marcus Ericsson auf den guten 9. Platz – Leclerc wurde 14. Und lag 0,4 hinter dem Schweden. «Es war ein guter Freitag. Es ist schön wieder in Suzuka zu sein, denn die Rennstrecke hier habe ich am liebsten. Das Auto hat sich heute gut angefühlt und allgemein waren beide Trainingseinheiten positiv. Wir scheinen recht konkurrenzfähig zu sein und haben eine gute Basis, auf der wir das restliche Wochenende aufbauen können», sagt der Schwede.
Auch Charles Leclerc zeigt sich zufrieden: «Der Tag war in Ordnung. Während FP1 für mich positiv war, war FP2 für Marcus positiv. Dies zeigt uns, dass unser Auto hier konkurrenzfähig sein kann und recht stark ist. Es ist schade, dass die zweite Trainingseinheit für mich nicht so glatt lief. Am Anfang von FP2 hatten wir ein kleines mechanisches Problem und danach recht viel Verkehr vor uns. Wir arbeiten nun daran, bis morgen einen weiteren Schritt nach vorne zu machen, wie wir es sonst auch von Freitag auf Samstag tun. Die Strecke selbst ist sehr interessant und fordernd und ich habe es genossen zum ersten Mal hier zu fahren. Hier geht es vor allem um das Timing und den Rhythmus und ich freue mich darauf, morgen wieder im Auto zu sein und um gute Resultate zu kämpfen.»
Für den Monegassen ist es vier Jahre nach dem Horror-Crash seines Freundes Jules Bianchi im Marussia vielleicht mental das schwerste Rennen. Leclerc fährt mit einem kleinen JB17 auf seinem Helm. An der Unfallstelle erinnert ein frischer Blumenstrauss an die Tragödie vom 5. Oktober 2014.
Kimi mehrmals in Hinwil
Übrigens besucht der zukünftige Sauber-Pilot Kimi Räikkönen (wird in zwölf Tagen 39) seit Monza regelmässig die Sauber-Fabrik in Hinwil. Eine Sitzprobe hat er längst gemacht, da er vielleicht nach dem Finale in Abu Dhabi schon bei den zweitägigen Nach-Tests mitmachen darf. Vor fünf Tagen hat der Ferrari-Weltmeister von 2007 schon zum 200. Mal gepunktet. In 286 Rennen…
Buemi wieder Ersatzfahrer
Der Waadtländer Sebastién Buemi (29) reiste nach Singapur jetzt auch nach Japan, um dort die Rolle des Ersatzfahrers bei Red Bull und Toro Rosso zu übernehmen: «Wenn sich Verstappen oder Ricciardo verletzen sollten, wird man Gasly ins A-Team holen und ich würde neben Hartley bei Toro Rosso fahren.»
Buemi tritt nicht die Reise nach Europa an, denn nächste Woche fährt er mit Alonso und Nakajima in Fuji mit Toyota das Sechs-Stunden-Rennen und versucht vorzeitig mit dem Spanier und dem Japaner Weltmeister zu werden. Das neuste Gerücht: McLaren-Pilot Alonso wird nach seinem Formel-1-Rücktritt einige Gaststarts in der Formel E absolvieren und dort wieder auf Buemi treffen.