Wie Blick.ch kürzlich schrieb, hat der frühere Technische Direktor von Sauber, der Brite James Key, bei Toro Rosso ein Wunderauto hingezaubert. Nur der Antriebsstrang von Renault verhinderte bis jetzt mögliche Podestplätze. Schaffen es Max Verstappen (17) und Carlos Sainz (20) am Sonntag? Das Team aus Faenza liegt als WM-Achter sogar noch hinter Sauber – mit 19:21 Punkten.
Das Training auf dem englischen Traditionskurs (5,891 km) begann um 10 Uhr Lokalzeit gleich mit viel Chaos. Nico Rosberg, der drei der letzten vier Rennen gewann, musste den Mercedes gleich auf der Wiese parken: Funkspruch aus den Boxen – Hydraulikschaden!
Kurz darauf drehte sich Felipe Nasr im Sauber-Ferrari am Ende in einer superschnellen Kurvenkombination, konnte dann aber weiterfahren. Und schon musste Felipe Massa im Williams-Mercedes durch die Botanik flüchten.
Nach 90 Minuten lag Rosberg 0,070 Sekunden vor Hamilton. Bei Toro Rosso freute man sich über die Plätze drei (Verstappen) und fünf (Sainz). Vierter war Räikkönen (Ferrari). Dessen Teamkollege sowie Geburtstagskind Sebastian Vettel (28) landete auf dem 6. Platz.
Wie stark ist Ferrari?
Am Nachmittag, als Grosjean (Lotus) und Merhi (Manor) eine Rotphase auslösten und sich Alonso erfolgreich durch den Sand pflügte, liessen es dann die Ferrari krachen: Räikkönen und Vettel nur 0,3 Sekunden hinter Tagessieger Rosberg. Hamilton, am Vorabend von Rosberg zu seiner Grillparty eingeladen (!), blieb nur der vierte Platz. Der Brite: «Bei Gratisessen bin ich immer dabei!»
Aber die rote Show hat Tradition, man hat sie 2015 schon an vielen GP-Freitagen gesehen. Deshalb die Frage: Kann Ferrari die gute Leistung ins Wochenende retten?
Für Toro Rosso blieben im zweiten Training die guten Ränge 7 und 9 sowie gute Daten aus den Longruns. Und Motorenlieferant Renault jubelte auch über die Leistung von Red Bull: Denn mit Kvyat (5.) und Ricciardo (6.) brachten die Franzosen alle vier Autos powered by Renault in die Top Ten!
Bei Sauber kam Testfahrer Raffaele Marciello am Morgen für Ericsson zum Einsatz, war als 15. nur Mittelmass. Der Italiener, eine Leihgabe von Ferrari, verlor auf Nasr (11.) eine Sekunde! Und auch Susie Wolff (13.) im Williams-Mercedes und Lotus-Ersatzfahrer Palmer (14.) waren schneller! Das Schlussquartett sass bei Manor oder McLaren-Honda im Auto…
Nach der Mittagspause konnte sich Sauber nicht verbessern. Nasr (16.) war gleich schnell unterwegs wie am Morgen. Marcus Ericsson (18.), eine halbe Sekunde hinter dem Brasilianer, hatte es schon vor Tagen geahnt: «Uns fehlt hier der Abtrieb, wir sind einfach nicht schnell genug auf dieser Tempostrecke!»
Leimer hofft auf Ungarn
An den Boxen schaute Fabio Leimer (26) wie bereits in Spielberg an den Manor-Marussia-Boxen zu. Jetzt hat das Schlusslicht den Aargauer auf den 24. Juli in Budapest vertröstet. Dann soll Leimer endlich am Freitag 90 Minuten im Auto sitzen. Was für ein Theater um den offiziellen Testfahrer.
Viel Wirbel auch nach dem letzten Meeting der Strategie-Gruppe der sechs Teams von Mercedes, Red Bull, Ferrari, McLaren, Williams und Force India in der Nähe von London.
Ohne gross auf die Wünsche der Fans einzugehen, beschloss man eigentlich wieder gar nichts. «Reine Kosmetik», wie es BLICK-Technik-Mitarbeiter Michael Schmidt ausdrückte. Nur die Tankstopps, die man einst guthiess und von den Fans gewünscht wurden, fielen durch den Rost. Weniger Fahrhilfen für die Fahrer, 110 statt 100 Liter Sprit – eben reine Kosmetik. Erst 2017 soll es aggressivere Autos geben. Wie die aussehen, da wird wohl bald wieder gestritten.
Werden Fans ignoriert?
Über 217'000 Fans aus 194 Nationen hatten sich an der offiziellen Formel-1-Umfrage beteiligt. Sie fordern einfachere Regeln, mehr Lärm, mehr Reifenhersteller und mehr Wettbewerb. Das heisst nicht nur zwei Siegerteams pro Jahr (2014 Mercedes und Red Bull) sowie 2015 (bisher Mercedes und Ferrari).
Ex-Fia-Präsident Max Mosley, als Retter ins sinkende Formel-1-Boot gerufen, sagte für das letzte Meeting ab, aus Respekt vor dem kaum mehr reagierenden FIA-Boss Jean Todt. Mosley: «Er kümmert sich mehr um die Sicherheit auf den Strassen. Aber irgendwie muss man ihn auch verstehen. Jean hat immer geglaubt, die Formel 1 regiert sich selbst.»
Mosley: 4 Teams am Ende!
Und Mosley weiter: «Wenn die Formel 1 nicht bald Lösungen für den Zuschauerschwund und das sinkende TV-Interesse findet, haben wir die grösste Krise aller Zeiten. Vier Teams haben zu wenig Geld und sind nicht mehr konkurrenzfähig. Das ist sehr schlecht.»
Marussia, Sauber, Lotus und Force India lassen grüssen. Doch die letzten zwei Teams haben trotzdem aufgerüstet und sorgen immer wieder mal für tolle Resultate. Wie es Sauber 2015 nur beim WM-Start in Melbourne mit 14 goldenen WM-Punkten tat.
Übrigens: Punkt 12 Uhr Ortszeit haltet der komplette Formel-1-Zirkus (ohne Ausnahme) eine Trauerminute für die Opfer des Terroranschlags im tunesischen Sousse ab, wo 39 Menschen, darunter viele Engländer, ihr Leben verloren.